Fußball

Corona-Schock beim SV Waldhof: „Die Lage ist katastrophal“

Von 
Alexander Müller
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Wenig los am Alsenweg: Das erste Training seit dem Corona-Ausbruch beim SVW fiel in kleinem Rahmen aus. © Müller

Mannheim. Die paar Kiebitze hinter dem Zaun, der das Trainingsgelände des SV Waldhof am Alsenweg umgibt, zählten fleißig mit, wie viele Profis des Fußball-Drittligisten am Mittwoch um 15 Uhr den Rasen betraten. Es war die erste Trainingseinheit, seitdem das Coronavirus im Mannheimer Kader in der vergangenen Woche mit Vehemenz zugeschlagen hat. Und die Zaungäste waren mit ihrem kleinen Rechenspiel schnell fertig.

Ein mittlerweile dramatischer Corona-Ausbruch hat tiefe Schneisen in den Mannheimer Kader geschlagen. Nur noch zehn Feldspieler und zwei Torhüter stehen dem SVW vor dem Spiel beim TSV 1860 München (Samstag, 14 Uhr) zur Verfügung. Wenn man den verletzten Anthony Roczen ausklammert, befinden sich damit aktuell insgesamt zwölf Waldhof-Profis plus zwei Mitglieder des Trainerteams in Corona-Quarantäne – also mehr als der halbe Kader. Zu den Betroffenen gehören unter anderem Jesper Verlaat, Dominik Martinovic, Gerrit Gohlke, Joseph Boyamba und Torhüter Timo Königsmann.

Ob die Partie bei den Münchner Löwen stattfinden kann, ist unter diesen Umständen ungewiss. Die Entscheidung darüber liegt in den Händen des DFB, wenn der Waldhof nachweisen kann, dass ihm weniger als 16 Spieler zur Verfügung stehen. Denkbar ist zudem, dass das Mannheimer Gesundheitsamt dem Verein die Reise nach München untersagt, weil die Infektionskette innerhalb der Mannschaft nicht nachvollziehbar ist.

„Die Lage ist katastrophal“, sagte Sportchef Jochen Kientz dieser Redaktion – bevor er das Rumpfteam vor dem Training mit einer flammenden Ansprache auf die schwierige Situation einschwor. „Ihr seid hier, weil ihr es euch verdient habt. Wir nehmen das so an. Ihr seid charakterlich einwandfrei, auch wenn ihr mal nicht spielt. Es geht nur um die Mannschaft“, rief der Manager den Spielern zu. Danach übernahmen Co-Trainer Maximilian Mehring und Chef-Analyst Kevin Stotz die Trainingseinheit, Chefcoach Patrick Glöckner und Fitnesstrainer Florian Braband fehlten aufgrund positiver Befunde. Sollte die Partie bei 1860 stattfinden, wird Glöckner auf keinen Fall auf der Bank sitzen können, selbst für das folgende Heimspiel gegen Zwickau könnte es knapp werden. Zu den verbliebenen gesunden Waldhof-Profis, die am Mittwoch am Alsenweg trainierten, gehörten Kapitän Marcel Seegert, Marc Schnatterer, Marco Höger, Alexander Rossipal, Niklas „Willy“ Sommer, Gillian Jurcher, Marcel Costly, Hamza Saghiri, Adrien Lebeau, Anton Donkor sowie die beiden Torhüter Jan-Christoph Bartels und Lucien Hawryluk. Der angeschlagene Fridolin Wagner (Rücken) absolvierte zudem nur eine leichte Laufeinheit.

Sportchef Kientz ist in diesen Tagen trotz der erfolgreichen sportlichen Zwischenbilanz mit Platz 3 plötzlich als Krisenmanager gefragt. Die Gesundheit von Spielern und Mitarbeitern sei das Wichtigste, bekundete er. „Wir können momentan nur von Tag zu Tag agieren“, sagte Kientz. Mehrere betroffene Spieler klagten über Erkältungssymptome und Fieber. Unter den positiv Getesteten befinden sich laut Kientz sowohl Geimpfte als auch Spieler, die sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt einmal mit Corona infiziert haben – zum Beispiel Boyamba.

Dem SVW wäre in Anbetracht des Corona-Chaos’ eine Absage der Partie am Samstag am liebsten. „Wir versuchen schon, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Das gehört sich auch so. Bei der Anzahl der betroffenen Spieler ist es aber schon fraglich, ob gespielt werden kann“, sagte Kientz. Ein Blitz-Comeback aus dem Kreise der aktuell Infizierten schloss der Sportchef aufgrund der Gefahr weiterer Infektionen aus.

Wann kann ein Drittliga-Spiel überhaupt abgesagt werden? Grundlage einer Absetzung durch den DFB ist Paragraf 15 der Durchführungsbestimmungen zur DFB-Spielordnung, laut der einem Verein weniger als 16 Spieler zur Verfügung stehen müssen, damit die Partie abgesagt werden kann. Ausschlaggebend ist dafür die sogenannte Spielberechtigungsliste. Die Frage ist nun, welche U-23-Spieler der SVW dort zusätzlich gemeldet hat. Sicher darauf stehen nach Informationen dieser Redaktion Shin-hyung Lee, der in der Vorsaison bereits zu zwei Drittliga-Einsätzen kam, und Malik Mikona. Weitere mögliche Kandidaten sind Luca Pedretti, Patrick Hocker, Marc Lutz und Akin Akar. Nimmt man die zwölf Profis aus dem Mittwochstraining sowie den angeschlagenen Wagner, müssten die Mannheimer drei oder vier Talente gemeldet haben, um auf 16 einsatzfähige Spieler zu kommen – dann würde in München gespielt. Am Donnerstag stehen vor dem Training zunächst weitere PCR-Tests auf dem Programm.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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