Fußball

Was ist nur los bei der TSG Hoffenheim?

Kurz vor dem Saisonstart steckt die TSG Hoffenheim in heftigen Turbulenzen. Ein regelrechtes Führungschaos ist im Kraichgau ausgebrochen. Die Fans gehen nun sogar auf Dietmar Hopp los

Von 
Alexander Müller
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Offiziell hält sich Dietmar Hopp aus dem operativen TSG-Geschäft heraus. Zieht er dennoch weiter die Fäden? © Uwe Anspach/dpa

Sinsheim. Es war ein heftiger Umsturz. Eine kleine Revolution, die nur deshalb auf überschaubares Interesse in der Fußball-Republik traf, weil die TSG Hoffenheim außerhalb des Kraichgaus und der Metropolregion Rhein-Neckar unterhalb des großen medialen Radars fliegt.

Wenige Wochen vor dem Saisonstart beurlaubten die Nordbadener vor einer Woche Sportgeschäftsführer Alexander Rosen - den prägenden Mann im sportlichen Bereich bei der TSG im vergangenen Jahrzehnt. Trotz der Qualifikation für die Europa League in der zurückliegenden Bundesliga-Saison. Offiziell aufgrund „unterschiedlicher Auffassungen“. Die gängige Floskel bei Trennungen.

Musste die TSG Hoffenheim plötzlich verlassen: Ex-Sportgeschäftsführer Alexander Rosen. © Uwe Anspach/dpa

In Rosens Schlepptau verlassen auch Pirmin Schwegler (Leiter Profifußball), Denni Strich (Geschäftsführer Kommunikation, Marketing) und Bastian Huber (Technischer Direktor) den Verein. Der weitere Geschäftsführer Jan Mayer kehrt zum TSG Research Lab zurück. Auf der Führungsetage der TSG bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. Haifischbecken Hoffenheim?

„Ich war mehr als überrascht, schockiert. Es fühlte sich unrealistisch an. Wir müssen es jetzt akzeptieren und noch enger zusammenrücken“, sagte Hoffenheims Kapitän Oliver Baumann, der auf dem Heimweg vom Mallorca-Urlaub von den personellen Umwälzungen erfuhr. Was ist bloß los in Hoffenheim?

Wer trifft die Entscheidungen bei der TSG?

Die Unruhe hat innerhalb von wenigen Tagen auch die Mannschaft erfasst. Zunächst berichtete die „Bild“-Zeitung davon, dass der Verband der USA TSG-Trainer Pellegrino Matarazzo ein Angebot als Nationaltrainer unterbreitet habe. Die Anfrage aus seinem Heimatland bestätigte der in New Jersey geborene Hoffenheimer Coach, dementierte aber deutlich, dass er die TSG um eine Freigabe gebeten habe. „Es sind falsche Aussagen. Ich habe nie gesagt, dass ich unseren Verein verlassen möchte. Wer mich beobachtet beim Training und Spiel, merkt, dass ich voll hier bin. Ich bin Trainer der TSG Hoffenheim mit voller Präsenz“, sagte Matarazzo dem „Kicker“.

Hoffenheims Torwart und Kapitän Oliver Baumann. © Torsten Silz/dpa

Doch damit nicht genug. Stürmer Andrej Kramaric sah sich im Trainingslager in Tirol genötigt, Medienberichten zu widersprechen, das Verhältnis zwischen Team - unter anderem konkret zwischen ihm - und Matarazzo sei gestört. „Die Berichte in den Medien über angebliche Probleme der Mannschaft mit unserem Trainer sind schlichtweg eine Lüge“, schrieb der kroatische Nationalstürmer bei „Instagram“. „Nicht nur ich stehe absolut hinter Rino, sondern das ganze Team.“

Vulgärer Ton einiger TSG-Fans gegen Mäzen Hopp

Es brennt lichterloh im Kraichgau. Der harte Kern der Fans hat einen Schuldigen für die Turbulenzen ausgemacht. Dietmar Hopp (84), den SAP-Mitgründer, der den Durchmarsch des Dorfvereins in die Fußball-Bundesliga und den Stadionbau mit Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe überhaupt erst möglich gemacht hat. „Wir Fans sind der Verein. Hopp, verpiss dich“, stand auf einem Banner, das am Trainingszentrum in Zuzenhausen angebracht wurde.

Man kann mit Blick auf die jüngere Hoffenheimer Geschichte über dieses Plakat spotten. Ohne Hopps Millionen würde die TSG sehr sicher immer noch in den Niederungen des nordbadischen Amateurfußballs spielen. Auffällig ist zudem der vulgäre Jargon auf dem Banner der TSG-Ultras. Bei ähnlichen Anfeindungen hatte sich Hopp in der Vergangenheit mächtig echauffiert, wenn Fans anderer Vereine sie gegen seine Person krakeelt hatten.

TSG-Trainer Pellegrino Matarazzo. © Bernd Elmenthaler/dpa

Aber das Plakat streift auch einen wahren Kern. Denn die Frage, wer wirklich die Entscheidung zur Abberufung Rosens getroffen hat, steht im Raum. Wer hat also das Sagen in Hoffenheim?

Rätselraten über Verhalten von TSG-Interimspräsidentin Engelhardt 

Offiziell hat sich Hopp mit der Rückgabe seiner Stimmrechte an den e.V. am 1. März aus dem operativen Geschäft verabschiedet. Seitdem hält die TSG auch die 50+1-Regel, laut der Investoren nicht die Stimmenmehrheit in ausgegliederten Spielbetriebsgesellschaften besitzen dürfen, wieder ein. TSG-Interimspräsidentin Sabine Engelhardt verkündete die Rosen-Demission.

Die gleiche Frau, die sich nach einer Recherche des „Kicker“ noch Ende April geweigert haben soll, Rosen rauszuwerfen. Wie das Fußballmagazin schreibt, soll damals Hopp auf eine Trennung gedrängt haben, weil er mit der zurückhaltenden Transferpolitik unzufrieden gewesen sei. Warum Engelhardt nun von Rosen abgefallen sei, „darüber herrsche Rätselraten“, so der „Kicker“. Zwischen den Zeilen ist dort zu lesen, dass das eingetrübte Verhältnis zwischen Rosen und Spielerberater Roger Wittmann, der eng mit Hopp verbandelt sein soll, eine Rolle bei der Abberufung des Sportchefs gespielt haben könnte. Die Personalie Rosen lege die Vermutung nahe, dass der SAP-Mitgründer im Hintergrund weiter die Fäden ziehe.

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Unumstritten ist, dass der Rosen-Rauswurf und die Unruhe um Trainer Matarazzo so kurz vor Saisonbeginn zur absoluten Unzeit kommen. Übergangsweise übernimmt Nachwuchschef Frank Kramer Rosens Aufgaben mit. Die Saison beginnt für die TSG mit dem Spiel in der ersten DFB-Pokalrunde am 16. August bei Regionalligist Würzburger Kickers. Wie es mittelfristig nach dem Hoffenheimer Juli-Umsturz weitergeht, ist offen.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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