Fußball

Warum die Abwehrprobleme der DFB-Frauen kein Zufall sind

Die deutsche Defensive ist noch nicht in weltmeisterlicher Form. So viel lässt sich nach dem zweiten Gruppenspiel der DFB-Auswahl bei der WM festhalten. Doch das hat Gründe.

Von 
Frank Hellmann
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Lena Oberdorf ist vom Weiterkommen der DFB-Auswahl überzeugt. © dpa

Sydney. Letztlich hat „Waru“ diesmal kein Glück gebracht. Die wegen ihres verstauchten Knies verletzt auf der Bank sitzende Felicitas Rauch hatte sich den von Klara Bühl gehäkelten Koala geschnappt und in die Jacke gesteckt, doch am Ende half auch das rührige Maskottchen nichts. Bedröppelte Mienen allerorten. Die Spuren der Enttäuschung waren auch nicht verwischt, als die deutschen Spielerinnen in der Mixed Zone nach Erklärungen für die überflüssige 1:2-Niederlage gegen Kolumbien suchten.

„Wir haben kein schlechtes Spiel gemacht, aber einen Standard nicht gut verteidigt“, sagte die eingewechselte Stürmerin Lea Schüller, die auf tiefergreifende Analysen wenig Lust verspürte. „Muss die Ecke überhaupt passieren?“, fragte ihre Mitspielerin Svenja Huth. Und Abwehrspielerin Kathrin Hendrich meinte: „Der Einsatz hat gestimmt, aber wir kriegen blöde Gegentore.“ Ist das verwunderlich?

Von der Stammverteidigung der EM in England, die bis zum 2:1-Erfolg im Halbfinale gegen Frankreich keinen einzigen Treffer kassierte, ist Hendrich als einzige noch dabei. Vielleicht ist es daher kein Zufall, dass der Viererkette in den entscheidenden Momenten der Zugriff oder die Abstimmung fehlte. Den DFB-Frauen war die Defensivlust zwar nicht abzusprechen – auch die Stürmerinnen Bühl und Jule Brand arbeiteten viel nach hinten mit – doch der Eindruck blieb haften, dass die vielen Umstellungen und fremden Positionen eben nicht ohne Folgen geblieben sind.

Hätte eine gelernte Rechtsverteidigerin wie Giulia Gwinn sich vor dem 0:1 so austanzen lassen wie Huth beim Traumtor von Linda Caicedo? Hätte eine Innenverteidigerin wie Martina Hegering sich vor dem 1:2 so den Weg versperren lassen wie Sjoeke Nüsken gegen die dann frei köpfende Manuela Vanegas?

Die bald für den FC Chelsea spielende Allrounderin Nüsken kam für die mit Muskelbeschwerden zur Pause ausgeschiedene Sara Doorsoun, die bis dahin eine starke Partie gespielt hatte. „Ich war für den Rückraum eingeteilt und wurde weggeblockt“, gab die 22-Jährige zu. Beim Verteidigen solcher Standards hätte jede einen Raum zu verteidigen – was erkennbar nicht klappte.

Ruhende Bälle als Schwachpunkt

Insofern kommt auch die Aussage von Co-Trainer Michael Urbansky auf den Prüfstand, der Deutschland bei diesem Turnier zum „Weltmeister der Standards“ machen wollte. Mit dieser offensiven Formulierung hatte der Fußballlehrer vor dem WM-Start aufhorchen lassen. Der Plan ist bereits nach zwei Gruppenspielen in die Hose gegangen.

Dennoch empfahlen Akteure wie Lina Magull, „nicht alles schlechtzureden“. Den körperlichen Stresstest gegen Kolumbianerinnen, die Abräumerin Lena Oberdorf noch deutlich nickliger erwartet hatte („die lagen mehr am Boden als wir“), hat das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bestanden.

Deshalb zweifelte die mit fortschreitender Spieldauer immer dominanter werdende Oberdorf auch nicht daran, dass man im letzten WM-Gruppenspiel gegen Südkorea am Donnerstag (12 Uhr/live im ZDF) weiterkommt. „Deutschland ist keine Nation, die zittern muss – egal in welches Spiel sie geht. Wenn jeder wieder für jeden rennt und wir offensiv noch ein bisschen mehr Spielfreude entwickeln, dann glaube ich, dass das machbar ist.“

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