Adler Mannheim

nichts mehr gewonnen – wir sind hungrig“

Von 
Christian Rotter
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Als junge deutsche Spieler haben Fabrizio Pilu und Arkadiusz Dziambor in der Vorbereitung für die Adler gespielt. Haben die beiden derzeit die besseren Karten?

Alavaara: Die beiden machen ihre Sache gut. Unsere Philosophie ist es, den jungen Spielern eine Chance zu geben. Man kann nicht bewerten, wie gut sie sind, ohne sie spielen zu lassen. Die Trainer müssen mit solch jungen Spielern viel mehr arbeiten als mit Routiniers wie Korbinian Holzer. Aber das machen sie auch. Wer es schafft, ein richtig guter DEL-Spieler zu werden, lässt sich unmöglich heute schon sagen. Das ist von sehr vielen Faktoren abhängig. Die beiden sind aber auf einem guten Weg, machen alles, was wir verlangen – und ein bisschen mehr.

Matt Donovan soll als Quarterback unter anderem das Powerplay ankurbeln. Warum haben Sie sich für ihn entschieden und nicht für Ryan McKiernan, der in München gelandet ist, oder Nick Bailen, den sich die Kölner Haie aus der KHL gesichert haben?

Alavaara: In den vergangenen Jahren war unser Powerplay okay, aber nicht so gut, wie wir es erwartet haben. Wir hatten Matt Donovan eigentlich schon seit 2018 auf dem Schirm. Ich habe ihn in Schweden und Milwaukee gesehen. Wir wissen genau, was er für einen Charakter hat und was er in unsere Mannschaft bringt. Ab und zu benötigt man bei Transfers ein gutes Timing und etwas Glück. Ein Fenster, in dem etwas möglich ist, kann sich sehr schnell wieder schließen. Man kann immer hoffen, einen noch besseren Spieler zu bekommen. Manchmal muss man aber eine Entscheidung treffen, wenn man zufrieden ist. Matt Donovan ist ein richtig guter Eishockeyspieler, der gute Aufbaupässe spielt. Er hat Erfahrung, strahlt Ruhe an der blauen Linie aus und macht das Powerplay besser.

Nach einem Jahr in Schweden ist Stefan Loibl zurück in Mannheim. Welchen Eindruck haben Sie von ihm?

Alavaara: Ich finde ihn schneller und stärker in den Zweikämpfen. Zudem bringt er Erfahrung aus der schwedischen Liga mit, in der schneller gespielt wird als in der DEL.

Tyler Gaudet soll Andrew Desjardins ersetzen. Wie viel Desjardins steckt in Gaudet?

Alavaara: Das sind zwei verschiedene Menschen. Desjardins war ein super Charakter, einer unserer Führungsspieler. Er hat viel für Mannheim gebracht, war ein riesengroßer Teil unserer Mannschaft. Nach der Meisterschaft 2019 hatte er aber ein bisschen Pech mit Verletzungen, musste sich einer Hüftoperation unterziehen. Ohne die Verletzungen würde er wohl immer noch für uns spielen, denn man kann nichts Schlechtes über Andrew sagen. Unsere Philosophie bei allen Entscheidungen ist, was das Beste für die Adler Mannheim ist.

Was erwarten Sie von Taro Jentzsch?

Alavaara: Taro ist ein interessanter junger deutscher Spieler. Er trifft schnelle Entscheidungen, denkt Eishockey. Sein Spielverständnis ist top. Es warten aber auf ihn noch ein paar Stunden im Kraftraum. Taro kann im Sturm jede Position spielen – und es würde mich nicht wundern, wenn er mit seinem Spielverständnis auch in der Verteidigung eingesetzt werden könnte.

Lean Bergmann ist bis zum 27. Dezember an die Iserlohn Roosters ausgeliehen. Wird er danach zu den Adlern zurückkehren?

Alavaara: Lean hat aus persönlichen Gründen den Wunsch geäußert, in seine Heimat zurückkehren zu dürfen. Hätte es Sinn gemacht, ihm zu sagen, dass er bei uns bleiben muss? Wo wäre er mit dem Kopf gewesen? Das wäre weder für ihn noch für die Mannschaft gut gewesen. Wir haben eine vernünftige Lösung gefunden. Ich gehe davon aus, dass er nach dem 27. Dezember zu uns zurückkommt. Das ist der Plan.

Apropos Plan. Bergmann ist erst 23 Jahre alt, sein Vertrag läuft aus. Gibt es bezüglich einer Verlängerung des Kontrakts Gedanken?

Alavaara: Bei uns laufen nach der Saison viele Verträge aus. Bis November werden wir alles beobachten. Für eine Vertragsverlängerung sind aber immer zwei Seiten nötig. Es ist schwierig, wenn nur eine Seite will. Aber wir sind in Gesprächen mit Lean über seine Zukunft. Wir lassen die Spieler aber erst einmal in Ruhe, damit sie sich auf den Saisonstart konzentrieren können.

Im September laufen die Camps in Nordamerika. Schauen Sie da noch intensiver hin, falls jemand durchs Raster fallen sollte?

Alavaara: Wenn ich das nicht tun würde, habe ich meine Arbeit nicht gemacht. Unser Nordamerika-Scout Todd Hlushko und ich stehen natürlich mit Clubs in Gesprächen. Es geht darum, welche Spieler keinen Platz im NHL-Team bekommen und nach Europa wollen.

Lassen Sie uns in die Liga schauen. Gehen Sie davon aus, dass sich ganz an der Spitze die Kräfteverhältnisse von Berlin nach München verschoben haben?

Alavaara: Berlin wird auf jeden Fall gut sein. Die zwei Meisterschaften haben gezeigt, dass sie zwei Handvoll richtig gute Spieler haben. München mit Trainer Don Jackson hinter der Bande ist auch immer gut. Er kitzelt alles aus der Mannschaft raus. Ich habe München in Rapperswil gesehen, sie sind stark. Mathias Niederberger war überragend im Tor. In den vergangenen Jahren haben wir auch gesehen, dass Wolfsburg gute Arbeit macht. Bremerhaven ist ein schwieriger Gegner und Köln hat richtig gute Verpflichtungen getätigt. Ingolstadt sieht auch interessant aus und Straubing hat sich oben etabliert. Fünf, sechs, sieben Mannschaften können oben mitspielen. Auch wir wollen natürlich ein Wörtchen im Kampf um den Titel mitreden.

Haben Sie einen Club auf dem Schirm, der positiv überraschen könnte?

Alavaara: Harry Kreis ist ein richtig guter Coach, zudem haben sich die Schwenninger gut verstärkt. Das ist eine Mannschaft, die überraschen kann.

Welcher Spieler kann für Furore sorgen?

Alavaara: Nick Bailen von den Kölner Haien wird einer der drei punktbesten Verteidiger werden. Es kann sein, dass er der beste Überzahlspieler der Liga ist. Den Schwenninger Miks Indrasis habe ich vor zwei Jahren in Riga gesehen. Damals war er ein richtig guter Eishockeyspieler. Der Wolfsburger Tyler Morley kann ebenfalls positiv überraschen.

Wo siedeln Sie die Adler an?

Alavaara: Wir haben eine starke Mannschaft, keine Frage. Wenn wir gesund bleiben und weiter gut trainieren können, werden wir gut und erfolgreich Eishockey spielen.

Waren die Adler in den vergangenen Jahren zu oft der Jäger – und nicht der Gejagte?

Alavaara: Seit 2019 haben wir nichts mehr gewonnen – wir sind hungrig und wollen die Meisterschaft feiern. Das ist unser Ziel, in Mannheim gibt es kein anderes. Wenn die anderen Mannschaften sich unseren Kader und die Art und Weise anschauen, wie wir spielen, schätzen sie uns auch als einen Titelkandidaten ein. Für uns ist es wichtig, dass wir uns auf unsere Leistung fokussieren und nicht darauf, was die anderen Clubs machen.

Bill Stewart hat Ende der vergangenen Saison gesagt, dass ihn das Trainervirus wieder gepackt hat. Wie äußert sich das in der täglichen Arbeit?

Alavaara: Ich freue mich immer, wenn ich in die SAP Arena komme und Bills Stimme höre. Er steckt mit seiner positiven Art an. Wo Bill ist, ist viel Energie. Das ganze Trainerteam will die Mannschaft besser machen. Marcel will das beste Powerplay der Liga stellen, Jochen die beste Unterzahl. In der Gruppe herrscht eine gute Dynamik.

Sportmanager der Adler: Jan-Axel Alavaara

  • Jan-Axel Alavaara wurde am 14. März 1975 in Kiruna, der nördlichsten Stadt Schwedens, geboren
  • Der zweifache schwedische Meister mit dem Frölunda HC aus Göteborg (2003 und 2005) wechselte 2008 nach Wolfsburg. 2011 wurde er mit den Niedersachsen Vizemeister in der DEL
  • Nach dem Ende seiner Profikarriere, die er 2012 im Trikot der Black Wings Linz mit dem Gewinn der österreichischen Meisterschaft abschloss, arbeitete Alavaara unter anderem als Talentspäher für den NHL-Club Buffalo Sabres
  • 2018 kam er zu den Adlern. Gleich in seinem ersten Jahr als Sportmanager feierte Alavaara mit Mannheim den Titelgewinn in der DEL.

Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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