Fußball-EM

Der Spanier aus Leipzig, der den Unterschied machte

Dani Olmo war ohne Frage der entscheidende Mann für den Viertelfinalerfolg der Spanier gegen Deutschland. Reue, seine Wahlheimat aus dem Turnier gekickt zu haben, verspürt der Profi von RB Leipzig nicht

Von 
Frank Hellmann
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Der Matchwinner beim Drama in Stuttgart: Spaniens Dani Olmo feiert den späten Siegtreffer zum 2:1-Erfolg gegen Deutschland im EM-Viertelfinale. © Tom Weller/dpa

So schnell verschwinden die Veranstaltungszelte also nicht. Alles, was die Real Federación Española de Fútbol - kurz RFEF - in Donaueschingen an temporären Einrichtungen aufgebaut hat, ist vorerst stehen geblieben. Es heißt, dass Helfer am Trainingsplatz des SV Aasen und Bedienstete aus dem Luxushotel Öschberghof durchaus gespalten waren, wem sie eigentlich die Daumen drücken sollten. Deutschland oder Spanien? Dass letztlich die iberischen Gäste mit dem Erreichen des EM-Halbfinals gegen Frankreich am Dienstag (21 Uhr) ihre Verweildauer verlängert haben, hatte mit einem Profi zu tun, der seit viereinhalb Jahren in Deutschland spielt: Dani Olmo.

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Dabei hatte der Edeltechniker von RB Leipzig zuletzt viel Zeit im Krankenstand verbracht. Knieverletzung, Schultereckgelenkssprengung, muskuläre Probleme: Immer war was. Ist er allerdings gesund, gibt es wenig bessere Mittelfeldspieler: Sein Flachschuss zum 1:0 und seine Maßflanke zum 2:1 auf den einst bei Borussia Dortmund beschäftigten Mikel Merino lösten die spanische Jubelarie aus.

Auch gegen Frankreich kommt es bei Spanien auf die Haltung an

Wie ist der Offensivkraft aus der Stadt Terrassa in der Provinz Barcelona dieser Geniestreich in der 119. Minute gelungen? „Ich habe den Ball auf der Seite bekommen, hatte ein bisschen Zeit - Mikel Merino hat gezeigt, dass er großartig bei Kopfbällen ist“, erzählte der „Man of the Match“.

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Gegen die Franzosen müsse man sich vor allem die Haltung bewahren: „Wir haben uns mit Krallen und Klauen verteidigt. Das ist der Weg.“ Zwischendrin blitzt sowieso immer wieder spanische Spielkunst auf.

Olmos frühe Einwechslung sollte sich als Glücksfall für „La Furia Roja“ erweisen. Wie herauskam, hat der von Toni Kroos binnen sieben Minuten gleich zweimal hart attackierte Mittelfeldmann Pedri eine „innere seitliche Verstauchung zweiten Grads im linken Knie“ erlitten: Der 21-Jährige vom FC Barcelona fällt damit für den Rest der EM aus. Klagen wollte Nationaltrainer Luis de la Fuente („Ich komme aus den 80er-Jahren, daher erschrecken mich diese Dinge nicht“) darüber nicht. Wohl auch, weil Olmo als siegbringender Pedri-Ersatz auftrat, der die Zehnerräume exzellent bespielte.

Mit einer deutschen Influencerin liiert

Der 26-Jährige hatte sich zuvor in der „Süddeutschen Zeitung“ als „ein Mix aus dem Fußball, der in Leipzig und der bei der „Selección“ gespielt wird“, beschrieben. Die RB-Fußballidee habe ihn besser gemacht: „Den Ball nehmen, nach vorne denken, Chancen kreieren, aus der Distanz schießen.“ Bessere Taten hätte er diesen Worten gegen Deutschland kaum folgen lassen können.

„Es war einer der schönsten Abende meiner Karriere. Um Deutschland zu besiegen, mussten wir ein besonderes Spiel machen“, sagte der Matchwinner. Zwei Tore und zwei Vorlagen bei dieser Endrunde bringen ihm viel Wertschätzung ein. Bis zum 15. Juli soll seine Ausstiegsklausel greifen, die für 60 Millionen Euro einen Wechsel erlaubt. Eine Rückkehr zum FC Barcelona steht im Raum.

Auch in Zagreb war Olmo nie aus dem Blickfeld von Trainer de la Fuente

Olmo plagten keine Gewissensbisse, den Gastgeber aus dem Turnier gekegelt zu haben. „Na ja, letzten Endes spiele ich für mein Land.“ Der Spanier ist mit der deutscher Influencerin Laura Schmitt - alias Laura Abla - liiert, die diese Beziehung sehr offen ausstellt. Die gebürtige Ostfriesin postete auch aus Stuttgart wieder Bilder von sich mit dem spanischen Trikot mit der Nummer 10. Ihr Partner gilt fast als Liebling von de la Fuente. Beide pflegen seit Jugendzeiten eine besondere Beziehung. „Als ich in Kroatien war, hat er mich angerufen und mir vertraut“, verriet Olmo, der mit 16 Jahren den Heimatclub Barça verließ, um bei Dinamo Zagreb zu reifen. Ein allemal ungewöhnlicher Werdegang. „Das hat mich Dinge entwickeln lassen, die ich in Spanien vielleicht nicht gelernt hätte.“

Seinem Nationalcoach rechnet er hoch an, dereinst nicht aus dessen Blickfeld zu verschwinden. „Als wir 2015 in Griechenland mit der U 19 Europameister wurden - mit Merino und Rodri, später mit Olmo und Fabian bei der U 21“, erläuterte de la Fuente, „das hat uns zu einer engen Einheit gemacht.“ Der 63-Jährige betonte, „dass mich diese Spieler nicht enttäuschen.“ Olmo hatte bereits vor fünf Jahren im EM-Endspiel fürs Spaniens U 21 gegen Deutschland getroffen - mit einem feinen Heber über Alexander Nübel.

Niederlage im EM-Halbfinale 2021 gegen Italien ließ Spanier reifen

Jetzt verglich de la Fuente das K.o.-Duell gegen die Deutschen mit der Begegnung eines „wilden Tieres“, weshalb Kampfspuren völlig normal seien. Im Halbfinale werden ihm die gesperrten Abwehrstützen Daniel Carvajal und Robin Le Normand fehlen.

Insbesondere Olmo hat in München noch etwas gutzumachen. Vor drei Jahren spielte er in London gegen Italien im EM-Halbfinale über 120 Minuten herausragend, als es aber auf dem heiligen Rasen ins Elfmeterschießen ging, leistete er sich als erster Schütze einen Fehlschuss. Kurz darauf war der Titeltraum geplatzt. „Wir sind alle nach dieser Erfahrung reifer. Das zahlt alles auf die Gegenwart ein“, sagt er heute. Soll heißen: Die Spanier wollen natürlich noch bis zum nächsten Wochenende im schönen Donaueschingen bleiben.

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