Fußball

Mannheimer Talent Jarzinho Malanga: Unverhofft Europameister

Bei TSG Hoffenheim wurde Mannheimer Fußballtalent Jarzinho Malanga einst aussortiert, doch nur wenige Jahre später steht er ganz oben. Mittlerweile ist der 16-Jährige U-17-Europameister

Von 
Thorsten Hof
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Auch im DFB-Trikot kaum vom Ball zu trennen: Jarzinho Malanga hat seine Stärken im Offensivspiel. © Ralf Poller/Avanti/Imago

Mannheim. Der große Triumph ist nun schon vier Wochen her, doch Jarzinho Malanga hat tatsächlich auch eine Weile Abstand benötigt, bis ihm klar wurde, was da Anfang Juni im Hidegkuti-Nándor-Stadion von Budapest passiert war. Mit 5:4 nach Elfmeterschießen gegen Frankreich entschied die U 17 des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) das EM-Finale in dieser Altersklasse für sich.

Mittendrin: Der gebürtige Mannheimer, den vor einem Jahr wohl die wenigsten auf der Rechnung hatten. Mit dem Triumph bei dem prestigeträchtigen Kontinental-Turnier, bei dem der 16-Jährige dreimal eingewechselt wurde und im letzten Gruppenspiel gegen Schottland 90 Minuten auf dem Platz stand, schloss der Nachwuchskicker nun aber eine Saison ab, die nicht besser für ihn hätte laufen können.

So sehen Sieger aus: Der gebürtige Mannheimer mit dem EM-Pokal. © Red

„Das ist immer noch ein unglaubliches Gefühl“, blickt Malanga bei seinem Besuch beim „Mannheimer Morgen“ auf die Tage von Ungarn. Zunächst sei es nur schwer zu greifen gewesen, was das DFB-Team erreicht hatte, doch mittlerweile kann der Nachwuchskicker aus der Quadratestadt das Ganze einordnen. Und damit der EM-Titel auch stets greifbar bleibt, hat die Goldmedaille nun einen Ehrenplatz in der elterlichen Wohnung im Stadtteil Herzogenried. Dort ist Malanga regelmäßig anzutreffen, wenn es die Zeit zwischen den Spielen mit der Jugend des VfB Stuttgart oder den Nationalmannschaftseinsätzen erlaubt.

Erste Schritte beim MFC Phönix

Genau hier, zwischen Herzogenriedpark, Radrennbahn und der Integrierten Gesamtschule hat schließlich auch alles angefangen. Ein Tag ohne Ball am Fuß war ein verlorener für den kleinen Jarzinho Ataide Adriano de Nascimento Malanga, der auf den Bolzplätzen seinen großen Brüdern John und Jamal nacheiferte. „Eigentlich hatte ich es nicht unbedingt darauf abgesehen, auch in einem Verein zu spielen“, erinnert sich Jarzinho.

Doch sein Talent blieb nicht unentdeckt. Über den MFC Phönix landete er zunächst beim SV Waldhof, wo wiederum die Talentsucher der TSG Hoffenheim auf den Dribbler mit dem brasilianisch klingenden Namen aufmerksam wurden.

17 Scorerpunkte in der B-Jugend-Bundesliga

Im Sommer 2018 wechselte der damals Zwölfjährige dann in den Unterbau der TSG, wo zwei Jahre später aber erst einmal Endstation war. „Ich war mit Wachstumsproblemen an beiden Knien fast eine ganze Saison raus“, erinnert sich der Mittelfeldspieler. Es ging zurück an den Alsenweg, wo er weitere zwei Jahre am Ball war - immer mit dem Ziel, wieder an ein größeres Nachwuchsleistungszentrum zu wechseln. Und da Talent eben nicht einfach so verschwindet und die Fitness wieder stimmte, flatterten dem 16-Jährigen die Angebote reihenweise ins Haus. Sogar Hoffenheim hob wieder den Finger. Letztlich entschied sich Jarzinho im Sommer 2022 aber für die B-Jugend des VfB Stuttgart, wo er während des Spielbetriebs bei einer Gastfamilie wohnt und gerade die Mittlere Reife hinter sich gebracht hat.

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Fußballerisch ging es dagegen noch steiler nach oben. In seinem ersten Jahr bei den Schwaben machte der wohl talentierteste der Malanga-Brüder mit sieben Toren und zehn Vorlagen in der B-Junioren-Bundesliga auf sich aufmerksam und nutzte die Freiräume, die er mit seiner individuellen Klasse bespielen konnte.

Anfangs keine Gedanken an Nationalmannschaft

Es folgten im September 2022 das Debüt im Nationaltrikot gegen Uruguay, weitere Testspiele, der Algarve-Cup und am Ende nun der EM-Titel, der einem deutschen U-17-Team letztmals 2009 mit Spielern wie Mario Götze oder Marc-André ter Stegen gelungen war. Mittlerweile kommt der Mannheimer bereits auf 14 DFB-Einsätze.

Dabei waren seine Ziele beim VfB zunächst bescheiden. „Ich wollte erst mal Stammspieler werden. An die Nationalmannschaft habe ich da gar nicht gedacht. Das ist dann irgendwie passiert“, erzählt der Teenager, der nun in die U 19 des VfB wechselt.

Auf den Spuren des großen Bruders

Dann will Jarzinho, der am 10. Juli 17 Jahre alt wird, weiter an sich arbeiten, schneller werden, seinen schwächeren linken Fuß trainieren, körperlich zulegen und auch sein taktisches Verständnis weiter schulen. Zumindest, was die Fitness betrifft, hat Jarzinho sogar einen direkten Ansprechpartner in der Familie. Schließlich ist sein zehn Jahre älterer Bruder John Athletik-Chef im Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Kaiserslautern und mächtig stolz auf die Entwicklung von Jarzinho.

„Mein Bruder führt fort, was ich angefangen habe“, sagt John, der 2015 mit der U 19 des FC Schalke 04 Deutscher Meister wurde. Damals besuchte der kleine Jarzinho den Bruder oft in Gelsenkirchen und lernte begeistert dessen Mitspieler wie etwa Thilo Kehrer oder Leroy Sané kennen.

Die Familie als Fan-Club

Heute hat sich der Wind etwas gedreht. Nun versucht John und der Rest der Malangas, so oft wie möglich das ehemalige Nesthäkchen zu unterstützen.

„Wir sind eine echte Fußball-Familie“, sagt John, der nach seiner Zeit bei Schalke beim FC-Astoria Walldorf, bei Fortuna Heddesheim sowie beim VfR Mannheim spielte und dem Bruder nun die Daumen drückt, dass der Traum vom Profi-Fußball wahr wird. Und wenn dieser dafür eine Extra-Portion Motivation braucht, hilft sicher mal wieder ein Heimaturlaub im Herzogenried, wo die EM-Medaille an der Wand hängt. „Wenn ich das Ding sehe, will ich natürlich noch mehr solche Medaillen haben“, betont Jarzinho Malanga, der nun weiß, wofür er alles auf sich nimmt.

Redaktion Sportredakteur, Schwerpunkte SV Waldhof, Rhein-Neckar Löwen.

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