Kommentar Es braucht mehr Respekt auf dem Fußballplatz

Nach dem "Jahr der Schiris" bemängeln Schiedsrichter aus Mannheim und der Region trotz steigender Zahlen einen rauen Umgangston und aggressive Stimmung. Das Projekt hat an der falschen Stelle angesetzt, meint Jakob Walter

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Jakob Walter
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Wer schon einmal auf einem Fußballplatz war – sei es als Spieler oder Zuschauer – kann es sich wohl denken, wer schon einmal als Schiedsrichter ein Spiel geleitet hat, weiß es: Referee sein, macht nicht immer Spaß.

Denn Entscheidungen treffen meist nur bei elf der 22 Akteure auf Zustimmung. Die Gegenseite beschwert sich – mal leise und sachlich, leider viel zu oft laut und aggressiv. Wenn sich dann noch Trainer, Betreuer oder sogar Zuschauer einschalten, sind Schiedsrichter um ihre Tätigkeit nicht zu beneiden. Immer wieder hört man von Beleidigungen, manchmal sogar von Gewalt gegenüber Unparteiischen.

Solche Situationen zeugen deutlich von mangelndem Respekt. Und das, obwohl der Job keineswegs einfach ist. Ein Schiedsrichter muss durchschnittlich 200 Entscheidungen pro Spiel treffen – unter Druck. Logisch, dass da nicht alles korrekt sein kann. Irren ist menschlich.

Doch während der Fußballer nach einem Fehlpass Floskeln, wie „Weiter geht´s. Die Idee war gut“ zu hören bekommt, heißt es gegenüber dem Referee meist nur „Das muss man doch sehen“. Ein reflektierter und einheitlicher Umgang wäre hier wünschenswert.

Kampagne des DFB funktioniert nur teilweise gut

Eine Kampagne des DFB – das „Jahr der Schiris“ – sollte genau da ansetzen: Den Job des Schiedsrichters attraktiver machen, mehr Verständnis für die Tätigkeiten erzeugen, um dann im Umkehrschluss mehr Respekt für die Männer und Frauen mit der Pfeife entstehen zu lassen.

Funktioniert hat das teilweise gut. Medienwirksame Projekte und diverse Austauschformate mit Profischiedsrichtern haben jungen Menschen den Job nähergebracht. Die Zahl der Schiedsrichter ist deutschlandweit gewachsen.

Doch kritische Stimmen an der Basis zeigen: Ganz so einfach ist es doch nicht. Trotz steigender Zahl bemängeln Schiedsrichter in der Region einen rauen Ton und aggressive Stimmung auf ihren Plätzen. Hier und da hört man, dass es sogar schlimmer geworden ist. Und prominente Beispiele, wie die Morddrohung an Drittligaschiedsrichter Martin Speckner zeigen: Dass sie für ihre Tätigkeit genügend Respekt entgegengebracht bekommen, können Referees keineswegs behaupten.

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Genau deshalb muss das „Jahr der Schiris“ weitergedacht werden, sich mehr um die äußere Wahrnehmung der Schiedsrichterei als um die Anzahl der Unparteiischen gekümmert werden. Denn was nützen steigende Zahlen wenn Neulinge nach kurzer Zeit das Amt wieder niederlegen, weil sie sich nicht respektiert fühlen? Auch der zur neuen Saison eingeführte Kapitänsdialog bekämpft nur Symptome, nicht aber die Krankheit.

Noch zu oft erscheint der Schiedsrichter als Feindbild – und zu oft entwickeln Referees dadurch eine Trotzhaltung gegenüber Spielern. Es braucht also deutlich mehr Respekt – füreinander und für die gemeinsame Leidenschaft. Dann wird das Amt des Schiedsrichters automatisch attraktiver.

Die ARD-Dokumentation „Unparteiisch“, die einen guten Einblick in die hochkomplexe Arbeit von Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern geboten hat, war da der richtige Ansatz. In den Köpfen der Fußballfamilie muss das Verständnis reifen, dass die Menschen, die das Spiel leiten, eben jenes genauso sehr lieben, wie die, die es spielen.

Redaktion Online-Redakteur, zuständig für redaktionelle Videos

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