Tennis

„Wir werden an Stellschrauben drehen“

Grün-Weiss-Teamchef Gerald Marzenell ist zuversichtlich, schon im nächsten Jahr wieder um die Bundesliga-Spitzenplätze mitspielen zu können

Von 
Jörg Aberle
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Teamchef Gerald Marzenell musste in der abgelaufenen Bundesliga-Saison ab und zu etwas kritischer hinschauen. Für den Meister reichte es nur zu Platz sechs. © Pix

Mannheim. Auch nach dem letzten Spieltag kann Teamchef Gerald Marzenell nicht gänzlich abschalten. Mit wachsamen Augen verfolgt der Mannheimer weiterhin die Spielstände seiner Schützlinge, die nach der Saison wieder an diversen Turnieren teilnehmen. Zudem folgen die Gespräche mit den Spielern, die Planungen für das kommende Jahr werden vorangetrieben. In den letzten sieben Wochen lebte Marzenell für „seine Mannschaft“, war nicht selten schon um sieben Uhr morgens auf der Tennis-Anlage. Für einen Rückblick und Ausblick nahm sich der 58-Jährige dennoch ausführlich Zeit.

Herr Marzenell, die drei letzten Meisterschaften gingen nach Mannheim. Ist Düsseldorf ein würdiger Nachfolger?

Marzenell: Mit Düsseldorf als Meister hat niemand von den zehn Vereinen gerechnet. Wirklich niemand. Ich gönne es dem Verein von Herzen. Detlev Irmler, inzwischen 80 Jahre alt, ist dort seit 38 Jahren Teamchef und hat es sich so sehr verdient, die erste Meisterschaft der Düsseldorfer Vereinsgeschichte zu gewinnen.

Können Sie sich auch vorstellen mit 80 Jahren noch Teamchef bei Grün-Weiss zu sein?

Marzenell (lacht laut): Soweit habe ich noch nicht gedacht. Ich versuche immer, von Jahr zu Jahr zu denken. Mir macht es noch großen Spaß, jungen, deutschen Spielern bei ihrer Entwicklung zu helfen und diese zu unterstützen.

Wie groß war die Zuschauerresonanz in Mannheim am Neckarplatt? Sind Ihre Erwartungen erfüllt worden?

Marzenell: Wir hatten viel mehr Zuschauer als noch im letzten Jahr aufgrund der Corona-Restriktionen mit der Obergrenze von 750 beziehungsweise 1250 Zuschauern. Es waren dieses Jahr viermal um die 2000 Zuschauer auf der Anlage, damit liegen wir in der Liga auf Rang zwei. Wir sind total zufrieden, obwohl wir noch nicht ganz die Zahlen von vor Corona haben.

In erfolgreicheren Jahren kommt sicher der ein oder andere Zuschauer mehr. Wann kann Grün-Weiss nach Platz sechs wieder um die Meisterschaft mitspielen?

Marzenell: Nachdem, was ich in diesem Jahr gesehen habe, denke ich, dass wir bereits im nächsten Jahr wieder um die ersten zwei, drei Plätze mitspielen werden. Das Wort Meisterschaft nehme ich ungern in den Mund. Es gibt Vereine, die spielen mit dem vierfachen Etat. Bei den drei Meisterschaften haben viele andere Faktoren zusammengespielt. Fertige Spieler kaufen, ist einfach. Wir wollen einen Aufbau machen und den deutschen Jugendspielern helfen. Wenn wir als große Vereine den jungen Spielern nicht helfen, wer soll es denn dann machen? Das Geld, was wir in die Bundesliga stecken, stecken wir letztlich auch ins deutsche Nachwuchstennis.

Musste sich nach dem Umbruch erst wieder ein neuer Teamgeist entwickeln und mussten sich neue Führungsspieler herauskristallisieren?

Marzenell: Nein, das nicht. Der Führungsspieler ist wie schon seit 2019 Pedro Martinez, ohne Wenn und Aber. Wir hatten in den letzten Spielen nur eine kleine Mannschaft zur Verfügung, weil vier Spieler verletzt und zwei weitere mit Corona infiziert waren. Das konnten wir nicht kompensieren. Es war unglücklich, dass wir dieses Jahr acht Spieler gar nicht einsetzen konnten.

Ändert sich in der Zusammenstellung des Kaders etwas?

Marzenell: Das ist geplant. Ich stehe in engen Austausch mit unserem Kapitän Pedro Martinez und habe ihn gebeten, herauszufinden, wer von den internationalen Spielern gut zu uns passen würde. Das Gleiche habe ich mit Kevin Krawietz besprochen, der sich bei den US Open in New York auch mal umhören soll. Wir werden an zwei, drei Stellschrauben drehen, damit wir zukünftig auf Ausfälle besser reagieren können.

Ein Talent wie der Schweizer Dominic Stricker, mit 20 Jahren immerhin schon 127 der Weltrangliste, kam in dieser Saison gar nicht zum Einsatz.

Marzenell: Dominic war zweimal eingeplant. Einmal hat er kurzfristig eine Wildcard beim Turnier im Gstaad bekommen, das andere Mal kam er in Zug bis ins Endspiel und hat dort das Turnier gewonnen. Er hätte bei uns an Position drei oder vier kein Spiel verloren. Er wird dann im nächsten Jahr dabei sein.

Was war für Sie das Highlight der Saison auf dem Platz?

Marzenell: Absoluter Höhepunkt war, als Max Rehbergsein erstes Bundesliga-Match für Grün-Weiss gespielt hat und dort Andrea Arnaboldi von Krefeld schlägt. Zudem das Match von Philip Florig in Gladbach, als er auf dem Center Court Daniel Altmaier im ersten Satz an den Rande einer Niederlage gebracht hat. Wie die jungen Spieler an die Hand genommen wurden, war für mich zudem die Krönung der Saison.

Und der Höhepunkt aus Sicht von Grün-Weiss?

Marzenell: Was die Bundesliga betrifft, war das Spiel in Ludwigshafen mit tollen Aufstellungen und Matches unser Highlight-Spiel. Das war ein Spiel auf Augenhöhe. Wir hoffen alle, dass Ludwigshafen oder Weinheim wieder aufsteigt, weil ein Derby das Salz in der Suppe ist.

Jubiläum als Teamchef

Geboren wurde Gerald Marzenell am 6. Februar 1964 in Mannheim. Der 58-Jährige lebt in Feudenheim.

Der Teamchef des Bundesligisten Grün-Weiss Mannheim spielte selbst 16 Jahre für den Tennisklub und wurde dabei zweimal Meister.

Als Teamchef gewann Marzenell bereits sechs Meistertitel, zuletzt 2018, 2019 und 2021.

Neben seiner Tätigkeit für Grün-Weiss betreut der Mannheimer deutsche Talente auf ihrem Weg zum Profi. Diese Saison war bereits seine 25. Spielzeit als Teamchef von Grün-Weiss. jab

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