Dortmund. Und jährlich grüßt das Murmeltier. Wann immer sich die Bundesliga einem Neustart nähert, wird die Frage aufgeworfen, wer Abonnement-Champion Bayern München beerben könnte. Die Antwort ist so verlässlich wie die Frage selbst: Borussia Dortmund. Es mag dem BVB schmeicheln, im Stand des ersten Thronfolgers zu stehen. Andererseits ist die Rolle des ewigen Herausforderers wenig erfüllend. Immerhin: Die Hoffnung auf eine Veränderung der Hierarchie lebt.
Kann Dortmund diesmal aus dem Rückspiegel der Bayern herauskommen?
Ex-Nationalspieler und Ex-Borusse Jürgen Kohler stuft den BVB als „absoluten Topfavoriten“ ein. Klingt aufregend, ist angesichts des Münchner Edelkaders aber ziemlich gewagt. Vielleicht liegt Dortmunds Chance in der emotionalen Note, die bei den Meisterschaften 2011 und 2012 half, Berge zu versetzen. Club-Boss Hans-Joachim Watzke befeuerte die Debatte über die Möglichkeit des Wachwechsels im Juni offensiv. „Ich glaube, dass in den nächsten drei Jahren etwas passiert. Das ist mein Gefühl“, sagte er. Angesichts der schweren Erkrankung von Neuzugang Sébastien Haller und des Kaufrauschs beim Konkurrenten in München ist er inzwischen jedoch zurückgerudert.
Welche Folgen hat der Schock um die Erkrankung von Haller?
Die Nachricht von der Hodenkrebs-Diagnose des neuen Torjägers hat den BVB-Tross im Trainingslager in Österreich erschüttert. Die Frage nach einem weiteren Neuzugang im Angriff stand schnell im Raum. Immerhin hat der 28-Jährige den ersten Schritt zur Genesung schon einmal geschafft. „Die Operation ist sehr, sehr gut verlaufen und er ist auf einem sehr guten Weg“, sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl in einem am Dienstag veröffentlichten Video-Interview mit Dortmunds Trikotsponsor „1&1“. Wann Haller zurückkehrt, ist aber weiter offen.
Wie gut ist der BVB personell aufgestellt?
Die Transferoffensive im Sommer hat sogar der Liga-Souverän aus München wahrgenommen. Mit dem Ex-Bayern Niklas Süle und Jung-Nationalspieler Nils Schlotterbeck verpflichtete Dortmund zwei hoch gehandelte Innenverteidiger. Salih Özcan ist ein Platz im defensiven Mittelfeld zugedacht. Für die vorderste Reihe wurden außerdem Karim Adeyemi und Haller ins Boot geholt. Der BVB hat klug eingekauft und sich jünger, hungriger und in Summe besser gemacht. Die Stimmung war gut, ehe die Erkrankung von Haller die Gemeinschaft schockte.
Wo gibt es noch Probleme im Team?
Vielleicht fehlt im Kader mit vielen jungen Wilden die Führungspersönlichkeit. Einer, der das Spiel als Dirigent in und aus der Zentrale lenkt. So wie einst Nuri Sahin. Oder später Henrich Mchitarjan und Ilkay Gündogan. Jude Bellingham ist ein Spielmacher der Zukunft. Die Zeit des 19-Jährigen wird kommen. Aber ihm schon jetzt diese schwere Last auf die Schultern zu legen, könnte den Briten überfordern. Mahmoud Dahoud und Julian Brandt haben auch feine Füße und wären mit jeweils 26 Jahren im richtigen Alter. Allerdings sind sie nicht stabil in ihren Leistungen.
Wie riskant ist die Beförderung von Edin Terzic zum Cheftrainer?
Die Lobeshymnen auf den 39-Jährigen türmen sich auf Hochhausniveau. Sportdirektor Sebastian Kehl und BVB-Berater Matthias Sammer lassen kaum eine Gelegenheit aus, die Qualitäten des Rose-Nachfolgers zu preisen. In der Fangemeinde hat zudem niemand vergessen, dass Terzic in seiner sechsmonatigen Amtszeit als Favre-Nachfolger den Club in die Champions League und zum DFB-Pokal-Sieg geführt hatte. Es mangelt nicht an Sympathie, doch wenn die Saison Fahrt aufgenommen hat, gilt auch für Terzic das, was die Dortmunder Legende Adi Preißler verbal in Beton goss: „Entscheidend is auf’m Platz!“
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