Die beste Elf trifft auf die elf besten Spieler: So lässt sich das Finalduell Spanien gegen England in einem Satz zusammenfassen. Die Philosophie der Trainer Luis de la Fuente und Gareth Southgate könnte kaum unterschiedlicher sein.
Spanien verfolgt einen langfristigen Plan. De la Fuente hat viele seiner Spieler schon im Jugendbereich betreut. Die beiden Torschützen gegen Deutschland, Dani Olmo und Mikel Merino, gewannen mit ihm etwa bereits die U-21-EM. Entsprechend gut kennen sich Trainer und Spieler. Die Spanier lehren bereits ihren Jugendspielern, wie sie das landestypische 4-3-3 interpretieren müssen. Im Fokus stehen Passgenauigkeit sowie Positionsspiel. Letzteres gibt vor, wie die Spieler die Räume auf dem Feld besetzen. Keine Nation lässt den Ball so fehlerfrei in den eigenen Reihen laufen.
Leverkusens Grimaldo passt nicht ganz zu de la Fuentes Stil
De la Fuente hat den typischen Tiki-Taka-Stil weiterentwickelt: Die Spanier entfachen mehr Zug zum Tor als in der Vergangenheit. Verantwortlich dafür sind vor allem die Außenstürmer Nico Williams und Lamine Yamal. Dennoch sind die Spanier keine Two-Men-Show: Sämtliche Akteure stellen sich in den Dienst des Teams. In ihrer Mischung aus klassischem 4-3-3 und kompaktem 4-2-3-1 besetzen sie die Räume mustergültig. Kein EM-Teilnehmer wagt ein höheres Pressing, bei keinem anderen Team wirken die Laufwege derart abgestimmt.
De la Fuente stellt seine Mannschaft so auf, dass seine Spieler gut zusammenpassen. Bayer Leverkusens Alejandro Grimaldo - immerhin bester Vorlagengeber der abgelaufenen Bundesliga-Saison - sitzt nur auf der Bank. Er zieht gern in die Mitte. Das passt nicht ins System von de la Fuente, der den geradlinigen Cucurella als Linksverteidiger vorzieht, der häufiger an die Grundlinie sprintet.
Nationaltrainer Southgate lässt seinen Angreifern freien Lauf
Einen Star auf die Bank setzen aus taktischen Erwägungen? Das würde Englands Coach Gareth Southgate kaum wagen. Seine Topspieler Harry Kane, Jude Bellingham, Phil Foden und Bukayo Saka haben eine Einsatzgarantie. Das Problem: Bisher funktioniert ihr Zusammenspiel nur mäßig. Bei ihren Clubs kam das Quartett auf unglaubliche 165 Torbeteiligungen. Bei dieser EM waren sie in sechs Spielen an mageren sechs Treffern beteiligt.
Southgate schränkt seine Angreifer kaum ein. Alle dürfen sich frei bewegen. In der Vorrunde sorgte dies teilweise dafür, dass sich Bellingham und Kane gemeinsam ins Mittelfeld fallenließen. Das Sturmzentrum verwaiste. So entwickelte das Team keine Torgefahr.
Englischer Taktikwechsel zum Viertelfinale mit Saka als Rechtsverteidiger
Im Viertel- und Halbfinale präsentierten sich die Engländer verbessert. Southgate stellte von einer Vierer- auf eine Dreierkette um und schob Saka auf den Posten des rechten Außenverteidigers. Mit nur drei Angreifern im 3-4-3 wirkt das englische Spiel balancierter.
Die Unterschiede der Finalisten sind augenfällig: Southgate vertraut seinen Spielern, de la Fuente setzt auf das spanische System.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport_artikel,-sport-die-taktik-der-finalisten-beste-elf-gegen-elf-beste-_arid,2225310.html