Fußball

Ein Sonntag für die Geschichtsbücher des SV Waldhof

Vor 40 Jahren bestreitet der damalige Aufsteiger SV Waldhof am 13. August 1883 sein erstes Bundesliga-Spiel - und düpiert gleich den amtierenden Vizemeister Werder Bremen mit einem 2:0-Sieg. Zeitzeugen erinnern sich.

Von 
Andi Nowey
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Mannheim. Der 13. August 1983 ist mehr als ein beliebiges Datum, es ist für die Fans des SV Waldhof ein Meilenstein, ein Stück Vereinsgeschichte, ein Tag, auf den man einfach stolz sein kann. Neben dem Einzug in das Finale des Tschammer-Pokals, einem Vorläufer des heutigen DFB-Pokals, im Jahr 1940, ist der Aufstieg in die Bundesliga sicher als größter Erfolg in der Geschichte des SV Waldhof Mannheim zu werten. Am Sonntag vor genau 40 Jahren bestritten die Blau-Schwarzen dann ihre Bundesliga-Premiere gegen den SV Werder Bremen.

Der Waldhof war nun erstklassig, das letzte Jahrzehnt, geprägt von finanziellen Problemen und dem Mitschwimmen in der 2. Bundesliga, war auf einmal ein abgeschlossenes Kapitel in der Vereinschronik. Der Aufstieg, weder geplant noch im Vorfeld erwartet, hatte rund um den Alsenweg zu einer riesigen Euphorie geführt. Der Gegner Werder Bremen, damals aktueller Vizemeister, war, anders als heute, eine große Nummer im deutschen Fußball. Rudi Völler, Dieter Burdenski, Frank Neubarth, Norbert Meier, Klaus Fischer – die Klasse, die die Hanseaten aufboten, genügte durchaus schon für internationale Weihen.

„Wir hatten eine gute Mannschaft“

„Respekt ist das falsche Wort. Es war eine große Freude, gegen solche Spieler anzutreten“, sagt Roland Dickgießer, ein Mann der ersten Bundesliga-Minute des SV Waldhof. „Druck verspürten wir nicht, wir wussten ja, dass wir auch eine gute Mannschaft hatten.“ Dieses Selbstbewusstsein, dieser Zusammenhalt, dieses harmonische Gefüge, alles gefördert durch Trainer Klaus Schlappner, trugen die Kurpfälzer durch diese Partie und anschließend durch das komplette erste Bundesliga-Jahr. 42 000 Zuschauer waren Augenzeuge, es war die bis dato größte Heimspiel-Kulisse des SV Waldhof Mannheim.

Möglich war das nur, weil die Mannheimer nicht nur ihr Stadion und die Heimatstadt, sondern gleich das Bundesland wechselten und fortan im Südweststadion in Ludwigshafen ihre Heimspiele austrugen. „Damals war das Stadion noch in einem ordentlichen Zustand“, blickt Dickgießer zurück. Bereits im Januar 1983, als der SV Waldhof in der 2. Bundesliga eine Erfolgsserie gestartet hatte, wurde ein Bundesliga-Aufstieg und damit ein Gastspiel auf der anderen Rheinseite erstmals thematisiert. Parallel lebten die Diskussionen rund um einen Neubau eines Rhein-Neckar-Stadions am heutigen Standort des Carl-Benz-Stadions wieder auf. Am 30. März 1983 erhielt der SVW vom DFB dann grünes Licht für einen Umzug nach Ludwigshafen. Eine Woche vor dem Bundesliga-Auftakt probten Mannschaft und Verantwortliche gegen die Grasshoppers Zürich (1:0) für den Ernstfall.

„Wir sind in Ludwigshafen mit offenen Armen empfangen worden. Alle sind gewillt, uns ganz unbürokratisch zu helfen. Wir fühlen uns jetzt schon rundum wohl im Südweststadion“, gab Schlappner seinerzeit zu Protokoll. Nicht nur zu den Spielen, auch zu den Trainingseinheiten, siedelten die Mannheimer Bundesliga-Kicker nach Ludwigshafen über. Als der große Tag gekommen war, war für den bislang familiär geprägten SV Waldhof alles eine Dimension größer: 200 Ordner, 120 DRK-Helfer, vier Krankenwagen, ein Notarztwagen, eine neu angeschaffte Funkanlage, um im Notfall kritische Situationen schnell zu meistern. In Mannschaftskreisen war die Vorfreude auf den Auftakt zu spüren.

„Es war ein ganz wichtiges Spiel für uns, für den Verein und die vielen Fans. Wir waren in dem Moment auch froh, dass die Vorbereitung, die bei Schlappi auch sehr anstrengend war, endlich vorbei war“, erinnert sich Dickgießer. Im Stimmungsbarometer würde der Waldhöfer Ehrenspielführer den Alsenweg aber vor dem Südweststadion ansiedeln: „In den letzten Spielen in der 2. Liga war es am Waldhof auch immer proppenvoll. Durch die Enge war das immer die Hölle für die Gegner. In Ludwigshafen waren viel mehr Leute, alles war weitläufiger und die Stimmung gewaltig – aber nicht so intensiv wie am Alsenweg.“ Auch die Fans nahmen die eine oder andere Strapaze in Kauf, um das Spiel zu erleben. Oliver Niegel, auch heute noch auf der Otto-Siffling-Tribüne bei jedem Spiel dabei, erinnert sich: „Wir waren auf dem Heimweg aus dem Kärnten-Urlaub und hatten wegen Stau Verspätung. Alles war zeitlich sehr knapp. Wir haben dann meine Schwester und Mutter zuhause abgesetzt und mit meinem Vater bin ich dann direkt weiter ins Südweststadion. Zur 20. Minute waren wir da, da stand es bereits 1:0.“

Von 42 000 Fans getragen

Bereits nach sieben Minuten hatte Alfred Schön das Südweststadion ein erstes Mal erzittern lassen. Dickgießer hat diesen Treffer noch heute vor Augen: „Der Alfred hat einen 50-Meter-Lauf hingelegt, war nicht zu halten und hat ihn dann reingemacht.“ Anschließend wurden die Waldhof-Kicker nicht nur von der eigenen, sondern auch von der Begeisterung der Fans getragen. Nach Fritz Walters Tor zum 2:0 (23.) war Waldhof auf der Siegerstraße. Der erste Bundesliga-Sieg wurde unter Dach und Fach gebracht. „Ein taktisch hervorragend eingestellter SV Waldhof, der verdient gewann“, schwärmte sogar Berti Vogts auf der Tribüne. Am Ende der Saison landete der SVW auf Platz elf – einen Rang vor dem neuen Rivalen 1.FC Kaiserslautern, der damals heftig gegen den Umzug der Mannheimer nach Ludwigshafen gewettert hatte.

Alfred Schöns Sternstunde: Schon nach sieben Minuten erzielte der SVW-Profi (links) das erste Bundesliga-Tor der Mannheimer. Keeper Burdenski ist machtlos. © Hartung

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