Mannheim. André Skiba spielt nicht Fußball oder eine andere für Jugendliche typische Sportart. Der 15-Jährige begeistert sich für Boule. Drei Mal die Woche ist er auf dem Käfertaler Sportplatz auf der Jagd nach dem Schweinchen, wie die kleinste Kugel genannt wird. An sie gilt es, mit einer der großen silbernen Kugel so nah wie möglich heranzukommen. Auf den Geschmack ist der junge Mannheimer durch einen Freund gekommen. "Ich habe ihn irgendwann mal mit zum Training begleitet und bin dabei geblieben." Das war vor vier Jahren - und seither hat der Hauptschüler eine beachtliche Karriere hingelegt. Vor kurzem ist er sogar Deutscher Jugendmeister geworden.
André tritt auf die markierte Stelle im Sand. Er schaut kurz zu den Kugeln, die in einigen Metern Entfernung liegen und wirft. Sieht alles ganz leicht aus, jedes Mal trifft er. Von seinem Gesicht ist nicht abzulesen, wie er das findet. Er lacht nicht, er sieht einfach nur so aus wie immer: zufrieden. Der Junge mit den dichten, dunklen Haaren geht zu einem Mannschaftskameraden. Er nimmt eine Hand aus der gelben Trainingsjacke und klatscht ab. "Schön", ruft der Kumpel.
Immer wieder hört Skiba, dass er gut ist. Dabei ist ihm das gar nicht wichtig - das sagt er jedenfalls. Spaß steht für ihn an oberster Stelle und auf Turniere geht er, um "neue Leute kennen zu lernen."
Kampf gegen die Verbissenheit
Andere Boule-Spieler, die einfach nicht verlieren können, kann der Käfertaler nicht verstehen. Er schüttelt den Kopf, wenn er an sie denkt. Diese Verbissenheit, sie ist ein Grund, warum er zum Beispiel nicht Fußball spielt. "Wenn man da schlecht ist, dann landet man gleich auf der Bank." Neben seinem Training, das jedes Mal vier Stunden dauert, trainiert André oft noch zusätzlich.
Sein Trainer Klaus Endress betont: "Mit dem Spruch ,Eine ruhige Kugel schieben' hat dieser Sport nichts zu tun. Wir betreiben ihn professionell." Rund acht Kilometer liefen die Jungs pro Training, das hätten sie ausgemessen. "Außerdem muss man taktisch denken." Denn wie beim Schachspielen müssen sich die Spieler ganz genau überlegen, an welcher Seite sie eine Kugel am Besten treffen, damit sie in eine bestimmte Richtung rollt. "Da ist höchste Konzentration gefragt." Und was die Schützlinge von Endress immer und immer wieder üben müssen, ist die Technik. "Auch das unterscheidet uns von jenen, die manchmal in ihrer Freizeit Boule spielen", erklärt Endress.
In Sachen Konzentration war André schon immer besser als viele Gleichaltrige. "Wenn er bei einem Turnier auf dem Spielfeld steht, blendet er alles aus, dann ist er nicht ansprechbar", erklärt sein Trainer Skibas Tunnelblick. Aber seine Leidenschaft fürs Boule erlosch zwischenzeitlich: Endress vermutet, dass übertriebener Ehrgeiz der Grund dafür war, warum Skiba vor zwei Jahren auf einmal grundlos beim Training fehlte. André wollte aufhören. "Ich weiß auch nicht, ich hatte auf einen Schlag keine Lust mehr", sagt er. Doch so einfach ließ Endress ihn nicht gehen, besuchte ihn zu Hause, redete mit ihm. Er war in dieser Zeit nicht der Einzige, der sagte, dass André weiterkomme, wenn er weitermacht - und konnte ihn überzeugen. Der Trainer ist stolz auf sich und seine Jungs: "Ich habe noch keinen jungen Sportler verloren." Im Gegenteil: André ist schon das vierte Mitglied des SC Käfertal, das Deutscher Jugendmeister geworden ist.
Für die Zukunft hat sich der Junge, der neben dem Boule ab und zu kicken geht, vorgenommen, einmal in die Nationalmannschaft zu kommen. Bis dahin ist es noch ein langer Weg und er muss sich regelmäßig bei den Meisterschaften zeigen. Die Partner für die Turniere sind ihm aber sicher: "Früher habe ich bei den Vereinen angerufen und gefragt, ob jemand mit mir da hingeht." Immer öfter rufen nun andere bei ihm an.
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