Eishockey - DEL denkt über sogenannte Coaches Challenge nach / Trainer könnten bei umstrittenen Szenen Videobeweis fordern

Abseitstor löst Kontroverse aus

Von 
Mareike Scheer
Lesedauer: 
Für Schiedsrichter, hier bei der Partie zwischen den Mannheimer Adlern und Straubing, ist es nicht immer leicht, den Überblick zu behalten. © dpa

Bremerhaven. Noch ging es „nur“ um ein Punktspiel in der Deutschen Eishockey Liga. Nicht auszudenken, wenn aufgrund einer Szene wie beim Spiel zwischen den Fischtown Pinguins und den Krefeld Pinguinen die Meisterschaft entschieden worden wäre. So sorgte nicht die Niederlage der Nordlichter für Ärger und Kopfschütteln. Es war die Entstehung des entscheidenden Gegentreffers bei der 1:2-Niederlage nach Verlängerung. Denn dem Tor der Rheinländer ging eine deutliche Abseitsstellung voraus – was von den vier Schiedsrichtern übersehen wurde, so dass der irreguläre Treffer die Partie entschied.

Das könnte nun nach Informationen der Nordsee-Zeitung zu einer Regeländerung in der DEL führen. Kommt jetzt die sogenannte Coaches Challenge, mit der Trainer Entscheidungen überprüfen lassen können?

„Das Abseits ist laut Regelbuch im Videobeweis kein Beweis-Thema“, klärt Jörg von Ameln, Leiter Spielbetrieb bei der DEL, auf. Und fügt an: „Die Clubs haben sich vor der Saison dagegen entschieden, bei Abseits die Coaches Challenge zu machen. Wir analysieren das jetzt, schauen uns das an und überlegen, ob wir das vielleicht dieses Jahr noch etwas ändern und die Coaches Challenge doch noch zulassen.“

Coaches Challenge? Die Trainer können damit Tatsachenentscheidungen der Schiedsrichter nach Gegentoren mittels Videobeweis überprüfen lassen. Abseits, Torraumabseits, Torwartbehinderung, gab es eine Kick-Bewegung – diese Szenarien könnten fortan sofort kontrolliert werden. Wenn der Trainer mit seiner Challenge daneben liegt, erhält das Team eine Zwei-Minuten-Strafe – so sieht es seit November 2017 das internationale Regelbuch vor.

Veto aus finanziellen Gründen

Bei der letzten WM stand die Coaches Challenge bei der Partie Deutschland gegen Kasachstan hierzulande erstmals im Mittelpunkt des Interesses. Ein Treffer von Matthias Plachta (Adler Mannheim) zur vermeintlichen 2:1-Führung war nach einer kasachischen Coaches Challenge zurückgenommen worden – wegen einer Abseitsposition, die derart knapp ausfiel, das man sie selbst bei mehrfacher Wiederholung der TV-Szenen kaum auszumachen vermochte. Wenig später zappelte der Puck erneut im Netz, weil Plachtas Mannheimer Teamkollege Markus Eisenschmid im Powerplay getroffen hatte. Und wieder nahm Yuri Mikhailis eine Coaches Challenge. Doch diesmal zählte der Treffer. Mit der Folge, dass Kasachstans Nikita Mikhailis für zwei Minuten auf die Strafbank wanderte.

Doch warum haben sich die Clubs gegen die Einführung der Coaches Challenge in der DEL entschieden? „Sie wäre natürlich eine Lösung, aber man muss da schon aufpassen. So einfach ist das nicht“, erläutert Lars Brüggemann, Leiter des Schiedsrichterwesens. „Die Technik mit den Kameraperspektiven spielt eine große Rolle. In der NHL gibt es zum Beispiel zwei Kameras, die sind direkt auf der blauen Linie. So was müsste man natürlich erst mal alles installieren.“

So scheint das Veto vor der Saison vor allem auch eine finanzielle Angelegenheit. „Grundsätzlich glaube ich immer, man sollte für eine Challenge stimmen, aber uns wurde erklärt, dass der Aufwand zwecks Kameras zu groß wäre“, sagt Pinguins-Trainer Thomas Popiesch. „Sportlich will jeder das, aber die Problematik ist doch: Wie viel Geld kostet das. Wenn das pro Stadion, keine Ahnung, 50 000 Euro kostet, weiß ich nicht, ob es den Vereinen das dann wert ist.“

In Bremerhaven hätten zwar auch die Bilder von Magentasport ausgereicht, wie Brüggemann zugab. Allerdings ist Abseits generell gesehen „eine Regel, die ist nicht so einfach, wie man sich die vorstellt. Da gibt es viele Varianten und Möglichkeiten. Es kommt drauf an, ob der Spieler Kontrolle über den Puck hat oder nicht, das ist ja schon wieder eine Ermessenssache. Es ist nicht nur schwarz und weiß“, führt der ehemalige deutsche Nationalspieler mit 449 DEL-Einsätzen weiter aus. „Es kommt auch darauf an, ob ein Puck zurückgepasst wird, ein Spieler angeschossen wird und der Puck springt zurück. Ob ein Spieler hochspringt und mit den Schlittschuhen auf der blauen Linie landet oder in der Zone. Es ist schon sehr komplex.“

Daher spricht vieles dafür, dass die Coaches Challenge doch noch in der DEL eingeführt wird, um solche Situationen wie beim irregulären Tor gegen die Pinguins zukünftig vermeiden zu können. Denn selbst Krefeld hatte die Abseitssituation direkt nach der Partie zugegeben. Für den Moment hilft den Pinguins diese Möglichkeit jedoch nicht. „Es kein Protestgrund oder ein Grund für eine Spielwiederholung. Das ist ausgeschlossen. Der Schiedsrichter hat vielleicht nicht richtig entschieden, aber er hat keine Regel falsch angewendet“, erklärt von Ameln.

Der Fall wird dennoch aufgearbeitet. In erster Linie von Brüggemann. „Natürlich wird mit dem Linienrichter gesprochen. Es sind aber auch noch andere Schiedsrichter auf dem Eis“, so Brüggemann. „Es ist aber natürlich immer sehr, sehr ärgerlich – wobei das eigentlich schon zu gelinde gesagt ist. Solche Situationen tun natürlich schon weh und ich kann sagen, dass sich nach so einer Geschichte kein Schiedsrichter gut fühlt. Definitiv nicht.“

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen