Mannheim. Andreas Hofmann fand ein wenig Trost im Kreise seiner Familie. Der Speerwerfer der MTG Mannheim holte bei der Leichtathletik-DM in Berlin zwar die erhoffte Medaille, zufrieden war der Vize-Europameister von 2018 allerdings keinesfalls.
„Ein Sportler hat immer das Ziel, bei einem wichtigen Wettkampf das abzurufen, was er kann. Das ist mir heute nicht gelungen“, sagte der 30-Jährige, der am Samstag mit 76,33 Metern hinter dem siegreichen Topfavoriten Julian Weber (USC Mainz/86,61 m) und dem Überraschungszweiten Maurice Voigt (LG Ohra Energie) auf dem dritten Platz landete.
Bevor Hofmann nach der Siegerehrung im Olympiastadion den Medienvertretern Rede und Antwort stand, suchte er das Gespräch mit seinen Liebsten. Oma Irmgard tätschelte ihm aufmunternd auf die Stirn. Ist der Leistungsabfall – zu Saisonbeginn jagte das MTG-Aushängeschild den Speer noch über die 87-Meter-Marke – also in erster Linie Kopfsache?
Nein, so wollte seine Oma die liebevolle Geste nicht verstanden wissen. „Sie hat mir gesagt, dass ich mich nicht so sehr ärgern soll, dass es vorbei ist und ich nach vorn blicken soll“, erklärte Hofmann. „Einen Abend darf ich aber schon schlecht gelaunt sein, morgen geht die Sonne dann aber wieder auf. Am Montag will ich mich mit meinem Trainer hinsetzen und mit ihm besprechen, wie es in den nächsten drei Wochen weiter geht.“
Bei der WM in Eugene (15. bis 24. Juli) soll die Form wieder stimmen. Der 30-Jährige ist sich sicher, dass er das in der relativ kurzen Zeit hinbekommen kann. Ein Blick in die Vergangenheit macht ihm Mut, genauer gesagt das Jahr 2017: „Da habe ich bei der DM mit 76 Metern auch total enttäuscht. Und bei der folgenden WM bin ich mit 83 Metern dann auf einem guten achten Platz gelandet.“
Dreispringer Felix Mairhofer fehlt nur ein Zentimeter zu Silber
Ebenfalls Bronze nimmt Felix Mairhofer mit zurück nach Mannheim. Mit seinen 15,52 Metern fehlte dem Dreispringer nur ein Zentimeter zu Silber, der Titel ging an den favorisierten Max Heß (Chemnitz/16,20 m). „Felix ist immer voll da bei den Deutschen. Hut ab vor dem Burschen, der auch voll im Beruf steht“, betonte MTG-Leistungssportchef Rüdiger Harksen, der für Mairhofers Vereinskameraden Nicklas Sammet ebenfalls lobende Worte fand. Mit nur einem gültigen Versuch landete Nicklas Sammet auf Rang acht (14,53 m). „Für Nicklas ist es aller Ehren wert, das Finale erreicht zu haben“, sagte Harksen.
Obwohl es aus Mannheimer Sicht vor dem DM-Abschlusstag bei diesen beiden Medaillen blieb, durften auch andere Athletinnen und Athleten mit ihren Leistungen zufrieden sein. So zum Beispiel Lisa Nippgen, die über 100 Meter eine Saisonbestleistung aufstellte (11,46 Sekunden). Auf dem fünften Platz fehlten ihr nur zwei Hundertstel zu Bronze, der Sieg ging in bärenstarken 10,99 Sekunden an Gina Lückenkemper (SCC Berlin).
„Am Dienstag im Training habe ich gemerkt, dass ich wieder gut drauf bin und daher ein bisschen gehofft, dass noch mehr geht. Unter den Voraussetzungen war das aber okay“, sagte Nippgen, die damit noch untertrieb. Denn die Vorbereitung lief alles andere als optimal.
Nachdem sich die 25-Jährige zum Saisoneinstand bei der Kurpfalz Gala in Weinheim nach einer schweren Verletzung verheißungsvoll zurückgemeldet hatte, gab es nur wenige Tage später den nächsten Rückschlag: Nippgen infizierte sich mit dem Coronavirus, die fünftägige Quarantäne bedeuteten auch: kein Training, sie verlor wichtige Zeit für den Formaufbau.
Patrick Domogala scheidet trotz Saisonbestleistung im Vorlauf aus
„Ich muss das realistisch sehen: Andere Sportler haben nach einer Corona-Infektion länger gebraucht, um wieder Top-Leistungen abzurufen. Insofern bin ich unterm Strich glücklich“, sagte Nippgen, die am Sonntag mit der Vereinsstaffel über 4 x 100 Meter noch einmal angreifen will. Nervenstärke mussten die Athletinnen zeigen, die auf Weltniveau bemerkenswertesten Leistungen zeigten: Gleich vier Diskuswerferinnen übertrafen die 63-Meter-Marke, nachdem die Wettbewerbe zuvor wegen einer Unwetterwarnung für 45 Minuten unterbrochen werden mussten.
Kristin Pudenz (67,10 m) siegte vor der gebürtigen Mannheimerin Shanice Craft (64,64 m), die seit einigen Jahren für den SV Halle startet. Antonia Kinzel von der MTG, die vergangene Woche mit 60,50 m eine neue Bestleistung aufgestellt hatte, landete auf Rang sieben (55,88 m). Die aus MTG-Sicht wohl wertvollste Leistung zeigte am Samstag Robin Ganter. In einem erlesenen Feld wurde der Hürdensprint-Spezialist über 100 Meter flach Sechster – und das in persönlicher Bestzeit von 10,33 Sekunden. „Das ist natürlich mega“, freute sich der 21-Jährige, der als mittelfristiges Ziel einen Staffelplatz bei der U-23-EM anpeilt.
Patrick Domogala schied dagegen trotz Saisonbestleistung (10,58 sec) im 100-Meter-Vorlauf aus, auch für Jonas Kriesamer (11,10) war früh Schluss. MTG-Hürdensprinter Yannick Spissinger wurde undankbarer Vierter (14,00 sec). Die Weinheimerin Bianca Stichling, die für Leverkusen startet, holte den Titel im Hochsprung (1,87 m).
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