Bürstadt. Er war stellvertretender Abteilungsleiter, Sportlicher Leiter und Jugendleiter in Personalunion – jetzt tritt Bernd Fengel bei den Bürstadt Redskins ab. Im Interview mit dieser Redaktion blickt der Mann, der den Umzug der Footballer von Viernheim nach Bürstadt veranlasste, auf die vergangenen 13 Jahre zurück – und outet sich als großer Fan des Oberliga-Teams.
Herr Fengel, was haben Sie gedacht, als Sie 2008 beim TV Bürstadt für die Aufnahme der Redskins als American-Football-Abteilung geworben haben?
Bernd Fengel: In Viernheim standen wir mit dem Rücken zur Wand. Wir mussten etwas tun. Nach den Vorgesprächen war ich positiv gestimmt. Mir war aber klar: Wenn es klappt, kann ich mich nicht zurücklehnen.
Heute stellen die Redskins nach den Turnern und neben den Leichtathleten die zweitgrößte Abteilung. Warum hören Sie auf?
Fengel: Zum einen will ich mehr Zeit für meine Familie. Zum anderen stehen wir an einem Punkt, an dem ich sage: So gut, wie es gerade läuft; so viele engagierte Leute, die das alles toll weitertragen werden – warum soll ich da auf mehreren Ämtern sitzen bleiben? Früher wäre ich froh gewesen, wenn andere was übernommen hätten.
Die Chance, einen Schnitt zu machen, spricht wohl auch für Ihre Arbeit . . .
Fengel: Diese Arbeit kannst du aber nie alleine stemmen. Ich war immer dahinter, dass die Jugendarbeit läuft, weil die Jugend das Fundament eines guten Herrenteams ist. Aber schon als wir zwischen 2008 und 2011 gut gestartet sind, hatte ich tolle Abteilungsleiter über mir. Wir hatten tolle Eltern und Coaches, die sich zerrissen haben. Ich hätte ein schlechtes Gewissen, wenn keiner da wäre. Aber so fällt es mir unheimlich leicht – ob das jetzt dank Anna Messina als Abteilungsleiterin, André Zeimet als Stellvertreter oder Jens Pfeifer als Jugendleiter ist.
Sind Sie für kleinere Aufgaben offen?
Fengel: Nein, sonst würde ich den Absprung nicht schaffen. Aber ich meide keine Spiele und habe gesagt: Ich will das erste VIP-Seasonticket, das die Redskins jemals verkauft haben – mit Essen, Getränken und einem guten Platz. Ich werde die Redskins immer anfeuern, denn es sind auch meine Redskins. Ich will sehen, wie sich die Jungs und mein Sohn Frederic entwickeln.
Sie haben 2009 die U13 gecoacht. Was bedeutet es Ihnen, dass aus dem Team Leistungsträger wie CJ Steffan oder Lukas Brems hervorgegangen sind?
Fengel: Genau das ist es, wofür wir das Ganze machen. Diese Jungs haben ein Fundament. Sie identifizieren sich mit den Redskins und mit der Stadt, sind damit groß geworden. Das ist ihr Heimatfeld.
Werden Redskins-Spieler bald den Sprung nach oben wagen?
Fengel: Ich denke, dass wir durchaus Leute haben, die sich um einen Platz in der Nationalmannschaft oder in der GFL bewerben könnten. Aber im Endeffekt geht es darum, dass die Spieler sich zu tollen Menschen entwickeln und wir ihnen Werte vermitteln. Wenn die Zeit bei uns eines Tages ein Teil ihres Lebens ist, auf den sie mit einem Lächeln zurückblicken, bin ich glücklich.
Der Spielermarkt ist – ausgehend von der European League of Football – sehr lebendig . . .
Fengel: Klar, oben fehlt’s von vorne bis hinten, weil alles zur ELF geht und andere nachrücken. Bei uns habe ich noch nichts gehört. Ich kann es mir fast nicht vorstellen. Wir haben einen tollen Zusammenhalt und so viel Spaß zusammen, auch bei der Abschlussparty zuletzt. Warum sollen die Jungs woanders hingehen, wo sie vielleicht nur auf der Bank sitzen? Bei uns wissen sie: Mit den geilen Typen hier werde ich eine tolle Season haben. Logischerweise ist dann noch mehr drin. Auch ein Aufstieg.
So gut wie jetzt standen die Redskins-Herren in Bürstadt noch nie da. War 2021 ein Meilenstein?
Fengel: Ich habe die Performance unserer Herren unterschätzt. Ich war nicht unbedingt ein Fan davon, den Sprung in die Oberliga zu machen. Aber im Jugend- und im Herrenbereich haben wir offenbar eine super Vorbereitung gemacht – coronabedingt vielleicht mehr oder besser als andere - und haben wirklich etwas erreicht.
Hatten Sie mit dem Schlimmsten gerechnet?
Fengel: Ich habe nicht gedacht, dass unser Team überfordert sein würde. Ich konnte mir aber nicht vorstellen, dass die Jungs so scharf darauf sein würden, Oberliga zu spielen, und so viel Herzblut da reinstecken. Es ist wirklich ein tolles Team und eine tolle Leistung der Coaches.
Welchen Tipp geben Sie den Redskins mit?
Fengel: Sie sollen den Familiengedanken weiterleben. Der hat uns groß gemacht. Wir sind ein Football-Team in einer Kleinstadt und konkurrieren mit Städten wie Darmstadt, Frankfurt, Wiesbaden, Hanau, Marburg und Gießen. Das geht, wenn man füreinander da ist und mehr macht als trainieren, coachen und zuschauen. Du willst in deiner Freizeit irgendwo hingehen, wo du dich auf die Leute freust. Solange wir diese Philosophie leben, glaube ich, kommt alles andere ganz von alleine.
Bernd Fengel
Fengel wurde am 8. Juni 1969 in Lorsch geboren und wuchs in Einhausen auf. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sohn Frederic (19) spielt seit 2020 für die Redskins-Herren und nahm 2019 an einem Sichtungslehrgang der Jugend-Nationalmannschaft teil.
Der Elektrotechnik-Meister ist nach eigener Aussage „seit 29 Jahren infiziert mit dem Football-Virus“. 1994 fing Fengel als Spieler bei den Griesheim Musketeers an. Später war er für die Darmstadt Diamonds II und die Ludwigshafen Rhine Pirates in der Regionalliga aktiv.
1996 machte Fengel seinen Trainerschein und wurde Jugendcoach bei den Auerbach Musketeers, dem ersten Football-Team überhaupt im Kreis. Nach weiteren Spieler- und Trainerstationen kam er 2006 zu den Viernheim Redskins, wo er als Spielertrainer und Sportlicher Leiter einsprang. cpa
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