Schriesheim. Ende einer Ära und Beginn eines ungewöhnlichen Geschwister-Projekts: Der TV Schriesheim steuert noch unter der Regie seines Trainers Michael Schröder auf den Verbandsliga-Aufstieg zu. Doch selbst wenn der beim aktuellen Landesliga-Spitzenreiter gelingen sollte, wird der Heddesheimer seine Karriere beenden. „Sechs Jahre sind genug. Ich bin jetzt 58. Im Aktivenbereich ist für mich Schluss. Da wird es jetzt Zeit für andere.“
Die Nachfolgelösung steht fest. Und die ist zumindest in der Handball-Region einmalig: Luca Michels, bislang 29-jähriger Führungsspieler beim TVS, wird das Traineramt übernehmen – gemeinsam mit seiner drei Jahre älteren Schwester Sina, die jede Menge hochklassige Handball-Erfahrung einbringt. 19 Jahre lang spielte die Linkshänderin für die Kurpfalz Bären der TSG Ketsch, mit denen sie in der Jugend Deutscher Meister wurde und im Aktivenbereich bis in die 1. Bundesliga aufstieg. Als Kapitänin. Führungskompetenz beweist die Dossenheimerin zudem am Weinheimer Privatgymnasium, wo sie Deutsch und Sport unterrichtet.
Auf der Bank mit Bruder Luca
Der Weg zum Trainerjob lag nah. Dabei direkt ein Herrenteam zu trainieren nicht unbedingt. Oder doch? „Warum nicht? Ich schaue meinem Bruder eh immer bei den Spielen zu, bin Stammgast in der Halle oder auch in Leutershausen, wo mit Gianluca Pauli ein sehr guter Freund von mir spielt. Viele Spieler kenne ich schon seit Ewigkeiten. In den Gesprächen, die wir geführt haben, kamen nur positive Rückmeldungen. Ich freue mich auf die Aufgabe“, sagt die Frau, deren Trikot in Anerkennung ihrer Dienste für die Bären im Foyer der Ketscher Neurotthalle verewigt ist.
„Du hast 1000 Mal mehr Erfahrung als alle hier“ und „Kompetenz ist nicht abhängig vom Geschlecht“ seien nur einige der Reaktionen auf die künftige Trainerin gewesen. Dieses Feedback machte auch Luca Michels Mut. „Ich habe meinen Hut als Trainer erst in den Ring geworfen, als ich bei der Mannschaft eine Stimmungsabfrage gemacht hatte. In Schriesheim ist alles sehr familiär, da muss es menschlich passen. Aber natürlich gehen wir auch sportlich ambitioniert an dieses Amt und wollen das Training intensivieren. Schließlich gibt es auch junge, ehrgeizige Spieler im Team, das wollen wir fördern. Und die Routiniers ziehen da mit.“
Für Luca Michels war schnell klar, wer ihm als Trainer zur Seite stehen soll. „Da hatte ich auch keine Bedenken, dass die Mannschaft das annimmt.“ Es ist ein Pilotprojekt in der Region – eins, das durch die Geschwisternähe auch Konfliktpotenzial birgt? „Zum Glück verstehe ich mit Sina mehr als gut. Und wir haben zu 95 Prozent die gleiche Handballphilosophie, wollen künftig schnelleren Handball mit einer offensiveren Abwehrvariante über die zweite Welle spielen. Sina hat jetzt schon Ideen, wenn sie uns zuschaut. Das wird eine gute Sache.“ Und was sie im Training ändern wird? „Da ich das bisherige nicht kenne, kann ich das im Detail noch nicht sagen. Aber eines kann ich schon verraten: Fußball wird nur noch in Maßen gespielt.“
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