Fußball-WM

DFB-Stürmer Füllkrug über seine Qualitäten und die One-Love-Binde

Heute trifft die Nationalmannschaft auf Japan. Niclas Füllkrug spricht über seine WM-Nominierung, die Menschenrechtslage im Gastgeberland Katar und über das Gefühl, als Bundestrainer Flick bei ihm anrief

Von 
Tilmann Mehl
Lesedauer: 
Niclas Füllkrug verfügt über ein gesundes Selbstvertrauen. Der Stürmer von Werder Bremen will Raum für seine offensiven Mitspieler schaffen. © Federico Gambarini/dpa

Katar.

Er ist der überraschendste deutsche WM-Fahrer: Erst vor einer Woche hat Niclas Füllkrug sein Debüt in der DFB-Elf gegeben. Der Stürmer von Werder Bremen ist von seinen Qualitäten überzeugt, wie er im Interview mit dieser Redaktion deutlich macht.

Herr Füllkrug, das Wichtigste vorweg: Wie geht’s? Fußball-Deutschland hat sich kurz gesorgt, dass der einzige Mittelstürmer wegen eines grippalen Infekts ausfällt.

Niclas Füllkrug: Der hat mich tatsächlich kurz aus der Bahn geworfen. Es war gut, dass ich einen Tag Pause hatte, seit Montag bin ich wieder voll im Training. Ich habe gehofft, dass ich niemanden anstecke - das war auch ein Grund, den anderen aus dem Weg zu gehen.

Vergangene Woche haben Sie mit 29 Jahren Ihr Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert und prompt das Siegtor gegen den Oman geschossen. Das ist nicht die schlechteste Bewerbung für einen Startelfeinsatz im ersten WM-Spiel gegen Japan.

Füllkrug: Ich habe einen Trainingstag verpasst, der auch nicht ganz unwichtig war. In der Offensive ist bei uns generell viel Qualität vorhanden. Ich glaube aber schon, dass auch ich der Mannschaft etwas geben kann - in welcher Situation auch immer. Das entscheidet der Trainer.

Was können Sie denn der Mannschaft geben?

Füllkrug: Ein richtiger Mittelstürmer kann viel Platz für die Mittelfeldspieler schaffen. Die haben bei uns eine brutale Qualität und können mit ihrem Tempo dann gut in die Tiefe gehen. Ich glaube auch, dass ich eine gute Präsenz mitbringe und Innenverteidiger binde. Außerdem kann ich als Wandspieler gut Bälle halten.

Würden Sie sich selbst aufstellen?

Füllkrug: Klar, immer.

Wie haben Sie von Ihrer Nominierung für die WM erfahren?

Füllkrug: Am Tag vor der offiziellen Nominierung hat mich Hansi Flick angerufen. Das war ein kurzes Telefonat, aber eine coole Nummer.

Mit welchen Erwartungen geht man ans Telefon, wenn da die Nummer vom Bundestrainer auftaucht?

Füllkrug: Gespannt. Der Bundestrainer hat ja gesagt, dass er bei anderen auch teilweise angerufen hat, um ihnen abzusagen. Ich hatte mit einem Anruf gerechnet, weil ich wusste, dass ich im vorläufigen 55er-Kader war. Ich wusste aber nicht, was er übermitteln würde. Dementsprechend war die Freude sehr groß.

Hat sich die Familie auch gefreut? Sie haben ja auch eine dreijährige Tochter.

Füllkrug: Ja, klar. Meine Frau hat sich sehr mit mir gefreut. Es war schon etwas später am Abend, da hat die Kleine schon geschlafen.

Hat sie sich dann gefreut, als sie davon erfahren hat? Schließlich ist der Papa im besten - oder schlimmsten - Fall über einen Monat nicht zu Hause.

Füllkrug: Wir haben hier in Katar die Möglichkeit, dass auch die Familie vorbeikommen kann, das wird bei uns demnächst der Fall sein.

Wenn einem dann im Training Antonio Rüdiger gegenübersteht und man weiß, dass der für Real Madrid spielt: Geht man da als Stürmer eines Bundesliga-Aufsteigers mit etwas Respekt an die Aufgabe heran?

Füllkrug: Es ist wahrscheinlich von Vorteil, regelmäßig auf internationalem Niveau zu spielen. Aber ich spiele in der Bundesliga auch gegen Mannschaften, die international vertreten sind - und habe zum Teil auch gegen die getroffen. Ich hatte keinen unnötig großen Respekt. Viele von den Jungs hier kenne ich, weil ich schon gegen sie gespielt habe.

Ist das Niveau im Training merklich anders als bei Werder Bremen?

Füllkrug: Hier sind die 26 besten Spieler Deutschlands versammelt. Einige sind Weltmeister geworden, einige haben die Champions League gewonnen. Natürlich spielen die auf einem sehr hohen Niveau. Das merkt man auch im Training, das ist schon besonders. Es macht natürlich viel Spaß. Es macht aber auch Spaß, meine Qualitäten einzubringen, weil ich glaube, dass ich den Jungs auch etwas geben kann.

Diese WM steht besonders wegen der Menschenrechtslage im Fokus. Vor allem die Lage der Wanderarbeiter wird oft angesprochen. Wird darüber im Team geredet?

Füllkrug: Das wurde thematisiert, ja. Wir sprechen auch intern darüber und bekommen viel mit. Wir sind uns alle der Umstände bewusst und verurteilen sie. Man muss es so deutlich sagen. Das ist total inakzeptabel, aber die Macht, diese Dinge wirklich zu verändern, die liegt in anderen Händen. Wir können auf Dinge aufmerksam machen, können mit dem Finger darauf zeigen, darüber reden - aber die Entscheidungen werden von anderen getroffen.

Die Mächtigen geben gerade kein gutes Bild ab, wie Diskussion und Verbot der One-Love-Binde zeigen.

Füllkrug: Auch wenn wir auf die Binde verzichten müssen, was eine sehr enttäuschende Entscheidung der FIFA ist, stehen wir weiter für unsere Werte ein. Aber es ist auch wichtig, den Disput zwischen den Verbänden nicht auf dem Rücken der Spieler auszutragen.

Thema : Fußball-EM 2024

  • Nationalmannschaft Bewegte Zeiten

    Der DFB zelebriert mit 400 geladenen Gästen seinen Festakt zum 125-jährigen Bestehen

    Mehr erfahren
  • Sport Grünes Licht für Saudi-Arabien

    Auch der DFB erklärt seine Zustimmung zur umstrittenen Doppelvergabe der Weltmeisterschaften 2030 und 2034

    Mehr erfahren
  • Fußball 7:0-Gala gegen Bosnien: Ist die DFB-Elf zurück in der absoluten Weltspitze?

    Die Nationalmannschaft begeistert beim 7:0 gegen Bosnien-Herzegowina Fachleute und Fans. Ist dieses Team schon bei der Weltmeisterschaft 2026 wieder reif für einen großen Titel?

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen