3. Liga (mit Fotostrecke)

Ekstase in der Nachspielzeit: SV Waldhof wahrt seine Aufstiegschance

Lange sieht der SV Waldhof gegen den SC Freiburg II wie der sichere Verlierer aus. Doch in der Schlussphase drehen die Mannheimer die Partie - und fahren einen schmeichelhaften Sieg ein

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Alexander Müller
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Bentley Baxter Bahn jubelt über den Sieg der Mannschaft. © Michael Ruffler

Mannheim. Es lief bereits die Schlussphase im Carl-Benz-Stadion, der Aufstiegstraum des SV Waldhof schien beim Stand von 0:1 gegen den SC Freiburg II final ausgeträumt. Doch diese Partie sollte noch eine emotionale Wendung bereithalten. Erst glich Fridolin Wagner (85.) die Freiburger Führung durch Julian Stark (27.) aus, und in der vierten Minute der Nachspielzeit versetzte Baxter Bahns 2:1 fast 9000 Waldhof-Fans am Samstagnachmittag in Ekstase. Mit nun 51 Punkten liegt der SVW weiter fünf Zähler hinter Dynamo Dresden auf dem Relegationsrang und wahrte bei noch sieben ausstehenden Partien in der 3. Liga seine Chance. Der Erfolg gegen die Freiburger U23 fiel allerdings in die Kategorie glücklich – fast eine Stunde waren die Gäste klar überlegen gewesen und hatten es nur verpasst, weitere Treffer nachzulegen. 

Dem Matchwinner war das egal. „Das waren ganz emotionale Momente“, berichtete Bahn über seinen entscheidenden Treffer mit der letzten Aktion des Spiels. „Es war ein schmeichelhafter Sieg, aber so etwas gibt dir schon eine unglaubliche Energie, wenn du in der letzten Sekunde das Tor schießt.“ Zwar hätten die Freiburger mit dem SVW „55 Minuten Katz und Maus gespielt. Aber dann haben wir uns die Partie zurückgeholt. Das zeugt von Mentalität. Dass man ein Spiel, in dem man zurecht zur Pause ausgepfiffen wird, in dem man nichts hinbekommt, noch dreht“, sagte Bahn. 

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Wie der SV Waldhof gegen Freiburg siegte

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Die erste Überraschung gab es schon, als die Zettel mit der Mannschaftsaufstellung verteilt wurden. Daniel Keita-Ruel ersetzte im Angriffszentrum Topscorer Dominik Martinovic – Keita-Ruels erster Startelf-Einsatz seit dem 22. Oktober 2022 beim 1:2 gegen Essen. „Keita hat im Hinspiel in Freiburg getroffen. Er hat jetzt lange nicht mehr von Anfang an gespielt und es sich verdient. Wir hoffen auf seine Kopfballstärke“, begründete Coach Christian Neidhart die Entscheidung vor dem Anpfiff. Die Mannheimer Hoffnungen ruhten zudem auf der Rückkehr von Kapitän Marcel Seegert (nach Adduktorenproblemen) und Adrien Lebeau im offensiven Mittelfeld (nach Muskelfaserriss). 

"Schwächste Halbzeit der Saison"

Was die 8866 Zuschauer im Carl-Benz-Stadion in der ersten Halbzeit zu sehen bekamen, war aus Waldhof-Sicht mit einem Wort zusammengefasst: gruselig. Die komplett verunsicherten Mannheimer brachten kaum einen Ball an den eigenen Mann, verloren alle wichtigen Zweikämpfe, zeigten eine verheerende Körpersprache, setzten keinen Torschuss ab – und konnten heilfroh sein, dass die Freiburger ihre Dominanz nur in ein vergleichsweise schmales Ergebnis ummünzten. „Freiburg hat das richtig gut gemacht. Wir hatten echt Probleme.  Das Positive an der ersten Halbzeit war, dass es nur 0:1 stand“, sagte Neidhart hinterher. 

Schon nach 52 Sekunden setzte Max Rosenfelder den Ball nach einer Ecke am langen Pfosten aufs Tornetz, der Tabellenzweite aus dem Breisgau stieß auch in der Folge auf keinen nennenswerten Widerstand. In der 27. Minute kombinierten sich die Freiburger stark durch die Waldhof-Hälfte, Julian Stark erledigte mit einem trockenen Abschluss aus zehn Metern zum 1:0 das Wesentliche. Vincent Vermeij (35.) frei vor SVW-Keeper Jan-Christoph Bartels und Merlin Röhl (38.) vergaben noch vor der Pause weitere Großchancen. 8:0 Eckbälle für die Gäste sprachen Bände über die einseitigen Kräfteverhältnisse. "Wir haben eines unseres besten Spiele gemacht und waren 70, 75 Minuten die klar bessere Mannschaft. Wir haben viele Chancen liegengelassen. Dann fühlt es sich extrem bitter an. Wenn wir hier das zweite Tor machen, gewinnen wir", sagte Freiburgs Trainer Thomas Stamm. 

Der Waldhof präsentierte sich hingegen völlig konfus und zeigte einen unterirdischen Auftritt: Keita-Ruel war ein Totalausfall, allerdings bei weitem nicht der einzige in Blau-Schwarz. Auch Lebeau brachte nichts Konstruktives zuwege. Seegert, bei dem die Adduktorenblessur Mitte der ersten Halbzeit offensichtlich wieder aufgebrochen war, hielt mit einem dicken Verband um den Oberschenkel weiter durch, obwohl er sehr unrund lief. Ausgewechselt wurde „Cello“  bis zum Abpfiff nicht. „Wir waren ständig im Kontakt. Er hat nur ein bisschen Probleme beim Passen gehabt. Hut ab, dass er sich  in so einer Partie nicht herausgenommen, sondern 90 Minuten durchgebissen hat“, sagte Neidhart. 

Irgendwann verloren auch die Waldhof-Fans ein wenig die Geduld. Mit einem gellenden Pfeifkonzert verabschiedeten die Anhänger ihr bis dahin desolates Team in die Kabine, vereinzelt waren auch „Neidhart-raus“-Rufe zu hören. „Man muss sagen, wir waren in allen Belangen unterlegen. Man merkt schon eine gewisse Unsicherheit. Die drei Niederlagen in Folge machen sich bemerkbar. Es war meiner Meinung nach die schwächste Halbzeit dieser Saison“, sagte der verletzte SVW-Profi Marco Höger als Halbzeitgast bei „MagentaSport“. 

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Mit dem Wechsel Martinovic für Pledl versuchte Neidhart einen Impuls zur Besserung zu setzen. Eine Reaktion des SVW war allerdings zunächst nicht zu sehen. Im Gegenteil: Freiburg vergab munter weiter Chancen auf den zweiten Treffer. Wie in der 50. Minute, als beim Versuch des freigespielten Mika Baur nur Zentimeter fehlten. Kurz danach kamen auch Marc Schnatterer und Pascal Sohm auf den Rasen. In der neuen personellen Konstellation lief es besser für die Kurpfälzer, die jetzt Druck erzeugten. Und nach einer guten Stunde (!) zur ersten Torgelegenheit kamen: Freiburgs Yannik Engelhardt kratzte Fridolin Wagners Kopfball von der Linie (62.).  

Auf einmal war der lange vermisste Zug in den Mannheimer Aktionen. Gegen den frei vor ihm auftauchenden Martinovic parierte Freiburgs Torhüter Noah Atubolu großartig (67.), Winkler jagte den Ball aus 18 Metern knapp über die Querlatte (68.). 

Nachdem Bartels die nächste Chance der Freiburger aufs 2:0 gegen Vincent Vermeij vereitelt hatte (83.), belohnte sich der Waldhof doch noch für seine anständige zweite Halbzeit. Und zwar sehenswert: Wagner zirkelte den Ball vom Strafraumeck in den Winkel (85.).  In der wilden Schlussphase vergab erst Vermeij (87, 89.) zwei weitere Möglichkeiten, bevor der emotionale Schlussakkord gespielt wurde. Sohm holte clever einen Eckball heraus, das Stadion tobte. Schnatterer trat an, Wagner verlängerte mit dem Kopf – und Bahn stocherte den Ball über die Linie.  „Schon als wir die Ecke herausgeholt haben, war der Ball fast drin. Man spürt ja, dass da was brennt“, sagte Schnatterer nach dem Abpfiff – und verkündete noch, was seit einigen Wochen absehbar war. Der Heilbronner wird seine aktive Karriere nach dieser Saison beenden. 

Das nächste Spiel: Essen gegen SV Waldhof (Sonntag, 16.04.2023, 14:00 Uhr). Alle Spiele der 3. Liga live bei MagentaSport.



Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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