Bergstraße. Inspiriert von den Eindrücken bei der Heim-EM führte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Mitte Juli die Kapitänsregel für alle Spielklassen ein. Die Entscheidung kam in den Amateurligen allerdings eher überstürzt daher. „Bei der Rundenvorbesprechung hatten wir noch keine Unterlagen dazu“, erinnert sich Kreisfußballwart Martin Wecht: „Etwas mehr Vorlaufzeit wäre wünschenswert gewesen.“
Die Regelung, nach der nur noch der Mannschaftskapitän bei strittigen Szenen mit dem Schiedsrichter in Kontakt treten darf, will Wecht keineswegs in Frage stellen – im Gegenteil. „Die Regel ist ein absoluter Gewinn“, findet der Rimbacher: „Wir rücken damit von einem alten Credo ab. Schiedsrichter sind keine Halbgötter in schwarz, die alles richtig machen und nichts erklären müssen. Sie dürfen ausdrücklich kommunizieren und der Kapitän darf den Schiedsrichter auch ansprechen.“
„Nicht alle haben den Sinn dieser Regel verstanden“
Dass die Regeleinführung mitten in der Saisonvorbereitung erfolgte, stellte viele Amateurvereine trotzdem vor Herausforderungen. Den Clubs oblag nämlich die erste Aufklärung über die Kapitänsregel, die Gelbe Karten für all jene Spieler vorsieht, die reklamieren oder den gebotenen Mindestabstand von vier Metern zum Referee nicht einhalten. „Wir haben im Rahmen der Trainerpassschulungen Schiedsrichtervertreter eingeladen, so dass die Trainer im Bilde waren“, erläutert Wecht. Dass die Regelung kurz nach der EM „im Bewusstsein“ gewesen sei, „war sicherlich hilfreich“, verrät er.
Die Kapitänsregel werde im Kreis soweit auch „umgesetzt“, meint Wecht – schränkt jedoch ein: „Es haben sicher noch nicht alle Spieler Sinn und Zweck dieser Regel verstanden. Oder um es ganz böse zu formulieren: Etliche Spieler und Zuschauer verwechseln den Sportplatz immer noch mit einer Podiumsdiskussion.“
Anders als bei den Profis sind Unparteiische im Amateurfußball meistens auch mit den Zuschauern auf Augenhöhe – die Abstände zu den Rängen sind deutlich geringer. „Es geht darum, den Schiedsrichter zu schützen und Massenaufläufe zu verhindern“, betont Wecht: „Es muss aber noch bei einigen ins Bewusstsein gelangen: Da muss mein Kapitän hin, nicht die halbe Mannschaft. Nicht jeder hat einen Anspruch darauf, alles erklärt zu bekommen.“
Besorgt darüber, dass viele Akteure ihre alten Verhaltensweisen noch nicht abgelegt haben, zeigt sich der Kreisfußballchef nicht. „Die Wahrnehmung der Regel ist erst mal positiv. Es ist eben ein Prozess“, sagt Wecht: „Ich bin nicht unzufrieden mit der Umsetzung auf Kreisebene. In der Bundesliga funktioniert es auch nicht immer, wenn man genau hinschaut.“
Dass Entscheidungen „auch mal akzeptiert werden müssen“, gelte indes nicht nur für Spieler und Zuschauer, wie Wecht klarstellt. „Das Interesse bei den Trainerpassschulungen war groß“, berichtet er: „Leider muss ich feststellen, dass sich der ein oder andere Trainer nicht an das hält, was er da gehört hat.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/lokalsport_artikel,-lokalsport-suedhessen-kapitaensregel-kommt-langsam-an-_arid,2256978.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Gold muss bei der Handball-WM 2027 das Ziel sein