Thessaloniki. Die Sonne scheint bei 18 Grad, keine Wolke am tiefblauen Himmel. Lukas Rupp fährt gerade vom vormittäglichen Training nach Hause und weiß zu schätzen, was er an seinem neuen Wohnort in griechischen Thessaloniki hat. „Das Wetter ist ein klarer Vorteil gegenüber England oder Deutschland“, erinnert sich der Fußball-Profi aus Weinheim an ungemütlichere Zustände zwischen den Jahren. Doch die Wetterlage ist eben nicht alles.
Rund um Griechenlands Fußballstadien herrscht derzeit gespenstische Stille. Nach schweren Ausschreitungen, die im Tod zweier Fans und jüngst auch eines Polizisten im Rahmen eines Volleyball-Spiels gipfelten, hat die griechische Regierung im Dezember eine drastische Maßnahme beschlossen: Bis zum 12. Februar 2024 finden in der griechischen Superliga nur noch Geisterspiele statt. Zudem streikten die Fußball-Schiedsrichter, weil sie seitens einiger „Fans“ mit dem Tod bedroht wurden. Der 14. Spieltag musste komplett ausfallen, der Ligapräsident ist mittlerweile zurückgetreten.
Zustände, die Lukas Rupp, derzeit noch beim FC Aris unter Vertrag, in seiner bisherigen Profilaufbahn völlig fremd sind. „Das Leben hier in Griechenland ist super, ich genieße das Wetter, die Stadt, die Menschen, Gastronomie und die Landschaft. Aber es gibt eben auch Schattenseiten.“ Seiten, die bei der Wahl seines künftigen Arbeitgebers durchaus auch eine Rolle spielen werden.
Doch noch ist der ehemalige U21-Nationalspieler beim FC Aris angestellt und absolvierte zuletzt das Stadt-Derby am 7. Januar, das ebenfalls ohne Zuschauer stattfand. „Schwierig für die Vereine, die so schon schauen müssen, dass sie finanziell über die Runden kommen“, sagt Rupp.
Durch die wegen Ausschreitungen und Schiedsrichter-Streik ausgefallenen Spiele stehen im Januar nun gleich sieben Spiele für Aris an. Und gerade rechtzeitig für dieses Mammutprogramm ist Rupp wieder fit. Nach dem 0:0 bei PAOK im September war der Mittelfeld-Motor wegen Kniebeschwerden nach Augsburg geflogen. „Da wurde mein Meniskus geglättet. Nichts Schlimmes, aber doch schon so, dass ich nach der OP-Pause wieder zweieinhalb Monate lang wieder aufbauen musste“, sagt Rupp.
Vertrag läuft aus
Am Ende stand die gute Nachricht: Das Knie ist top. Die schlechte: Beim Comeback ist Geduld gefragt. „Definitiv keine meiner Stärken. Aber ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören.“ Zuletzt wurde er beim 2:2 gegen Lamia für 20 Minuten eingewechselt, das soll sich nach der Weihnachtspause in den eng getakteten Spielen stetig steigern. „Schließlich will ich nicht nur dem Verein und der Mannschaft helfen, sondern es mir auch selbst zeigen.“
Rupps Vertrag läuft am 30. Juni 2024 aus, die Option auf ein weiteres Jahr beim FC Aris, dem er seit Januar 2023 angehört, wird wohl nicht gezogen. 17 neue Spieler kamen im Sommer, es war ein krasser Umbruch. Tabellarisch sieht Rupp den FC Aris auf Rang fünf nicht schlecht angesiedelt. Der Sprung in die Top vier sei schon sehr groß, höhere finanzielle Mittel und ein deutlich professionelleres Umfeld machen den Unterschied . „Ich bin in meinem Job hier nicht hundertprozentig happy“, gibt Rupp zu, der sich aber durchaus vorstellen könnte, weiter in Griechenland zu bleiben. „Oder auch nach Deutschland zurückzukommen. Ein paar Jahre will ich schon noch auf gutem Niveau spielen. So ehrgeizig bin ich. Und solange der Körper mitmacht und ich Spaß habe, ist das auch allemal drin.“
Es war ein gewagter Sprung in die griechische Liga, Rupp wusste nicht, was ihn in der dortigen Superleague erwarten würde. Es war ein Sprung, an den sich der 32-Jährige, der ihm nach seinen deutschen Stationen beim KSC, Gladbach, Paderborn, Stuttgart und Hoffenheim in Norwich City sogar Premier League Erfahrungen sammeln durfte, viel Eigeninitiative abverlangt, um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Und die sind für den 137-fachen Bundesligaspieler, dass er jedem Team mit seiner Kreativität und Passsicherheit weiterhelfen kann.
An seine Zeit nach der Karriere denkt der Mann, der Weihnachten bei seinen Eltern und der Familie in Weinheim verbrachte, deshalb noch nicht. „Das ist für mich noch zu weit weg. Solange ich Spaß am Fußball und Vertrauen in mich selbst habe. Wir haben hier eine gute Truppe, mit guten Leuten und in den Play-offs ist noch alles möglich“, sagt Rupp, der das Fußballspielen bei der TSG 1862/09 begann. Mit Thessaloniki will er in der Rückrunde nun nicht nur so viele Punkte wie möglich, sondern auch jede Menge Einsatzzeit sammeln. Und dann schauen, wohin ihn die Reise als Nächstes führen wird.
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