Die Reste des Adrenalins waberten noch durch seinen Körper, aber ein paar Minuten nach dem Abpfiff wirkte Jan-Christoph Bartels schon wieder ganz in sich ruhend. Der Torhüter des SV Waldhof, der im Krisengipfel bei Hansa Rostock (1:1) nach fast einem Jahr Unterbrechung ein in Anbetracht der Vorgeschichte sensationelles Startelf-Comeback in der 3. Liga gefeiert hatte. „Ich war überrascht, aber ich habe mich natürlich gefreut“, sagte der 25-Jährige, der erst in der Mannschaftsbesprechung erfuhr, wieder zwischen den Pfosten zu stehen.
Bartels, der Aussortierte, ist plötzlich wieder ganz wichtig. Vor dem Saisonstart hatte die Sportliche Leitung um Trainer Marco Antwerpen und Sportchef Anthony Loviso dem Wiesbadener mitgeteilt, dass der SVW nicht mehr mit ihm plane. Ins Trainingslager nach Österreich durfte Bartels nicht mitfahren. Es war eine Ausbootung der unfreundlichen Art, zumal sich der Kumpel von Kapitän Marcel Seegert in seinen drei Jahren in Mannheim nie etwas zuschulden kommen ließ. Ein fragwürdiger menschlicher Umgang durch einen Club, der sich selbst die Werte eines Arbeitervereins auf die Fahnen schreibt. Ähnliches gilt übrigens für den Fall des ebenfalls ausgemusterten Verteidigers Tim Sechelmann, der aufgrund der Personalprobleme in der Defensive in Rostock zu seinem ersten Drittliga-Einsatz in dieser Saison kam.
In den Katakomben des Ostseestadions wollte Bartels jedoch nicht nachkarten. „Es war keine einfache Zeit. Die letzte Saison war schon sehr schwierig mit dem Abstiegskampf“, berichtete Bartels. Auch persönlich. Zwei Gehirnerschütterungen und ein Meniskusriss im Winter warfen den Schlussmann im vergangenen Jahr zurück. Sein letztes Liga-Spiel für den SVW hatte er am 24. November 2023 bestritten, gegen den SC Verl (1:2). Es folgte eine 295 Tage andauernde Leidenszeit. Im Sommer dann die Mitteilung, dass er den Verein verlassen könne.
Doch der Hesse biss sich durch. „Es war kein einfacher Sommer, aber das ist das Dasein eines Profis. Wir wissen alle: Man hat in dem Geschäft vielleicht 10 oder 15 Jahre. Es war schwer, aber ich bin auch ein Stück weit ein Stehaufmännchen“, sagte Bartels in Rostock. Durch die Knie-Verletzung von Malwin Zok benötigte der SV Waldhof in der ersten Saisonphase einen anderen Ersatztorwart, nach zwei Einsätzen im Verbandspokal kehrte der 25-Jährige am Samstag zurück auf die große Bühne.
Der nächste Torwartwechsel beim Mannheimer Drittligisten, bei dem auf der Position zwischen den Pfosten einfach keine Kontinuität Einzug halten will. Antwerpens Vorgänger Rüdiger Rehm setzte in der vergangenen Saison zunächst auf Bartels, durch dessen Gehirnerschütterungen rutschte Lucien Hawryluk ins Tor. Der wiederum von Antwerpen nach einem Patzer gegen Viktoria Köln (2:2) durch Omer Hanin ersetzt wurde. Jetzt also wieder Bartels - aber warum eigentlich?
„Wir wollten einen Torwart spielen lassen, der sicher mit dem Ball ist“
„Es war grundsätzlich eine harte Entscheidung, weil man Omer nichts vorwerfen kann. Wir haben uns entschieden, einen Torwart spielen zu lassen, der sehr sicher mit dem Ball ist, damit wir ihn als tiefe Anspielstation nutzen können. Das war ganz wertvoll“, begründete Antwerpen den erneuten Torwart-Wechsel. Bartels habe seine Chance genutzt. „Ich fand ihn in der Summe sehr sicher, er hat viel Ausstrahlung an den Tag gelegt. Er hat eine gute Leistung gebracht, das ist das Entscheidende“, meinte der SVW-Coach. Heißt im Umkehrschluss: Bartels ist die neue Nummer 1. Aber beim SV Waldhof steht eine solche Entscheidung bekanntlich immer unter einem gewissen Vorbehalt.
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