Fußball

Frauen-WM in Australien: Die kurzen Wege sind vorbei

Zuletzt stotterte der Motor des Frauen-Nationalteams merklich, doch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg lässt sich drei Monate vor Beginn der WM nicht aus der Ruhe bringen. Stattdessen steigt sie erst einmal in de Flieger.

Von 
Frank Hellmann
Lesedauer: 
Martina Voss-Tecklenburg will bestens auf die WM vorbereitet sein. © dpa

Frankfurt. Martina Voss-Tecklenburg weiß selbst, dass diese Dienstreise mit einigen Strapazen verbunden ist. Am Montag in den Flieger nach Australien zu steigen, um sich für drei Tage am Schauplatz der im Sommer anstehenden Frauen-WM umzusehen, ist der Bundestrainerin aber enorm wichtig. Sie möchte „fühlen, sehen und spüren“, was den Vize-Europameister auf der anderen Seite der Erdhalbkugel erwartet. „Es wird ganz anders als die EM der kurzen Wege in England.“

Neben Co-Trainerin Britta Carlson zählen auch Greenkeeper Sebastian Breuing und Teammanagerin Jessica Ewald zu ihrer Reisegruppe. Rund um das DFB-Basiscamp in Wyong fast 100 Kilometer nördlich von Sydney sollen die Bedingungen genauer inspiziert werden, um bestens vorbereitet zu sein.

Auf der Rückreise wird die DFB-Delegation dann direkt in London landen, um das Rückspiel des Champions-League-Halbfinals zwischen dem VfL Wolfsburg und dem WFC Arsenal vor mehr als 50 000 Fans zu sehen. „Ein toughes Programm“, so die 55-Jährige.

Selbiges gilt für ihre Spielerinnen, die zuletzt ihren Heldinnen-Status von der EM nicht ganz erfüllten. Die Länderspiele gegen Schweden (0:0), die Niederlande (1:0) und vor allem Brasilien (1:2) verliefen allesamt sehr zäh.

Doch die neuerdings bis 2025 an den Verband gebundene Fußballlehrerin ist deswegen nicht beunruhigt. „Die Sicherheit ist nicht da“, gab Voss-Tecklenburg zu, aber dafür gebe es in der „hochbelasteten Phase“ gute Gründe.

Genau wie vor dem England-Trip soll vor dem Abenteuer in „Down Under“ eine ausgedehnte Vorbereitung in Herzogenaurach alles zusammenbringen. „Wir haben viel Trainingszeit und werden die Inhalte priorisieren. Wir lassen uns nicht verrückt machen.“

Auch der für den deutschen Markt drohende TV-Blackout macht der Bundestrainerin angeblich nicht zu schaffen. „Ich weiß, dass man sich einigen wird. Ich bin ein sehr positiv denkender Mensch.“ Gleichwohl sind die Verhandlungen zwischen der FIFA auf der einen und der ARD sowie dem ZDF auf der anderen Seite völlig festgefahren.

Zehn, elf Titelkandidaten

Titelansprüche werden beim zweifachen Weltmeister nicht offensiv formuliert. Aber: „Wir sollten das Selbstverständnis haben, um Titel zu spielen“, so Voss-Tecklenburg. „Wir wollen mit Spaß, Leidenschaft und Power dabei sein. Dann verzeiht man auch mal einen Fehler.“

Zum Kreis der Titelanwärter zählt die Bundestrainerin inzwischen zehn, elf Nationen. Sie glaubt, dass zuletzt auch die mentale Komponente zu der einen oder anderen Verkrampfung in den Länderspielen geführt habe. „Der Druck ist bei den Spielerinnen relativ groß. Es ist kein Selbstverständnis, dass diejenigen, der bei der EM dabei waren, auch mit zur WM kommen.“

Die gestiegene Aufmerksamkeit für den Frauenfußball ist erst am Wochenende eindrucksvoll bezeugt worden. Mehr als 60 000 Besucher strömten zusammen zum Bundesliga-Spiel des 1. FC Köln gegen Eintracht Frankfurt und zum Champions-League-Hinspiel des VfL Wolfsburg gegen Arsenal. Dass die Spielerinnen mitunter ihr eigenes Wort nicht verstehen, „weil die Ultras bei einer Ecke so laut pfeifen“, bezeichnete die Bundestrainerin aber als wertvollen Lerneffekt.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen