Bürstadt. Tobias Liebscher stand beim Abbruchspiel zwischen dem SV Schönberg und der SG VfR Bürstadt/Bobstadt II am 28. August selbst als Spieler auf dem Platz. Dass die D-Liga-Partie jetzt mit 3:0 für Schönberg gewertet wird, obwohl die Aggressionen eines Schönberger Zuschauers Ausgangspunkt des vorzeitigen Spielendes waren, stößt dem Sportlichen Leiter des VfR bitter auf.
„Wir sind überhaupt nicht zufrieden mit dem Urteil, weil es uns als die Bösewichte darstellt“, findet Liebscher. Im Gespräch mit dieser Redaktion stellt sich Bürstadts Sportchef hinter seine Elf, die in Schönberg geschlossen vom Feld gegangen war: „Diese Reaktion ist menschlich nachvollziehbar. Es ist kein gutes Gefühl, wenn du unter solchen Umständen weiterspielen musst. Keiner von uns wollte was auf den Schädel bekommen.“
Sportgericht: 3:0 für Schöneberg
Beim Stand von 4:3 für Schönberg in der Nachspielzeit war ein Zuschauer, bewaffnet mit zwei Stöcken, aufs Spielfeld gelaufen. Auslöser für den Ein-Mann-Platzsturm war ein „eigentlich harmloses taktisches Foul von uns im Mittelfeld“, wie Liebscher sagt: „Die Stimmung war schon vorher etwas angeheizt. Nach dem Foul ist der Mann aber komplett ausgerastet.“ Der Mann wurde zwar von den Schönbergern vom Sportgelände befördert. Doch die Gäste fühlten sich „eingeschüchtert und verängstigt“, so dass sie nicht weiterspielen wollten. „Wer sagt, dass da nicht noch einer aufs Feld rennt?“, fragt sich Liebscher.
Das Bergsträßer Kreissportgericht wertete das eigenmächtige Handeln der SG Bürstadt/Bobstadt II indes als regelwidrig. Für die Kammer war klar, dass die Spielgemeinschaft aus dem Ried die Schuld am Abbruch trägt. Neben dem 0:3 am Grünen Tisch erhielt Bürstadt/Bobstadt II die Mindest-Geldstrafe in Höhe von 100 Euro.
Der Ablauf des Geschehens war für das Sportgericht unstrittig. Lediglich die Einschätzung von Bürstadt/Bobstadt II zur Bedrohungslage sei offenbar anders gewesen, sagte Kammervorsitzender Gerhard Ripper. Der Schiedsrichter schrieb in seinem Bericht von zwei etwa 70 Zentimeter langen, dünnen Stöcken, ähnlich einem auseinandergebrochenen Besenstiel, welche der Zuschauer in den Händen hatte – und erklärte, dass „niemand direkt bedroht worden war“, auch er selbst nicht. Das Spiel sollte ordnungsgemäß zu Ende gespielt werden. Die Gastmannschaft wollte jedoch nicht mehr.
„Störenfried“ ermittelt
Der SV Schönberg wurde wegen Vernachlässigung der Platzordnung mit einer Geldstrafe zur Kasse gebeten. „Bei der Höhe wurde berücksichtigt, dass ein Eindringen von außen nie ganz zu verhindern ist, hier aber schnell eingegriffen und der Störer entfernt wurde“, erläuterte Ripper. Positiv bewertete das Sportgericht, dass der Störenfried erkannt und namentlich benannt wurde und somit bestraft werden kann. Der Mann, ein Fußballer des SV Schönberg, wurde bis 12. Dezember gesperrt.
Berufung will Bürstadt/Bobstadt II nicht einlegen – das aber nur aus einem Grund, wie Liebscher einräumt: „Das würde uns am Ende wohl nur noch mehr Geld kosten.“ Als „Skandal“ bezeichnet derweil SG-Trainer Carol Koch das Urteil: „Wenn ein Zuschauer mich von außen beleidigt, ist mir das egal. Aber sowas hat mit Spaß und Fairplay nichts mehr zu tun. Es muss anscheinend erst richtig was passieren.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/lokalsport_artikel,-lokalsport-suedhessen-das-urteil-ist-ein-skandal-_arid,1998241.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/buerstadt.html