Mit diesem Anruf hatte Kevin Bicker nicht gerechnet. Der 18-Jährige wollte sich am 29. Juni in Mannheim eigentlich gerade auf den Weg zum Sommertraining machen, als sein Smartphone klingelte. Am anderen Ende der Leitung war der Partner seines Beraters, der sich aus dem US-amerikanischen Nashville - und damit direkt vom diesjährigen NHL-Draft - bei ihm meldete und ihn beglückwünschte. Der Grund: Die Detroit Red Wings hatten den Stürmer in der fünften Runde an Position 147 ausgewählt - so früh, wie keinen anderen deutschen Eishockey-Nachwuchsspieler in diesem Jahr.
„Im ersten Moment habe ich es gar nicht verstanden, weil ich dachte, ich werde wegen etwas anderem angerufen. Aber dann habe ich es realisiert und war natürlich sehr glücklich darüber“, erinnert sich der ehemalige Spieler der Jungadler Mannheim, der für die kommenden drei Jahre bei den Löwen Frankfurt unterschrieben hat. Die anschließende Trainingseinheit, die er mit seinem ehemaligen Mitspieler Linus Brandl absolvierte, erledigte das Talent naturgemäß mit einem gewissen Hochgefühl. Mehr allerdings auch nicht.
Flughafen statt Schule
Bicker, der noch die zwölfte Klasse auf dem Sportinternat in Mannheim abschließen musste, machte sich zunächst keine weiteren Gedanken über seine sportliche Zukunft und legte sich schlafen. „Ich habe ja auch eigentlich gedacht, dass ich am nächsten Tag entspannt in die Schule gehe, doch dann bin ich zufällig um 6 Uhr morgens aufgewacht und habe eine Nachricht auf meinem Handy gesehen“, sagt Bicker. In dieser stand, dass er um 11.50 Uhr im Flieger Richtung Detroit sitzen soll. Das Prospect Camp der Red Wings für Nachwuchsspieler stand an. „Da habe ich schnell alle Sachen zusammengepackt und bin los“, sagt Bicker und musst lachen.
Statt zur Schule ging es für den gebürtigen Franken also zum Frankfurter Flughafen. In Detroit selbst war dann laut dem Linksschützen alles top organisiert. „Das lief alles reibungslos. Zudem waren alle sehr nett. Man wurde super aufgenommen und alle haben miteinander gesprochen, das war eine sehr schöne Atmosphäre “, berichtet Bicker von seinen Eindrücken aus Detroit.
Drei-gegen-Drei am letzten Camp-Tag
Nach den anfänglichen Ausdauer-, Geschwindigkeits-, Sprung- und Krafttests standen für den schnellen, zweikampfstarken sowie geradlinigen 1,85 Meter großen Flügelstürmer täglich zwei Stunden Eistraining auf dem Programm - ausgewogen aufgeteilt in eine Stunde Powerskating und eine Stunde Technik.
Am letzten Tag des insgesamt fünftägigen Camps wurde schließlich noch ein Drei-gegen-Drei-Turnier mit vier Teams veranstaltet. „Es hat super viel Spaß gemacht, mit den anderen Talenten zu spielen und sich mit diesen messen zu dürfen“, bilanziert Bicker.
Bickers nächstes Ziel: Gute Rolle in Frankfurt spielen
Auch die Verantwortlichen der Red Wings, die 2019 den damaligen Adler-Spieler Moritz Seider bereits in der ersten Runde an Position sechs drafteten, zeigten sich mit den Leistungen des Stürmers zufrieden. „Mir wurde gesagt, dass es wahrscheinlich ist, dass ich erst mal in Deutschland bleibe und in Frankfurt meine nächsten Schritte machen soll. Ich bin aber die ganze Zeit unter Beobachtung und im Austausch mit Detroit. Die Verantwortlichen werden auch mal persönlich nach Frankfurt kommen“, sagt Bicker, der bereits in der vergangenen Saison in Ingolstadt sein Profidebüt für die Adler feierte und der aus dem Feedback große Motivation zieht.
In den kommenden Wochen und Monaten möchte er nun weiter hart an sich arbeiten und eine gute Rolle im Frankfurter Team spielen. Dass er das schaffen kann, davon ist sein ehemaliger U-20-Jungadler-Trainer Luigi Calce überzeugt. „Kevin hat einen unheimlichen Speed, mit dem er sehr viele Torchancen kreiert und als Erster in den Ecken ist. Zudem hat er keine Angst, zum Tor zu ziehen“, sagt Calce, ergänzt jedoch: „Wenn er diese Art und Weise weiter spielen will, muss er schon noch körperlich zulegen, um sich gegen die Erwachsenen letztlich durchzusetzen.“
„Muss noch effizienter werden“
Dessen ist sich auch Bicker bewusst und nennt noch zwei weitere Punkte, an denen er arbeiten möchte. „Ich muss das Spiel besser lesen und schnellere Entscheidungen treffen - gerade bei der erhöhten Geschwindigkeit auf diesem Level. Auch mein Torabschluss muss noch effizienter werden“, betont der beste Punktesammler (16 Punkte in zehn Spielen) der vergangenen U-20-Play-offs in der Deutschen Nachwuchsliga.
Immerhin: Zeit genug zum Training hat Bicker, der in der vergangenen Saison mit den Jungadlern die Nachwuchsmeisterschaft holte, jetzt: Denn just nach seiner Rückkehr aus Detroit schloss er mit zwei mündlichen Prüfungen sein Fachabitur ab.
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