Die Nase ist leicht schief, die Beine müde und der Kopf einfach nur leer. Dafür könnte das Grinsen, das sich über dem Gesicht von Artem Klein ausbreitet, kaum größer sein. Soeben hat der Mannheimer mit dem FC Barcelona die spanische Eishockey-Meisterschaft gewonnen. Es ist das wundervolle Ende einer fast einjährigen Reise. „Das ist eine einmalige Erfahrung gewesen. Am Ende ist man einfach nur glücklich und freut sich, dass sich die harte Arbeit gelohnt hat und man ganz oben steht“, sagt Klein.
Begonnen hat alles im vergangenen Herbst. Nach seinem abgeschlossenen BWL-Studium in Mannheim wollte er vor seinem Master noch „etwas berufliche Erfahrung“ sammeln. Da Klein in Sachen Eishockey durchaus ein Weltenbummler ist - in seinem Auslandssemester spielte er für die San Diego State University in der US-College-Liga ACHA II und im Sommer 2021 absolvierte er sogar neun Spiele in der israelischen Liga für die Bat Yam Dolphins - sollte sein berufliches Praktikum außerhalb Deutschlands stattfinden.
Artem Klein
- Artem Klein wurde 1994 in Omsk (Russland) geboren, ehe er im Alter von neun Jahren nach Mannheim kam.
- Für die Krefeld Pinguine bestritt er ein DEL-Spiel und lief zudem 138 Mal in der Oberliga und 54 Mal in der Regionalliga auf.
- Ab Sommer beginnt Klein seinen Master of Science in Wirtschaftsinformatik in Lissabon. Eishockey wird er dort wegen der fehlenden Teams allerdings nicht spielen können.
Der Zielort war mit Barcelona relativ schnell gefunden. Neben der Arbeit hatte Klein aber auch noch eine andere Tätigkeit im Blick. „Als sich die berufliche Perspektive in Barcelona ergeben hat, dachte ich mir, da könnte man nebenher ja ein bisschen Eishockey spielen“, sagt der Vollbluteishockeyspieler mit einem verschmitzten Grinsen.
Keine halben Sachen
Eishockey hat der Mannheimer schon immer gespielt. Über die Jungadler Mannheim kam er noch in der Jugend zum Krefelder EV 1981, ehe er über Salzburg für dreieinhalb Jahre in der Oberliga für verschiedene Mannschaften am Puck war. Da es - trotz vorhandenen Potenzials - nichts mit der ganz großen Karriere wurde, entschloss sich der 1,86 Meter große Flügelstürmer zum BWL-Studium in Mannheim und spielte nebenher in der Quadratestadt für die Regionalligamannschaft der Mad Dogs. „Ich habe mich damals ganz bewusst für das Studium und für Mannheim entschieden. Ich hätte auch weiter in der Oberliga spielen und parallel studieren können, aber ich wollte keine halben Sachen machen“, betont Klein.
Auch in Barcelona wollte er nicht einfach irgendwo Eishockey spielen. Deshalb stellte er sich auf eigene Faust beim großen FC Barcelona vor. „Das ging relativ unkompliziert. Die haben geguckt, wo ich schon so gespielt habe und dann grünes Licht gegeben“, betont Klein. Spanisch habe er im Laufe seiner Zeit „zumindest oberflächlich“ gelernt, mit Englisch sei er aber auch so überall gut durchgekommen.
Vom Niveau entspricht die spanische Liga laut dem Weltenbummler der Regionalliga in Deutschland. „Die Top-Mannschaften könnten es aber schon mit dem einen oder anderen Oberligateam aufnehmen“, meint Klein. Der FC Barcelona gehört zu diesen Spitzenteams. „Das Eishockey in Spanien ist natürlich nicht so entwickelt wie in anderen Ländern, aber man merkt schon, dass man in der ersten Liga spielt“, sagt er. So werden die Spiele im Internet gestreamt und auch das Interesse sowie die Stimmung sei bei den Spaniern vorhanden und gut.
Die Hauptrunde mit dem FCB, dessen Eishalle sich auf dem gleichen Gelände wie das berühmte Camp Nou der Fußballer befindet - „die sind da aber schon ganz gut abgeschirmt“ - verlief für ihn schleppend. „Ich hatte zweimal Corona, bin nie so in Tritt gekommen, blieb dann aber vor den Play-offs gesund“, sagt er.
Und in den Play-offs schlug seine große Stunde: Im vierten Finalspiel der Best-of-Five-Serie wurde ihm gegen den Ligaprimus CG Puigcerà allerdings zunächst kurz schwarz vor Augen. Der Gegner brach ihm per Check die Nase. Klein schüttelte sich aber nur kurz, erzielte noch einen Treffer und gab die Vorlage zum Ausgleich, ehe er dann in der Verlängerung wieder den entscheidenden Pass zum Siegtreffer spielte - die Meisterschaft war gewonnen.
„Da ist schon Druck von mir abgefallen. Ich hatte ja nur diese eine Chance, spanischer Meister zu werden“, gibt Klein zu. Denn schon ab Sommer wird er seinen Master im portugiesischen Lissabon beginnen und seinem Reisebuch - mindestens - ein weiteres Kapitel hinzufügen.
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