Sandhausen. „Hau ab, hau ab, Nazis raus, Nazis raus“ - ein Video aus Sandhausen kursiert seit dem Wochenende in den sozialen Netzwerken. Veröffentlicht hat es unter anderem die „Kurfürstlich Kurpfälzische Antifa“, eine antifaschistische Gruppierung, auf ihrer Facebook-Seite. Auf den Aufnahmen zu sehen sind Bürger aus Sandhausen, die einen Mann wegjagen, der zuvor ihre Versammlung auf dem Festplatz des 15 000 Einwohner zählenden Ortes gestört hat. Bei dem breitschultrigen, mit Muskeln bepackten Mann, der sich rückwärtslaufend und dabei seinerseits filmend einer geringen Anzahl an Leuten entzieht, handelt es sich offensichtlich um den in der rechten Szene bekannten Marco Kurz. Er ruft den ihm hinterherlaufenden Personen entgegen: „Alle sind willkommen, alle sind willkommen.“
Bei Aufmärschen von Rechten immer wieder vertreten
Kurz stammt aus Ottersweier im Kreis Rastatt. Nachdem Ende Dezember 2017 im pfälzischen Kandel die 15-jährige Schülerin Mia von einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling aus Afghanistan ermordet worden war, machte Kurz besonders viele Schlagzeilen, indem er den Fall für pauschale Diffamierungen gegenüber sämtlichen Minderheiten instrumentalisierte. Das sogenannte Frauenbündnis Kandel hatte in ihm bis zu seinem Ausstieg dort einen Protagonisten. Aber auch schon in den Jahren davor war Kurz in der Region immer wieder vertreten, wenn Aufmärsche von Rechten angekündigt waren.
Teilnehmer gefilmt und live übertragen
Protagonist war Kurz auch am Sonntag, denn da versammelten sich in Sandhausen rund 200 Menschen, um ihre Stimme gegen rechte Strömungen zu erheben. Das neu gegründete „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ hatte dazu aufgerufen. Tanja Diem, Vorsitzende des evangelischen Kirchengemeinderats, war eine der Moderatorinnen. Sie beschrieb am Montag gegenüber dieser Redaktion das Verhalten von Marco Kurz, der ihr vorher nicht bekannt gewesen sei. Er habe die Teilnehmer gefilmt, was einigen missfallen habe. Es habe die Bitte an ihn gegeben, sich zurückzuhalten. Einige Teilnehmer hätten ihn direkt mit Namen angesprochen, während Kurz Videobilder von der Veranstaltung live in einem seiner Social-Media-Kanäle übertragen habe.
Marco Kurz berichtet von Schlägen und Verfolgung
Bei Kurz’ Versuch, auf die Bühne zu kommen und von dort aus zu filmen, so hat es Diem erzählt bekommen, habe sich eine Teilnehmerin der Versammlung in den Weg gestellt. Kurz habe sich seinen Weg an ihr vorbei bahnen wollen, und die Frau sei Treppen heruntergefallen und auf dem Boden gelandet. Zu größeren Verletzungen ist es dabei offensichtlich nicht gekommen. Kurz seinerseits hat auf seinem Telegram-Kanal berichtet, dass er von mehreren Versammlungsteilnehmern aktiv angegriffen worden sei. Das Handy habe man ihm entreißen wollen. „Mehrere Teilnehmer schlugen auf mich ein und verfolgten mich“, schreibt er. Anschließend macht sich Kurz, inzwischen selbst Sandhausener, noch darüber lustig, dass in der Gemeinde mit 15 000 Einwohnern so wenig zu diesem „Schauspiel“ gekommen seien.
Währenddessen hat die Polizei, die einem Sprecher zufolge am Sonntag mit sechs Leuten vor Ort gewesen sei, Ermittlungen eingeleitet. Genauer gesagt befasst sich der Staatsschutz bei der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg mit der Sache. Es sei zu wechselseitigen Straftaten gekommen. Für den Störer habe es einen Platzverweise gegeben. Dann habe sich alles beruhigt.
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