Fußball

Eintracht-Frankfurt-Legende Karl-Heinz Körbel: „Würde den Pokal Grabowski widmen“

Von 
Frank Hellmann
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Seit 50 Jahren gehört Karl-Heinz „Charly“ Körbel fest zu Eintracht Frankfurt. © Andreas Arnold/dpa

Frankfurt. Mit 602 Bundesligaspielen ist Karl-Heinz Körbel immer noch Rekordspieler im deutschen Fußball-Oberhaus. Da er alle 602 Spiele für Eintracht Frankfurt absolviert hat, gilt er am Main als Legende. Im Interview spricht Körbel über die Erfolge von früher und den aktuellen Höhenflug seiner Eintracht.

Herr Körbel, vom UEFA-Cup-Sieg der Frankfurter Eintracht 1980 gibt es an einer Häuserfassade im Stadtteil Bockenheim ein riesiges Wandbild. Sie halten darauf den Pokal. Sind Sie mit dem Bild eigentlich zufrieden?

Karl-Heinz Körbel: Ich bin 2020 mit einer Hebebühne hochgefahren worden, um den letzten Pinselstrich zu machen. Eigentlich wollten wir uns mit einigen Ehemaligen darunter immer mal zu Kaffee und Kuchen treffen, aber dann kam Corona. Ich stehe für dieses Treffen immer noch im Wort und wollte dazu mit dem UEFA-Pokal kommen. Damals wusste ich noch nicht, dass ich jetzt vielleicht sogar die richtige Trophäe mitbringen kann (lacht).

War dieser Sieg im UEFA-Cup 1980 der schönste von ihren fünf gewonnenen Titeln mit der Eintracht?

Körbel: Das schönste Erlebnis war für mich das DFB-Pokalfinale 1975, bei dem ich erstmals richtig im Blickpunkt stand. Ich habe als junger Spieler gegen den MSV Duisburg das Siegtor erzielt. Ein Traum! Ich war gerade erst 20 – und schon der Pokalheld. Aber natürlich stehen die UEFA-Cup-Sieger in Frankfurt in einer Reihe mit der Meistermannschaft von 1959. Ich bin diesmal aber froh, dass wir nicht wieder gegen eine deutsche Mannschaft spielen, sondern gegen die Glasgow Rangers.

Sie sprechen eine Besonderheit aus 1980 an: Im Halbfinale standen vier Bundesligisten. Warum war die Bundesliga damals so gut?

Körbel: Alle Vereine waren stark und fokussiert. Ich habe kürzlich mit Rainer Bonhof (Vizepräsident bei Borussia Mönchengladbach, Anm. d. Red.) über die alten Zeiten geredet. Auch er hat gesagt: „Das war so eine geile Zeit – mit so großen Persönlichkeiten.“ Wir möchten das beide nicht missen. Heute geht es doch fast nur noch ums Geld.

Auf den Siegerbildern nach dem Finalerfolg gegen Borussia Mönchengladbach ist zu sehen, wie Sie sehr schnell den Pokal an den damals verletzten Jürgen Grabowski weiterreichen.

Körbel: Das war so geplant! Wir wussten alle, wie er darunter leidet, nicht mitspielen zu können. Wir haben das Ding damals auch für den Jürgen gewonnen. Übrigens hat das David Abraham genauso gemacht, als er 2018 den Pokal an Alex Meier weitergereicht hat, der nicht im Kader stand.

Wäre es für die Eintracht etwas Besonderes, so kurz nach Grabowskis Tod das zweite Mal im Europapokal zu siegen?

Körbel: Wir wünschen uns das alle. Ich hatte das Glück, 20 Jahre lang mit ihm zusammenzuspielen. Bernd Nickel, Bernd Hölzenbein und er – das war die Achse der Eintracht in all den Jahren. Ich habe als junger Spieler bis zum Ende unglaublich viel von ihnen profitiert. Mein persönliches Anliegen ist, dass wir uns bei aller Euphorie an die Tradition dranhängen. Er hat die Eintracht mit seiner Art, Fußball zu spielen, verkörpert wie kein anderer. Das wissen heute nur noch die Wenigsten, wie gut diese Generation war. Wenn wir den Pokal holen sollten, würde ich ihn auf jeden Fall Jürgen Grabowski und auch Bernd Nickel widmen.

Es gibt eine Parallele zwischen 1980 und heute: Damals wie heute war die Eintracht in Europa hui, in der Bundesliga pfui.

Körbel: Ich war diese Saison manchmal sprachlos, wenn ich die Mannschaft gegen Fürth, Bielefeld oder Bochum gesehen und dann die Auftritte in der Europa League erlebt habe. Dieselben Spieler, aber zwei Gesichter.

Wer könnten denn nun in Sevilla die neuen Helden der Eintracht werden?

Körbel: Kevin Trapp. Wie er sich als Persönlichkeit entwickelt hat, ist bemerkenswert. Für mich geht kein Weg daran vorbei: Er ist momentan der beste Torwart in Deutschland. Und ich muss auch Sebastian Rode erwähnen: Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn beide Knie kaputt sind. Aber wie er gegen Barcelona gespielt hat, das war Wahnsinn. Wir können auch über Tuta oder Rafael Borré reden. Einer wird jetzt hoffentlich zu einer neuen Legende, denn für uns als Verein wäre das die Krönung einer riesigen Entwicklung. Ich bin jetzt seit 50 Jahren im Verein: So etwas wie jetzt habe ich aber noch nie erlebt.

Sie spielen selbst noch in der Traditionself mit. Wann beenden Sie denn ihre aktive Karriere?

Körbel: Ich fühle mich wirklich noch fit und lebe von der Freude und Leidenschaft für diesen Verein. Wenn es so weitergeht, habe ich dort bald mehr Spiele gemacht als in der Bundesliga.

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