Abschauen. Selbst in den kurzen Pausen, in denen Sophia Schneider im Innenraum der Rennsteigarena hin und her joggt, um ihre Muskulatur warm zu halten, lernt sie. „Ich bin mit unserem Schießtrainer noch mal kurz das Trefferbild durchgegangen“, sagt die 25-Jährige nach Platz sechs in der Single-Mixed-Staffel am Donnerstagnachmittag. Den Sieg holt sich Norwegen, vor Österreich und Italien.
Weil sie beim zweiten Liegendschießen keinen guten Anschlag findet, dreht die 25-Jährige eine Strafrunde. Wertvolle Zeit verrinnt, die auch Philipp Nawrath nicht mehr aufholt. „Für eine Medaille muss halt alles passen“, sagt Schneider. Sie wird weiter von den Besten abschauen, „dann setzt man alles zusammen und erstellt die perfekte Athletin.“
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Sophia Schneider ist die Aufsteigerin. Ihr Weg in dieser Saison kennt nur eine Richtung: nach oben. Bei den deutschen Meisterschaften fällt sie ob ihrer Leistungsstärke auf, dabei ist ihr Ziel erstmal nur, sich „um einiges zu verbessern“. Im Herbst sichert sie sich ihren Platz im Weltcupteam. Der nächste Schritt. Schnell schafft die Chiemgauerin die Vorgabe für die WM und freut sich „über das Zuckerl“. Bei ihrer Premiere in Oberhof präsentiert sie sich laufstark, rückt in der Rangfolge gar zur Kronprinzessin hinter Denise Herrmann-Wick auf. Monate im Schnelldurchlauf, Eindrücke im Akkord.
Wechsel zu Andreas Birnbacher
Vor dem letzten Drittel der WM sagt Schneider: „Es ist eine megakrasse Erfahrung. Ich hätte nicht gedacht, dass ich gleich da vorne mitmische und um die Medaillen mitkämpfen kann.“ Erfrischend. Ehrlich. Erfolgreich. So ist diese junge Frau aus Bayern. Ihre Analysen sind auf den Punkt, ihre Ansichten pointiert, ihr Auftreten sympathisch. All das imponiert nicht nur Arnd Pfeiffer, der sie als Fernsehexperte verfolgt.
Sophia Schneider gewöhnt sich rasch an den Trubel mit Fans und die gestiegene Aufmerksamkeit. Es ist noch nicht lange her, dass sie mit Mama und Papa die Weltcups selbst am Streckenrand verfolgt hat. „Man wird abgebrühter“, sagt sie cool.
Selbstvertrauen hilft dabei. Angesammelt hat sie es sich mit guten Ergebnissen im Weltcup, bei der WM mit den Rängen sieben (Sprint), fünf (Verfolgung) und 13 (Einzel) wird es noch größer. „Man traut sich einfach mehr zu, weiß, dass man auch mit den etablierten Athleten mitlaufen kann“, sagt Sophia Schneider - selbst wenn diese Marte Olsbu Roeiseland heißen. Die Norwegerin hat mit der Goldmedaille in der Single-Mixed-Staffel Deutschlands Biathlon-Ikone Magdalena Neuner überholt und ist mit 13 Titeln nun alleinige Rekordweltmeisterin. Ihr Teampartner und Landsmann Johannes Thingnes Bö hat indes als erster männlicher Biathlet fünf Goldmedaillen bei einer WM gewonnen.
Doch zurück zu Schneider: Der Eindruck, ihr Leben sei ein einziger Triumphmarsch in den Kreis der Elite, leitet jedoch in die Irre. Auf ihrem sportlichen Weg kämpft die Biathletin auch mit Rückschlägen. Vor zwei Jahren gehört sie schon einmal zum Weltcupteam, knickt im finnischen Kontiolahti auf dem Weg aus der Kabine aber um und beendet die Saison verletzungsbedingt vorzeitig. „Eine harte Zeit“, sagt Schneider, „doch jetzt weiß ich auch, wie sich so etwas anfühlt und kann es besser einordnen, wenn es mal nicht so läuft.“
Das Auf und Ab führt dazu, nicht fest in einer Mannschaft integriert zu sein. In ihr reift der Entschluss, alles reinzulegen, noch einen Ticken professioneller zu werden. Sie wechselt zu Andreas Birnbacher. Diese Verbindung passt, weil der einstige Weltklasseläufer über „ein super Feingefühl“ verfügt, wie Schneider empfindet. Die Grundlagenausdauer im Sommer erweist sich als wertvolle Investition für den Winter, ebenso der Trainingsblock in Ridnaun im Vorfeld der Weltmeisterschaft, wo Schneider nochmals die Umfänge erhöht, um gewappnet zu sein für die enge Taktung beim Saisonhöhepunkt.
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