Mannheim. Diese Videoanalyse bürgt garantiert für schlechte Laune. Am gegnerischen Strafraum gibt Pascal Sohm den Ball leichtfertig gegen Vinko Sapina her, der Verler spielt den Ball hinaus auf den linken Flügel, wo Luca Stellwagen völlig ohne Druck Richtung Mannheimer Tor sprinten kann. Seine Hereingabe wird von Julian Riedel vor die Füße von Mael Corboz verteidigt, der mit links einschießt. Das 2:2 für den SC Verl in der fünften Minute der Nachspielzeit. Die Partie wird danach nicht mehr angepfiffen.
Eine ganz bittere Pille für den SV Waldhof. „Wir sind maßlos enttäuscht. Wir bekommen aus dem Nichts das Tor zum 2:1 geschenkt, der Spielverlauf hat die Führung nicht hergegeben. Ein paar Minuten später haben wir uns das wieder nehmen lassen. Das darf niemals passieren“, sagte Sport-Geschäftsführer Tim Schork. In der 90. Minute hatte Alexander Rossipal einen Foulelfmeter zur glücklichen 2:1-Führung verwandelt. Die Mannheimer standen ganz dicht vor einem Auswärtserfolg aus der Kategorie „dreckiger Dreier“, stellten sich aber in der letzten Szene der Partie gegen einen wahrlich nicht übermächtigen Gegner ziemlich tölpelhaft an.
„Ich will da keinem den schwarzen Peter in die Schuhe schieben, das müssen wir als Kollektiv verteidigen“, meinte Trainer Christian Neidhart. Aktien an dem völlig überflüssigen Gegentor hatten aber sicher Sohm und die rechte Waldhof-Seite mit Marten Winkler und Niklas „Willy“ Sommer, der nach seiner Einwechslung für Gerrit Gohlke (24., Gehirnerschütterung) einen wackligen Eindruck hinterließ, sowie in letzter Instanz Verteidiger Riedel.
Eine Abwehr ohne Gohlke?
Der durchwachsene Auftritt in Paderborn geht als erster Dämpfer in einer Saison durch, die mit dem 3:1 gegen Viktoria Köln in der 3. Liga und dem Pokal-Erfolg gegen Zweitligist Holstein Kiel (5:3 n. E.) sehr gut begonnen hat. Die fehlende Cleverness vor dem 2:2, als Neidhart hinterher ein taktisches Foul oder eine Rudelbildung als probates Mittel empfahl, um den letzten Verler Angriff zu unterbinden, war das eine. Die blutleere Waldhof-Vorstellung in der ersten Halbzeit, in der Eduard Probst (41.) die verdiente Führung für die Ostwestfalen erzielte, muss gewiss noch gründlicher aufgearbeitet werden. „Ich hatte nach ein paar Minuten auf dem Platz das Gefühl: Da fehlt der allerletzte Biss, in den Zweikämpfen, in der Aggressivität, in den eigenen Spielzügen. Wir haben einen guten Saisonstart hingelegt, aber das darf nicht dazu führen, dass man vom Gaspedal runtergeht. Die 3. Liga ist eng, da darfst du dir keine 80 oder 90 Prozent leisten“, sprach Kapitän Marcel Seegert Klartext. „In der vergangenen Saison sind wir dem einen oder anderen Punkt hinterher gerannt. Dementsprechend hätte ich auf dieses Erlebnis liebend gerne verzichtet.“
War etwa ein bisschen Überheblichkeit gegen einen vermeintlich kleineren Gegner das Problem? Das dementierte Seegert vehement. „Wir sitzen nicht in der Kabine und denken: Das wird jetzt ein lockerer Kick“, sagte der Ur-Waldhöfer. Dennoch war augenfällig, dass die Verler dem SVW in den Zweikämpfen im ersten Durchgang den Schneid abkauften, und wenn sich für die Kurpfälzer Optionen im Offensivspiel auftaten, kam der finale Pass nicht an.
Dass es auch ganz anders geht, zeigte der Beginn der zweiten Halbzeit, als die Mannheimer – wachgerüttelt von einer deutlichen Pausenansprache Neidharts – die Verler minutenlang in den eigenen Strafraum drückten, zum verdienten Ausgleich durch einen Kopfball von Stefano Russo (51.) kamen – und noch weitere Großchancen vergaben. Diese Drangperiode ebbte jedoch so schnell wieder ab, wie sie gekommen war – bis sich in den Schlussminuten die Ereignisse überschlugen.
Viel Zeit, um über die verlorenen Punkte von Verl nachzudenken, bleibt dem SV Waldhof nicht. Schon am Mittwochabend (19 Uhr) stellt sich Zweitliga-Absteiger Erzgebirge Aue im Carl-Benz-Stadion vor. Die Sachsen sind mit zwei Remis gestartet und trennten sich am Sonntag mit einem 1:1 vom VfL Osnabrück. „Wenn du auswärts einen Punkt mitnimmst, musst du schauen, dass du zuhause gegen Aue wieder nachlegst“, meinte Neidhart, der sich Gedanken über die Besetzung seiner Viererkette machen muss.
Gohlke fehlt mit seiner Gehirnerschütterung gegen Aue sicher. „Das ist sehr ärgerlich, er hat zuletzt sehr stark gespielt. Wenn du deine stabile Achse im Zentrum ersetzen musst, ist das nicht so einfach“, sagte Neidhart, der nach Gohlkes Auswechslung Riedel von der rechten Seite nach innen beorderte und Sommer als Rechtsverteidiger einwechselte. Der Stabilität in der SVW-Defensive tat das eher nicht gut. Denkbar wäre, Riedel gegen Aue wieder als Rechtsverteidiger beginnen zu lassen und im Zentrum Malte Karbstein für Gohlke einzubauen – auch wenn der Neuzugang noch keine Minute auf dem Platz stand.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/vereine_artikel,-sv-waldhof-sv-waldhof-arbeitet-die-verlorenen-punkte-von-verl-auf-_arid,1982454.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,12.html