Mannheim. Das Kulturhaus Waldhof leerte sich am Montagabend gegen 22.30 Uhr langsam, als Präsident Bernd Beetz in kleiner Journalisten-Runde noch einmal seine Sicht auf die Mitgliederversammlung des SV Waldhof bilanzierte – und vergleichsweise offene Antworten auf die Brennpunkte beim kriselnden Mannheimer Drittligisten gab. Wie geht es weiter mit Geschäftsführer Markus Kompp, den viele Mitglieder zuvor in unmissverständlicher Art und Weise als Grundübel der aktuellen SVW-Probleme attackiert hatten? Wann endet seine Geduld mit Trainer Rüdiger Rehm und Sportchef Tim Schork? Und wird er Geld für notwendige Verstärkungen im Winter zu Verfügung stellen? Zur Sache, Herr Beetz.
„Ich fühle mich relativ gut. Es war ein guter, sehr direkter Austausch. Ich habe eine Menge nachzudenken“, erklärte Beetz zu seinem persönlichen Fazit eines teils emotionalen Abends, der aber bei aller Kritik aus den Reihen der Mitglieder an der Vereinsspitze immer im Rahmen blieb. Im Zentrum der Wortmeldungen von der Basis standen dabei ein wenig überraschend nicht etwa Trainer Rehm oder Sportchef Schork, sondern Kompp, dem ein Waldhöfer eine „Bilanz des Schreckens“ vorhielt.
„Das ist schwierig“
In fast jedem Diskussionsbeitrag wurde Beetz aufgefordert, den umstrittenen Geschäftsführer so schnell wie möglich zu entlassen. Einige der Vorwürfe, frei formuliert: Kompp spalte die Waldhof-Familie, habe die Seele des Vereins nie verstanden und sei aufgrund seiner Fehlleistungen und Affären schon lange nicht mehr tragbar. Der Chef der Spielbetriebs-GmbH war der Versammlung vor 336 Stimmberechtigten ferngeblieben, weil es laut Beetz Drohungen gegen ihn gegeben habe. „Es gab Übergriffe, bei denen Reifen zerstochen wurden. Es ist schon einiges an Mist passiert“, berichtete der Mäzen.
Die Mitgliederversammlung wirkte wie ein Tribunal gegen Kompp. Und die geballte Kritik hat beim Präsidenten, der sich bisher immer vor den Geschäftsführer gestellt hat, offenbar einen Prozess des Umdenkens und Abwägens in Gang gesetzt. „Ich bewerte das so, wie es mir zugetragen worden ist. Ich werde meine Mitglieder nicht ignorieren“, sagte Beetz. Ist eine weitere Zusammenarbeit unter diesen Umständen denkbar? „Das ist schwierig.“ Kann das dazu führen, dass man sagt, es geht einfach nicht mehr? „Es könnte.“ Aussagen, die vor ein paar Wochen noch undenkbar schienen. Beetz äußerte seine Enttäuschung darüber, dass es im von Kompp direkt verantworteten Sponsoringbereich keine Fortschritte gebe („Damit bin ich nicht zufrieden“) und distanzierte sich unter dem Eindruck der Proteste der Mitglieder, die mehrfach lautstark „Kompp muss weg“ skandierten, erstmals in den vergangenen sieben Jahren vernehmlich von seinem Geschäftsführer.
Selbst wenn Reizfigur Kompp tatsächlich seinen Job verlieren sollte, bleibt die prekäre sportliche Situation. Der SVW schwebt als Drittletzter in der Drittliga-Tabelle in akuter Abstiegsgefahr, hat seit neun Pflichtspielen nicht mehr gewonnen. Die angeschlagene sportliche Leitung um Trainer Rehm und Manager Schork genießt vorerst weiter das Vertrauen des Präsidenten, der aber auch eine klare Erwartungshaltung formulierte. „Bis zum Ende des Jahres müssen wir über dem Strich stehen“, sagte Beetz, gefragt nach dem möglichen Zeitpunkt personeller Konsequenzen. Und: „Ich versuche, ein bisschen differenziert draufzuschauen. Es waren nicht alle Spiele schlecht. Die erste Halbzeit gegen Verl war gut, das Spiel hätten wir ziehen müssen (Endstand 1:2, d. Red.). Das schaffen wir nicht, da müssen wir dranbleiben. Unser Stand in der Tabelle korreliert nicht mit unserem Budget. Das ist eine Schwäche, da müssen wir ran.“
Von der Idee eines zum Beispiel mit früheren Profis oder Trainern besetzten Beratergremiums, um die sportliche Kompetenz im Verein zu stärken, hält Beetz allerdings wenig. „Der Sport ist so schnelllebig und die Konzepte von gestern sind nicht die Konzepte von heute. Unsere Stärke war immer unsere Fähigkeit, schnell zu entscheiden“, betonte der Präsident.
Bis Weihnachten müssen auf jeden Fall Punkte her. Der SVW spielt im Jahr 2023 noch gegen den FC Ingolstadt, beim SV Sandhausen, gegen Erzgebirge Aue und 1860 München. Momentan liegen die Mannheimer schon vier Punkte hinter dem ersten Nichtabstiegsplatz.
Im Winter will Beetz dann noch einmal in die eigene Schatulle greifen, um die Mannschaft zu verstärken. „Ja, die Mittel werden zur Verfügung gestellt.Es muss nur der richtige Spieler her“, sagte der 73-Jährige, der auch seine Bereitschaft erklärte, ein Vorbereitungstrainingslager in der Türkei oder Spanien im Januar zu finanzieren.
Und selbst im Fall des schlimmsten Szenarios will der Investor den strauchelnden Mannheimer Traditionsverein nicht im Stich lassen. „Ich will nicht absteigen“, bekundete Beetz. Aber wenn dies passieren sollte, werde er an Bord bleben. „Klar gehe ich auch mit in die 4. Liga.“
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