Bürstadt. Die Kabinenansprache aus dem Football-Blockbuster „An jedem verdammten Sonntag“ schaut sich Daniel Thatcher immer wieder gerne an. Die Worte, die Al Pacino als Coach Tony D’Amato seiner Mannschaft auf den Weg gibt, sind für den Offense Coordinator der Bürstadt Redskins Inspiration pur.
Vor dem ersten Sieg der Redskins in der Oberliga Mitte fasste sich Thatcher, der 2001 als Spieler mit den Berlin Adler in die Football-Bundesliga aufstieg, ein Herz – und sprach vor versammelter Truppe frei nach Al Pacino los. „Ich habe den Jungs vorher erklärt: ‚Es gibt keinen Raum mehr für einzelne Personen. Der Unterschied zwischen mir und Euch ist aber: Ihr kriegt noch einen nächsten Spielzug – ich nicht’“, verriet der 44-Jährige dieser Redaktion nach dem 20:6-Heimerfolg gegen die Neuwied Raiders am vergangenen Samstag. Dann setzte er mehr oder weniger seine Rede fort: „Der Weg ist das Ziel – und das Team ist der Weg. Das Ziel ist es, ein cooles Team aus Freunden zu haben. Wenn du lange genug zusammen auf dem Feld gestanden hast, vergisst du das nicht. Nicht immer gewinnt das bessere Team, sondern das Team, das es mehr will.“ Genau das habe ihm seine Mannschaft gegen Neuwied gezeigt: „Die Jungs wollten.“
Erleichterung nach gutem Start
Für Thatcher fühlt sich die Saison sowieso an wie ein Football-Film. Als sich den Redskins im Juli die Chance bot, einen freigewordenen Platz in der viertklassigen Oberliga zu übernehmen, gehörte der Coach nicht unbedingt zu den Befürwortern. Ende 2019 waren die Bürstädter als Verbandsliga-Dritter in die Landesliga nachgerückt. Aber zwei Klassen am Grünen Tisch überspringen? Das hätte des Guten zu viel sein können.
Umso erleichterter war Thatcher nach dem 36:36-Auftakt gegen die Rhein-Main Rockets aus Offenbach vor drei Wochen. „Jeder hat doch gedacht, dass wir zerfetzt werden“, sagte er damals. Beim 26:27 in Offenbach eine Woche später gaben die Redskins erneut einen Zwölf-Punkte-Vorsprung aus der Hand. Doch nicht die erste Niederlage verstimmte Thatcher. Vielmehr ärgerte er sich über Einschätzungen aus dem Bürstädter Lager, wonach jetzt mit Schlusslicht Neuwied ein schwächerer Gegner käme. „Das werde ich intern ansprechen und den Jungs den Kopf waschen. Wir müssen jeden Gegner ernst nehmen und das Spiel mit dem nötigen Respekt angehen“, machte Thatcher klar.
Dieses Problem haben die Redskins vor dem vierten Spieltag nicht. Am Sonntag (15 Uhr) geht es zu den Bad Kreuznach Thunderbirds, die die Tabelle der Gruppe Mitte nach Erfolgen gegen Neuwied und Offenbach anführen. In der Rolle des Außenseiters gefällt sich Al-Pacino-Fan Thatcher indes besser. „Die Jungs haben gelernt, dass wir uns einen Sieg erspielen können. Es war unser Ziel, in der Oberliga Fuß zu fassen. Das haben wir bewiesen und ich bin super stolz, wenn man sich überlegt, dass wir auch die ersten zwei Spiele hätten gewinnen können“, holt er aus – und ist „gespannt“ auf das Duell mit dem Primus: „Bad Kreuznach ist sehr stark. Mittlerweile bin ich aber der Meinung, dass wir in der Oberliga nicht mehr abgeschlachtet werden. Ich sage nicht, dass wir gewinnen. Aber ich sage, dass sie es nicht einfach haben werden.“
Ob er vor dem Match wieder in die Al-Pacino-Trickkiste greifen wird, behält Thatcher für sich. Angst, dass sich die Ansprache aus dem Hollywood-Streifen von 1999 abnutzen könnte, hat er jedoch nicht. „Der Film ist teilweise älter als einige Spieler von uns“, scherzt der Coach.
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