Mannheim. In Lauerstellung hinter den Aufstiegsplätzen: Der SV Waldhof hat sich in der Hinrunde zu einem unumstrittenen Top-Team der 3. Liga entwickelt und kann im neuen Jahr vom großen Wurf träumen – der Rückstand des Tabellenvierten auf den Zweiten Eintracht Braunschweig beträgt nur zwei Punkte. Wer sind die Gewinner und positiven Überraschungen bei den Mannheimern? Wer hat enttäuscht? Wir verteilen die Halbjahres-Zeugnisse. Bewertet werden dabei nur Spieler, die bisher mindestens 90 Minuten auf dem Platz standen.
Tor
Timo Königsmann: Der Keeper bekam vom Start weg das Vertrauen als Nummer eins und rückte auch nach seiner Corona-Auszeit wieder zwischen die Pfosten. Auf der Linie weiter eine Bank, aber in der Strafraumbeherrschung und mit dem Fuß mit Luft nach oben. Bei Viktoria Berlin und bei den Münchner Löwen fing sich Königsmann zudem zwei richtige „Gurken“. Note: 3+
Jan-Christoph Bartels: Der Wiesbadener musste sich mit der Reservistenrolle begnügen und kam nur zu drei Einsätzen, als Kollege Königsmann erkrankt ausfiel. Dabei absolvierte er zwei solide Partien, der Gegentreffer aus fast 50 Metern in Freiburg schaffte es jedoch in die Rubrik „Tor des Monats“. Note: 3
Abwehr
Jesper Verlaat: Seitdem der Niederländer von Verletzungen verschont bleibt, ist er zu einer fast unersetzlichen Stammkraft beim SVW geworden. Verlaat hat mit etlichen starken Auftritten bewiesen, warum die 3. Liga sicher nicht das Ende seiner persönlichen Karriere-Möglichkeiten darstellt. Von einzelnen Ausnahmen abgesehen, ist auf den früheren Sandhausener Verlass – sowohl in der Luft als auch auf dem Boden. Note: 2+
Marcel Seegert: Der Kapitän und Wortführer präsentiert sich bisher in der besten Verfassung seiner Karriere. „Cello“ ist ein entscheidender Baustein für den Erfolg des SVW, zusammen mit Verlaat bildet er eines der stärksten Innenverteidiger-Duos der Liga. Und auch in der Offensive setzt das Fan-Idol mit drei Toren und zwei Vorlagen wieder Akzente. Note: 1-
Anton Donkor: Mit einer starken Vorsaison hatte der Linksverteidiger das Interesse einiger niederländischer Erstligisten geweckt. Er blieb in Mannheim und kämpft seitdem mit Formschwankungen – unter anderem verursacht durch die Folgen einer Covid-Infektion im Sommer. Defensiv mit Schwächen und ohne den früheren Punch bei Offensivaktionen. Donkor verlor zwischenzeitlich seinen Stammplatz an Neuzugang Alexander Rossipal und wird sich straffen müssen, wenn er nicht regelmäßig nur auf der Bank sitzen will. Note: 3-
Marcel Gottschling: Der frühere Kölner kam im vergangenen Januar auf Wunsch von Trainer Patrick Glöckner nach Mannheim, der schon bei der Viktoria mit Gottschling zusammengearbeitet hatte. Durchgesetzt hat sich der 27-jährige Rechtsverteidiger beim SVW nicht, in dieser Saison rutschte er zeitweise sogar aus dem Spieltagskader. Und als er im Topspiel in Magdeburg (0:3) mal wieder von Beginn an ran durfte, war er überhaupt nicht auf der Höhe des Geschehens. Note: 4-
Niklas Sommer: Den Trikotverkauf kurbelte der Instagram-Star kräftig an, auf dem Platz zeigte „Willy“ allerdings wechselhafte Leistungen, wobei er als einziger in jedem Pflichtspiel auf dem Rasen stand. Richtig starke Auftritte wie beim 2:0-Coup im DFB-Pokal gegen Eintracht Frankfurt waren insgesamt zu selten, an schwächeren Tagen wirkt sein Spiel weiterhin zu wild und undiszipliniert. Note: 3-
Alexander Rossipal: Eine echte Verstärkung. Rossipal kam aus Sandhausen und erwies sich auf Anhieb als defensive Allzweckwaffe. Ob als Linksverteidiger, in der Abwehrzentrale oder im defensiven Mittelfeld – der Schwabe ruft verlässlich ab und hat sich bis zu seiner Verletzung im November zu einer Konstante beim Waldhof entwickelt. Note: 2
Gerrit Gohlke: Am gebürtigen Darmstädter scheiden sich seit jeher die Geister. Die einen halten ihn für ein Abwehrtalent mit großer Zukunft, die anderen für tendenziell überbewertet. Fest steht: Die abgelaufene Hinrunde muss Gohlke auf jeden Fall als klaren Rückschritt verbuchen. Nur zwei Einsätze über die komplette Distanz stehen zu Buche – auch durch etliche krankheits- und verletzungsbedingte Auszeiten. Der 22-Jährige muss das neue Fußball-Jahr für einen persönlichen Neustart nutzen. Note: 4
Mittelfeld
Hamza Saghiri: Die erhoffte Leistungsexplosion ist es zwar nicht geworden, aber Saghiri profitiert im defensiven Mittelfeld enorm von der Erfahrung seines Kölschen Kumpels Marco Höger. Fußballerisch sieht das oft sehr fein aus, was der 24-Jährige auf den Platz bringt – nur seine Quote muss Saghiri weiterhin verbessern. Ein Tor und keine Vorlage sind zu wenig für einen Mann, der aufgrund seines Stellenprofils als Achter auch für offensive Impulse zuständig ist. Note: 3+
Marcel Costly: Bei ihm ist es die gleiche Geschichte wie in der vergangenen Saison. Wenn das in Mannheim gelandete Nordlicht aus Achim bei Bremen mehr Effizienz bei der Vorbereitung und im Abschluss hinbekäme, würde er garantiert nicht mehr lange in der 3. Liga spielen. So bleibt der schnelle Costly (2 Tore/2 Vorlagen) immer noch ein sehr wichtiger Leistungsträger im Waldhof-Gefüge, zumal er von Außenverteidiger bis (Konter)-Stürmer alles auf gehobenem Niveau spielen kann. Note: 2-
Marco Höger: Viele waren skeptisch, ob der frühere Schalker und Kölner im Herbst seiner Karriere noch einmal in die für Profi-Fußball notwendige körperliche Verfassung kommen kann. Höger hat bewiesen: Er kann. Der 32-Jährige ist mit seiner Spielintelligenz die erhoffte Top-Verstärkung im Mittelfeld geworden. Höger zeigt keinerlei Star-Allüren – man nimmt ihm den Spaß ab, vor den frenetischen Waldhof-Fans spielen zu dürfen. Note: 2
Fridolin Wagner: Der ehemalige Uerdinger hat sich als sinnvolle Ergänzung des Kaders erwiesen. Über 90 Minuten gespielt hat Wagner bisher selten, aber wenn er auf dem Platz steht, muss man sich keine Sorgen machen. Ein stabiler, flexibler Drittliga-Spieler, der eine physische Note ins Spiel bringt. Note: 3
Stefano Russo: Nach Högers Verpflichtung musste der Ludwigshafener die dauerhafte Reservistenrolle fürchten – aber Russo kam in der ersten Halbserie zu immerhin 13 Liga-Einsätzen, bei denen er seine Fähigkeiten als Mittelfeld-Abräumer mit Potenzial für die Zukunft unter Beweis stellte. Note: 3+
Mohamed Gouaida: Die Vertragsverlängerung mit dem Franko-Tunesier überraschte so manchen Beobachter, seinen Status als Ergänzungsspieler konnte Gouaida auch in dieser Saison nicht überwinden. Nach fünf Einsätzen zu Beginn der Spielzeit verschwand er Ende Oktober von der Bildfläche. Note: 5
Angriff
Baris Ekincier: Gemessen an seinen Trainingsleistungen sagte Trainer Glöckner über den Neuzugang vom VfL Bochum, dass der SVW noch viel Freude an dem 22-Jährigen haben werde. Bislang kam der Außenstürmer aber nicht über acht Kurzeinsätze hinaus und muss noch beweisen, dass er eine Verstärkung sein kann. Note: 4-
Marc Schnatterer: Die Kult-Figur aus Heidenheim zählt zu den Erfolgsgaranten des SV Waldhof im ersten Halbjahr. Der 36-Jährige ist ein Vorbild an Laufbereitschaft und Einsatzwillen. Er hob das Spiel des SVW vor allem mit seinen Flanken und Standards auf ein neues Niveau, das den Mannheimern im Vorjahr völlig abging. Zudem stehen sieben Tore und vier Vorlagen zu Buche. Wer dachte, der Routinier würde in Mannheim seine Karriere ausklingen lassen, war auf dem falschen Dampfer. Dieser Mann hat weiter große Lust aufs Kicken und vertritt den Waldhof zudem bestens nach außen. Note: 1
Gillian Jurcher: Nachdem der Angreifer in der Vorsaison überhaupt nicht Fuß fassen konnte, kam er ab September in jedem Spiel regelmäßig zu Joker-Einsätzen. Körpersprache und Ballbehauptung sind klar verbessert. Auch den entsprechenden Willen kann Jurcher, der im Vorjahr oft wie ein Fremdkörper wirkte, niemand absprechen. Was bislang fehlt, ist das, woran Stürmer gemessen werden: ein Tor. Note: 3-
Joseph Boyamba: Der flinke Dribbler auf der rechten Seite traf zu Beginn der Saison in regelmäßigem Abstand (5 Tore) und wirbelte die gegnerischen Abwehrreihen mit seinen Kollegen gehörig durcheinander. Gegen clevere Abwehr-Kanten bekam der 25-Jährige zuletzt aber deutlich Probleme mit der Standfestigkeit und baute etwas ab. Note: 2-
Dominik Martinovic: Bester Torjäger (10), bester Scorer (15 Punkte), erster Dreier-Pack – der Stürmer war an jedem zweiten Waldhof-Treffer direkt oder indirekt beteiligt. Kleines Manko: Da war sogar noch mehr drin, und in den jüngsten drei Spielen tauchte der 24-Jährige etwas ab. Dennoch die Tor-Versicherung der Blau-Schwarzen. Note: 2+
Adrien Lebeau: Der Neuzugang aus Frankreich beeindruckte mit Tempoläufen und Zug zum Tor und krönte seinen verheißungsvollen Einstand mit dem Batman-Jubel beim 3:0 gegen Türkgücü München. Spätestens da zählte der 22-jährige Lothringer zu den Publikumslieblingen, „Allez, Lebeau!“, gehört mittlerweile zu den Sprechchor-Standards. Kam nach seiner Muskelverletzung zuletzt aber nicht mehr so richtig in die Gänge. Note: 3+
Der Trainer
Patrick Glöckner: Der Frankfurter hat viele Kritiker Lügen gestraft. Dass der SV Waldhof zu einem Top-Team der 3. Liga avanciert ist, hängt auch mit Glöckners guter Arbeit zusammen. Die Spielidee wird umgesetzt, das Teamgebilde wirkt viel stabiler als in der Vorsaison. Negativ in seine persönliche Bilanz geht allerdings das 0:0 im Derby in Kaiserslautern, als er auch mit zwei Mann mehr auf dem Platz keine taktische Lösung gegen das Pfälzer Abwehrbollwerk fand. Note: 2
Ohne Wertung
Der junge Torhüter Lucien Hawryluk (21) ist in der internen Hierarchie klar die Nummer 3 hinter Königsmann und Bartels. Außenbahn-Talent Emmanuel Kouadio wartet als U-23-Spieler noch auf seine ersten Ligaminuten in dieser Saison. Verteidiger Jan Just, Mittelfeld-Renner Onur Ünlücifci und Mittelstürmer Anthony Roczen beschäftigten sich in der Hinrunde notgedrungen fast nur mit Verletzungen und Arbeit in der Reha.
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