Fußball

Warum die TSG Hoffenheim einfach nicht in die Saison findet

Vier Liganiederlagen in Folge, der Absturz auf Rang 16 und nun das 3:4 nach 3:0-Führung gegen Bremen - bei der TSG Hoffenheim liegt einiges im Argen. Coach Pellegrino Matarazzo muss mehr denn je um seinen Job bangen

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Florian Huber
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Pellegrino Matarazzo versuchte alles an der Seitenlinie, doch der Hoffenheimer Negativtrend hielt an. © Uwe Anspach/dpa

Sinsheim. So einen Zwei-Meter-Mann wie Pellegrino Matarazzo wirft so schnell nichts um. Die vier Niederlagen der TSG Hoffenheim in Serie inklusive Tabellenplatz 16 und die vom 3:4 gegen Werder Bremen befeuerten Gerüchte um einen Trainerwechsel - all das lässt den US-Amerikaner kalt. „Für mich ist das nicht destabilisierend. Am Montag ist frei, am Dienstag kommt man zusammen, redet über das Spiel und bereitet sich auf Kiew vor“, skizzierte Matarazzo nach dem Bremen-Spiel die weitere Woche der TSG mit dem Europa-League-Heimspiel gegen Dynamo Kiew am Donnerstag (18.45 Uhr/live bei RTL+) und am Sonntag in Stuttgart (19.30 Uhr/live bei DAZN).

Es sieht so aus, als ob der 46-Jährige bei beiden Spielen weiter auf der Trainerbank sitzt. Doch die Hoffenheimer Probleme bleiben auch.

Problem 1: Der Trainer

Erneut setzte Matarazzo auf Florian Grillitsch als Abwehrchef. Das ging zum wiederholten Male schief. Seine Auswechslung zur Halbzeitpause war das Eingeständnis, danebengelegen zu haben. Ohne Grillitsch wirkte das TSG-Spiel in Durchgang zwei stabiler.

Ehe der TSG-Trainer nach dem Platzverweis mit der Einwechslung eines Innenverteidigers reagierte, erzielte Bremen zudem zwei Tore, machte aus einem 0:3 ein 2:3. Ob sich zumindest das zweite Gegentor hätte vermeiden lassen, wenn Tim Drexler früher gekommen wäre? 15 Gegentore nach fünf Spielen sind eine Abwehrbilanz zum Haare raufen. Bei Transferausgaben von 60 Millionen Euro stimmen die TSG-Zahlen überhaupt nicht.

Matarazzo warb einmal mehr um Geduld. Als er mit fünf Niederlagen im Frühjahr 2023 gestartet war, schaffte er die Wende. Ebenso in der vergangenen Saison, als sein Team trotz zwischenzeitlich nur einem Sieg aus 13 Ligaspielen am Ende das Europa-League-Ticket löste. Und nun? „Was mich zuversichtlich macht: Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich das Gefühl, dass alle an Bord sind“, so Matarazzo.

Problem 2: Die Fehler der Spieler

35 Spiele hat Stanley Nsoki seit dem Sommer 2022 für die Kraichgauer bestritten, die wenigsten davon über 90 Minuten. Zum bereits vierten Mal musste er nun mit einem Platzverweis vom Feld. Abwehrkollege Kevin Akpoguma sprach Klartext zu der Roten Karte: „So etwas darf nicht passieren, gerade wenn du 3:0 führst. Dann lass ihn alleine aufs Tor gehen. Wir haben den besten Torhüter in Deutschland“, prangerte er Nsokis Notbremse an.

Ein Nackenschlag reicht aus, um das fragile Hoffenheimer Gebilde zum Einsturz zu bringen. „Wir sind nicht der FC Bayern oder RB Leipzig“, stellte Akpoguma fest. Man solle im Blick haben, „was auf die Mannschaft eingeprasselt ist, womit wir umgehen mussten“, lenkte Matarazzo den Blick auf die unruhigen, mitunter chaotischen Wochen und Monate im Kraichgau.

Klar ist aber auch: Nicht jedes der vier Gegentore ließ sich mit der personellen Unterzahl begründen - oder gar mit dem Rauswurf von Sportgeschäftsführer Alexander Rosen: „Wir fressen die Gegentore viel zu schnell. Mit einem Mann weniger musst du das wegverteidigen“, klagte Akpoguma. Die Flut an Flanken, welche die Kraichgauer überhaupt nicht verteidigt bekamen - sie deckt schonungslos die Defizite auf den Außenbahnen auf. Gegentore nach Standardsituation sind zudem schon lange ein wiederkehrendes Muster im TSG-Spiel.

Problem 3: Die fehlenden Führungsspieler

Mit den langzeitverletzten Ozan Kabak und Grischa Prömel sowie dem erkrankten Andrej Kramaric fehlt dem TSG-Spiel die zentrale Achse - und jede Menge Erfahrung. „Am Ende braucht man Führung und Zusammenhalt, Spieler, die das Zepter in die Hand nehmen“, sagte Matarazzo. So standen vier Profis unter 20 Jahren auf dem Feld. An ihnen lag es am wenigsten.

Problem 4: Der mangelnde Rückhalt

Der Sonntagabend wäre der Zeitpunkt für klare Worte gewesen, Alexander Rosen hätte ihn genutzt. Der Ex-Sportchef hatte nie das Bedürfnis, nach jedem Spiel Rede und Antwort zu stehen. Was Rosen aber besaß, war das richtige Timing: Wenn er wusste, jetzt braucht mein Trainer öffentliche Rückendeckung, dann war Rosen da. Ordnete ein, relativierte, schützte seinen Trainer.

Rosen-Nachfolger Frank Kramer gab vor den vergangenen Partien TV-Interviews. Seine persönliche Zukunft ist jedoch auch ungewiss. Aus einer Position der Stärke heraus agiert Kramer daher nicht. Eher stellt sich die Frage, wie viel Gewicht Kramers Wort intern besitzt. Markus Schütz - seit Juli der Vorsitzende der TSG-Geschäftsführung - ist öffentlich noch gar nicht in Erscheinung getreten. Was zur Folge hat, dass Gerüchte um neue Trainer wie zuletzt Sandro Wagner und nun David Wagner Matarazzos Position unwidersprochen schwächen.

Hoffnungsschimmer: Die zarten Schritte

Das 1:1 zum Europa-League-Auftakt beim dänischen Meister FC Midtjylland und „die ersten 18 Minuten“ gegen Bremen mit der 3:0-Führung seien ein Schritt nach vorne gewesen, so Matarazzo. Ob dies weiterhilft, wird sich zeigen.

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