Barcelona. Xavi Hernandez trainiert nach eigener Aussage den „schwierigsten und anspruchsvollsten Verein der Welt“. Da ist nichts von dem vorgesehen, was der große und ruhmreiche FC Barcelona am Donnerstag erleben musste. Weder eine Europa-League-Teilnahme, noch ein Spiel gegen Eintracht Frankfurt – und erst recht kein Aus gegen jene Eintracht, deren rund 30 000 Fans zu allem Überfluss im Camp Nou noch die Stimmung diktieren.
Entsprechend bedient war Xavi. Der frühere Weltklassekicker sprach von „einer Riesenenttäuschung“. Nach dem ungewohnten Vorrunden-Aus in der Champions-League war das 2:3 im Europa-League-Rückspiel gegen die Hessen das nächste böse Scheitern. Zumal die zwei sehr späten Tore für Barça das reine Ergebnis besser aussehen lassen, als es das Spiel war. Das Ausscheiden der Katalanen war vollkommen verdient.
Xavi nervte vor allem, dass im Camp Nou ähnlich viele Frankfurter wie Barça-Fans waren. Dies sei „ein Planungsfehler“, erklärte der Coach. Die vielen Eintracht-Anhänger auf den Rängen des Camp Nou sorgten für großen Ärger im Lager der Katalanen. Barça-Präsident Joan Laporta entschuldigte sich bei den eigenen Fans. „Ich schäme und entschuldige mich. Das wird nie wieder passieren. Wir haben Informationen darüber, was passiert ist. Es ist empörend und beschämend. Wir werden handeln und das erklären“, zitierten ihn spanische Medien. Details nannte er aber nicht.
Der Club hatte zuvor mitgeteilt, dass offiziell 5000 Eintrittskarten an deutsche Fans verkauft worden seien, wie dies die Europäische Fußball-Union UEFA vorschreibt. Tatsächlich waren aber wohl bis zu 30 000 Anhänger der Eintracht im Camp Nou, das knapp 100 000 Plätze bietet. „30 000 in der Stadt, 25 000 im Stadion, das ist sensationell“, sagte Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche nach dem Spiel bei RTL und lobte dabei den Einfallsreichtum der eigenen Anhänger: „Unsere Fans haben alles probiert, um reinzukommen. Wir haben ein Auswärtsspiel zum Heimspiel gemacht. Das ist sensationell.“
Viele Tickets für Deutsche stammten wohl aus Wiederverkäufen und von Reisebüros, spekulierten spanische Medien. Angesichts der starken deutschen Fan-Präsenz hatte der harte Kern der Barça-Anhänger aus Protest während des Spiels für zehn Minuten seine Plätze verlassen.
Lange nach Abpfiff im Stadion
Die spanische Zeitung „Sport“ ging mit dem Club hart ins Gericht. „Es ist absolut unzulässig, egal wie man es betrachtet, dass in einem europäischen Spiel, in dem Barça um einen Platz im Halbfinale spielt, das Camp Nou zu einem Dampfdrucktopf wird – aber zugunsten der gegnerischen Mannschaft“, schimpfte die Zeitung. Der Club und seine Mitglieder müssten ernsthaft in sich gehen. „Was gestern Abend im Stadion passiert ist, darf nie wieder passieren!“ Die glückseligen Eintracht-Fans in Barcelona interessierte das alles natürlich überhaupt nicht. Zehntausende Anhänger feierten einen Frankfurter Fußballabend für die Geschichtsbücher. Bis kurz vor Mitternacht blieben die überwiegend in weiß gekleideten Anhänger im legendären Camp Nou. Trainer Oliver Glasner, Abwehrspieler Martin Hinteregger und Torhüter Kevin Trapp wurden von der Kurve einzeln gefeiert.
Danach zogen die meisten Fans wieder in Richtung Innenstadt, wo es schon den ganzen Donnerstag über Gesänge und Feieraktionen gegeben hatte. Andere Anhänger machten sich direkt auf den Weg zum Flughafen, um über unterschiedlichste Wege wieder zurück in die hessische Heimat zu kommen. Die Direktverbindungen Frankfurt – Barcelona waren schnell nach der Auslosung überbucht gewesen. An diese legendäre Reise wird sich jeder Frankfurter Fan wohl sein Leben lang zurückerinnern.
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