Welche Fehler hat der SV Waldhof vergangenen Sonntag gemacht? Kann der Verein ausschließen, dass die Ultras – also Anhänger des SV Waldhof – Urheber der Gewalt im Stadion waren? Waldhof-Geschäftsführer Markus Kompp antwortete gestern auf diese Fragen mit Sätzen wie „Wir haben vieles richtig gemacht in den vergangenen Jahren“ oder „Die Ultras müssen helfen, die Verantwortlichen zu finden. Wir nehmen niemanden in Sippenhaft“.
„Pro Waldhof“, der Dachverband der Waldhof-Fans, hat die Ultras Mannheim aus dem Kreis seiner Fanclubs gestern ausgeschlossen. „Der Ausschluss ist unbefristet, gilt aber mindestens solange, bis die Geschehnisse des Spielabbruchs vollständig aufgearbeitet sind“, stand gestern auf der Internetseite des Verbands. Damit werde ein Signal an die Kräfte innerhalb der heterogenen Gruppe der Ultras gesendet, hieß es weiter.
Das Fußballspiel – es ging um den Aufstieg in die 3. Liga – war beim Stand von 2:1 für Uerdingen am Sonntag in der Schlussphase im Mannheimer Carl-Benz-Stadion erst unterbrochen, dann abgebrochen worden. Aus einem Block waren Blendraketen abgefeuert worden, bengalische Feuer entfacht und Böller gezündet worden. Später kam es dann noch in der Stadt zu Krawall und Auseinandersetzungen.
Noch mehr Verletzte
Ein Polizeisprecher sagte gestern auf Anfrage dieser Zeitung, es gebe keine Strafanzeige gegen den Verein. Zurzeit werde geprüft, ob die Pyrotechnik wie Böller und Feuerwerk „organisiert ins Stadion gekommen sind“. Weiter hieß es, die Ermittlungen konzentrierten sich auf Landfriedensbruch, Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Beamte sowie Beleidigung. Nach Angaben der Polizei wurden insgesamt 45 Personen verletzt, es gab zehn Festnahmen, bislang seien 24 Strafanzeigen gefertigt worden.
Der Organisatorische Leiter Rettungsdienst nannte gestern eine höhere Zahl von Verletzten als die Polizei. „Rechnet man alle mit dem Spiel in Zusammenhang stehenden Einsätze innerhalb und außerhalb des Stadions, kommt man auf 80 erkrankte oder verletzte Personen“, sagte er dieser Zeitung. „Es herrschte eine extrem aggressive Grundstimmung vor“, schilderte er die Situation. „Vor meinen Augen wurden Polizisten mit Mülltonnen und Schirmständern beworfen“, sagte er.
Kurz nach dem Spielabbruch sei es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen „einem Mob von rund 100 Personen“ und Polizisten im Bereich der Haupttribüne gekommen, die von der Polizei auch nur durch den Einsatz von Reizgas niedergeschlagen werden konnte. Er stand direkt dabei, viele Unbeteiligte seien in die Reizgasschwaden geraten. „Dadurch gab es dann innerhalb von wenigen Minuten etwa 25 Betroffene, die ich im VIP-Bereich des Stadions sammelte“. Ihnen half er bei der Reinigung der Augen mit Wasser, obwohl er selbst mit Atemwegsreizungen und Augenbeschwerden zu kämpfen hatte. Der Sanitätsdienst im Stadion – 30 Helfer und ein Notarzt – sei zu dieser Zeit durch andere Einsätze gebunden, der reguläre Rettungsdienst ohnehin ausgelastet gewesen. Der Einsatzleiter mobilisierte kurzfristig weitere 45 ehrenamtliche Rettungskräfte von Johannitern, Maltesern und Rotem Kreuz, die sich wegen der gewalttätigen Auseinandersetzungen vor dem Stadion teils weit entfernt unter der Carlo-Schmid-Brücke, teils auf dem Gelände des Bildungszentrums der Bundeswehr postierten. Daher habe man an dem Abend auch nicht mehr alle versorgten oder verletzten Personen sofort erfassen können. Zudem seien die Mobilfunknetze teilweise zusammengebrochen. „Dank der hervorragend agierenden Polizei konnte eine weitere Eskalation mit vielen Verletzten verhindert werden“, so der Zeuge.
Nach Informationen dieser Zeitung hat es am Sonntagabend – mehrere Stunden nach dem Spielabbruch – von etwa 21.30 Uhr bis etwa Mitternacht nochmals eine Art Nach-Feier im Carl-Benz-Stadion gegeben. Wie viele Anhänger zugegen waren, ließ sich nicht ermitteln.
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