Tischtennis - Frank Rosenberger, Abteilungsleiter beim TV Bürstadt, über Einzeltrainings und Chancen im Lockdown

„Einige haben einen Sprung gemacht“

Von 
Claudio Palmieri
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Frank Rosenberger ist froh, dass der TV Bürstadt so gut durch die Pandemie gekommen ist. © Berno Nix

Bürstadt. Vor zwei Wochen verkündete der Hessische Tischtennis-Verband den Abbruch der Saison 2020/21. „Es ist die einzige vernünftige Entscheidung“, sagt Frank Rosenberger. Der 51-Jährige leitet beim TV Bürstadt die mit 20 Mannschaften größte Tischtennis-Abteilung im Kreis Bergstraße. Im Interview spricht Rosenberger, der auch Trainer, Jugendleiter und Kapitän der Bürstädter Bezirksoberliga-Herren ist, über Chancen und Risiken in der Pandemie.

Herr Rosenberger, wie kam Ihre Abteilung durch den Winter?

Frank Rosenberger: Da wir eine eigene Halle haben und einen Bundesfreiwilligendienstler, der Einzeltrainings halten kann, sind wir in einer glücklicheren Situation als 98 Prozent der Tischtennisvereine in Hessen. Wir sind seit Anfang Januar im Training und dürfen mit zwei Personen in die Halle. Für den Nachwuchsbereich haben wir von Montag bis Freitag 20 Zeitfenster über jeweils eine Stunde Einzeltraining angeboten. Die Erwachsenen trainieren abends. Das werden insgesamt knapp 20 Leute sein, aber natürlich auch immer nur zwei gleichzeitig. Es gibt natürlich Einige, die vorerst nicht trainieren wollen, weil sie zu einer Risikogruppe gehören oder etwas vorsichtiger sind.

Wie sinnvoll sind Einzeltrainings?

Rosenberger: Einige Spieler haben einen Mordssprung gemacht. Das Einzeltraining ist im Tischtennis die beste Trainingsform. Beim TV Bürstadt haben wir außerdem das Glück, einen Stammverein zu haben, der nicht nur auf das Geld schaut. Bei uns geht der Sport vor. Wir wollen unseren Mitgliedern, soweit es möglich ist, ein Training anbieten. Es ist natürlich etwas anderes, für zwei Leute das Licht an zu machen statt für 20 Personen. Das ist dem Verein aber lieber als wenn gar nichts gemacht wird. Auch die Eltern sind sehr froh und dankbar.

Wie hoch schätzen Sie das Infektionsrisiko ein?

Rosenberger: Wir hatten bis jetzt nicht einen Fall. Das Risiko halte ich für überschaubar und nicht für höher, als wenn ich mich zu Hause mit jemandem treffe. Tischtennis ist kein Kontaktsport. Wir haben den Mundschutz auf, bis wir am Tisch sind, Desinfektionsflaschen stehen bereit. Von meinem Partner bin ich mehr als zwei Meter entfernt.

Den Abbruch halten Sie dennoch für richtig.

Rosenberger: Ja, die Entscheidung ist absolut richtig! Wir sind ja weit entfernt von den Zahlen im September und Oktober, als wir noch gespielt haben. Selbst wenn die Inzidenz weiter sinkt, stehen 90 Prozent der Vereine zum ersten Mal nach fünf oder sechs Monaten wieder in der Halle. Wenn demnächst wieder mehr als zwei Leute in der Halle sein dürfen, werden Hygienekonzepte wieder eine größere Rolle spielen. Wie viele Leute dürfen trainieren? Wie viele pro Quadratmeter?

Was halten Sie von Ersatzturnieren?

Rosenberger: Bei uns haben gerade im Nachwuchsbereich viele weitertrainiert. Da ist die Frage, was man denen anbieten kann, auch in Hinblick auf die TTR-Wertung. Bei den Erwachsenen gibt es seit zwei, drei Jahren den Raiffeisen-Cup mit zwölf bis 16 Teilnehmern. Ich kann mir vorstellen, dass wir einen solchen TTR-relevanten Cup durchführen. Für den Nachwuchs gibt es so einen Cup nicht. Vielleicht kann man ja etwas Vergleichbares einführen. Die Zeit bis September ist irrsinnig lang.

Letztlich stehen zwei abgebrochene Saisons. Welche Gefahren sehen Sie?

Rosenberger: Die Auswirkungen sind noch nicht zu 100 Prozent absehbar. Bei den ganz Jungen fehlen uns ein bis zwei Jahrgänge, die neu angefangen hätten. Diese Jahrgänge werden wohl irgendwann fehlen. Oder aber: Ihnen wird ein Jahr fehlen, vor allem zu denen, die jetzt die ganze Zeit in einem Leistungskader trainieren durften. Bei den Erwachsenen ist es schwer zu sagen. Bei uns ging es noch, wir hatten keinen einzigen Austritt wegen Corona.

Die Saison 20/21 ging ohne Doppel los, später wurde auf eine Einfachrunde umgestellt. Halten Sie das auch künftig für praktikabel?

Rosenberger: Wenn wir im September vor der Wahl stünden, ob wir ohne Doppel oder gar nicht spielen, würde bei uns wahrscheinlich jeder sagen: Wir spielen. Dass für September mit einer einfachen Runde geplant wird, die bis April gehen soll, kann ich mir nicht vorstellen. Erstens hoffe ich, dass wir bis dahin mit dem Impfen vorankommen. Zweitens ist es so: Wenn die Zahlen so sind, dass man spielen kann, wird gespielt. Dann kann man auch eine ganze Runde planen.

Wie fällt das sportliche Fazit aus?

Rosenberger: Für die Damenmannschaft war der Abbruch gut. Sie hatte in der Hessenliga knapp gegen zwei direkte Konkurrenten verloren und nicht mehr die Möglichkeit, das in einem Rückspiel auszugleichen. Mit der Herren I sind wir in der Bezirksoberliga wirklich gut gestartet. Die Herren III war verlustpunktfrei Erster, das Verbandsliga-Jugendteam Dritter. Das ändert nichts daran, dass es absolut nicht möglich gewesen wäre, die Runde zu Ende zu spielen.

Freier Autor Geboren in Viernheim, aufgewachsen in Bürstadt. Freier Mitarbeiter seit 2009

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