Worms/Bürstadt. Manche Fußballbegriffe lassen Zweifel offen, ob sie als Kompliment oder als Abwertung zu verstehen sind. "Joker-König" ist beispielsweise so ein Begriff. Auf der Homepage von Wormatia Worms fällt dieses Wort im Zusammenhang mit Ali Özgün. Vier Saisontore hat der 24-jährige Stürmer, der im Sommer vom VfR Bürstadt zum Fußball-Regionalligisten wechselte, bislang erzielt - immer kam er dabei von der Ersatzbank.
Das macht Özgün zwar zum treffsichersten Einwechselspieler der Regionalliga Südwest. Doch wirklich glücklich ist der Angreifer, der neun seiner 15 Liga-Einsätze als "Joker" bestritt, darüber nicht. "Ich bin eigentlich kein Joker und ich will auch keiner sein", wurmte es Özgün, die ersten 77 Minuten des 3:2-Derby- Siegs gegen seinen Ex-Klub SV Waldhof am Samstag von draußen erlebt zu haben. Als ihn Wormatia-Trainer Sascha Eller schließlich brachte, reichten dem gebürtigen Türken 90 Sekunden und zwei Ballkontakte zum Torerfolg.
2013 schon fast beim Waldhof
Genugtuung empfand Özgün dabei nicht - eher Trauer. "Während des Spiels habe ich ein Bild meines verstorbenen Ex-Trainers Walter Pradt im Waldhof-Block gesehen. Das hat schon wehgetan. Deshalb habe ich nach meinem Tor auch nicht gejubelt", meint der Stürmer, der im Sommer 2013 kurz vor der Rückkehr an den Alsenweg stand. Ein Probetraining hatte Özgün schon absolviert. Auch der VfR Bürstadt, sein damaliger Klub, hatte dem Torjäger Grünes Licht gegeben.
Letztlich beschlossen die Blau-Schwarzen, sich mit Shqipon Bektashi im Mittelfeld besser aufzustellen. Özgün nimmt den geplatzten Wechsel heute sportlich. "So konnte ich mich noch ein Jahr empfehlen", erklärt der 24-Jährige, der mit 33 Treffern zum Torschützenkönig in der Verbandsliga Hessen Süd avancierte.
Özgüns Rückkehr zum SVW galt dennoch nur als aufgeschoben. Unter Waldhof-Trainer Kenan Kocak war die pfeilschnelle Sturmspitze 2011 mit dem VfR Mannheim in die Oberliga Nordbaden aufgestiegen, bis heute pflegen die beiden ein fast familiäres Verhältnis.
Dass Özgün nun die Nibelungenstadt den Mannheimer Quadraten vorzog, erschließt sich Kennern allerdings auch. Dreimal hatte Worms seit Februar 2013 gegen Bürstadt getestet - bei den meist knappen Niederlagen überzeugte Özgün nicht zuletzt mit zwei Torerfolgen. Auch spielerisch ragte der Angreifer bei den ambitionierten Südhessen heraus. Dass Özgün im Ried nach Belieben traf und die Bürstädter mit 56 Treffern in zwei Spielzeiten zu zwei Aufstiegen in Folge verhalf, war den Rot-Weißen natürlich nicht verborgen geblieben.
Mit Özgüns Verpflichtung gingen die Wormser ein überschaubares Risiko ein, das sich schon jetzt für beide Seiten auszahlt. Für die Wormaten auch deshalb, weil Özgün nach dem Rückzug der Bürstädter ablösefrei zu haben war.
Özgün hingegen schaffte innerhalb von zwei Jahren den Sprung von der siebtklassigen Gruppenliga Darmstadt zurück in die vierthöchste Spielklasse - und lässt seinen Worten Taten folgen. "Irgendwann will ich wieder Regionalliga spielen - mindestens", hatte der 24-Jährige im November 2013 erklärt. Und wer weiß, ob Özgüns Weg nicht noch weiter nach oben führt. Als Liga-Vierter mischt Wormatia Worms oben mit. "Wir haben Qualität. Wenn wir unsere Leistung bringen, können wir jede Mannschaft schlagen", glaubt Özgün. Den Beweis will der Angreifer schon am kommenden Samstag beim Zweiten 1. FC Saarbrücken antreten - natürlich von Anfang an.
Ali Özgün
Ali Özgün wurde am 7. Dezember 1989 in Mannheim geboren. Über den MFC Phönix und den SV Waldhof empfahl er sich für die A-Jugend des SV Sandhausen.
2008/09 gab Özgün sein Regionalliga-Debüt im SVW-Trikot. Mit dem VfR Mannheim feierte er 2011 den Oberliga-Aufstieg. Mit dem VfR Bürstadt wurde Özgün Meister der Gruppenliga (2013) und - als Torschützenkönig (33 Tore) - Meister der Verbandsliga Hessen Süd (2014).
Im Sommer 2014 folgte der Wechsel zu Wormatia Worms.
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