Borussia Dortmund - Der BVB hat vor dem Start heute Abend in Brügge weiter viel Arbeit vor sich – und setzt vor allem auf den belgischen Nationalspieler Axel Witsel

Mit neuem Chef zu altem Glanz aufsteigen

Von 
Felix Meininghaus
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Ein lässiger Typ mit Leader-Qualitäten: Der Belgier Axel Witsel ist das zentrale Puzzlestück beim Umbruch in Dortmund. © dpa

Dortmund. Axel Witsel war ein gefragter Gesprächspartner am späten Freitagabend nach dem 3:1-Heimsieg von Borussia Dortmund gegen Eintracht Frankfurt. Die Ansichten des aus China gekommenen Mittelfeldstrategen sind ohnehin relevant, weil er der Kopf einer neu zusammengestellten Mannschaft werden soll. Dazu kommt, dass die Borussia zum ersten Gruppenspiel der Champions League am heute (20.45 Uhr, live auf Sky) beim FC Brügge vorspielt – also in Witsels belgischer Heimat. Der 29-jährige Lockenkopf, der die deutsche Sprache nicht beherrscht, antwortete auf die Fragen der Journalisten in der Mixed Zone in Französisch und Englisch. Und das tat er so, wie er auch meist auf dem Spielfeld auftritt: ruhig, überlebt, souverän.

Sein neuer Arbeitgeber habe eine schwere Prüfung in einem kleinen Stadion vor sich, berichtete Witsel: „Brügge ist das fußballerisch beste Team in Belgien, dort ist eine dichte Atmosphäre, aber natürlich ist das nicht mit dem zu vergleichen, was hier in Dortmund los ist.“ Viel lieber als über den Gegner mochte der Routinier über die eigenen Vorzüge sprechen: „Wir sind ein talentiertes Team und mental stark. Das ist eine gute Qualität, mit der wir in der Champions League bestehen können.“ Das deckt sich mit den Vorstellungen seiner Vorgesetzten. Die Ziele in der Königsklasse seien „immer die gleichen“, betont Sportdirektor Michael Zorc: „Wir wollen die Gruppenphase überstehen und in der Champions League überwintern.“

Ein Selbstläufer wird das nicht. Der BVB steht mit zwei Siegen und einem Unentschieden in der Liga zwar auf Platz zwei und ist auch im Pokal eine Runde weiter, doch die bisherigen vier Auftritte belegen, wie viel Arbeit auf der Baustelle Borussia noch zu verrichten ist. Nach dem teilweise holprigen Auftritt gegen Frankfurt wurde Trainer Lucien Favre gefragt, was er Positives mitnehme für das Spiel in Brügge. Und was am Auftritt seines Teams noch zu verbessern sei. Mit dem ersten Teil mochte sich der Schweizer erst gar nicht aufhalten, er ging übergangslos zu dem über, was ihn wirklich beschäftigt: Der BVB ist ein Projekt, das die ganze Schaffenskraft eines umtriebigen Architekten beansprucht.

Es gäbe „viele Sachen zu verbessern“, betonte der 60-jährige Schweizer. Er müsse erst einmal „alle Spieler besser kennenlernen“. Und dann ging der akribische Fußballlehrer ins Detail: „Wir müssen den Ball besser beherrschen unter extremem Druck. Zweikämpfe in der Luft und am Boden – da haben wir Probleme.“

Alcácer als Sturmhoffnung

Favre geht es unter anderem um die unwiderstehlichen Rhythmus-Wechsel, wie sie große Mannschaften aus dem Effeff beherrschen: „Das Tempo manchmal erhöhen, manchmal ruhiger machen.“ Das alles sind Visionen, die der Trainer aus Leidenschaft mit seiner Mannschaft erarbeiten möchte. Dabei sind die Probleme zum Teil hausgemacht: Der BVB hat einen zu großen Kader: 30 Profis, das kann auf Dauer nicht gut sein für den Betriebsfrieden. Die „Süddeutsche Zeitung“ titelte jüngst von einer „Großgarage voller Luxusschlitten“. Gegen Frankfurt waren Nationalspieler Julian Weigl und der Japaner Shinji Kagawa ganz draußen. Mario Götze schaffte es zumindest auf die Bank, was ihn nicht unbedingt erheitert haben dürfte, denn die Spielzeit des gefallenen WM-Helden betrug erneut null Sekunden.

Favre fühlt sich nicht wohl mit dieser Personallage, die ihm früher oder später um die Ohren fliegen könnte. Auf seine zuletzt erworbene Fachkraft wird der Trainer mit Sicherheit regelmäßig bauen: Den Stürmer Paco Alcácar haben die Dortmunder erst kurz vor Schließung des Transferfensters vom FC Barcelona ausgeliehen und erhoffen sich von ihm den Killerinstinkt, der nötig ist, um Großes zu erreichen. Der erste Eindruck lässt Gutes erahnen: Der Spanier erzielte gegen Frankfurt mit seinem ersten Torschuss das finale 3:1 im Stile eines echten Torjägers. In Brügge wird der Spanier genau wie Thomas Delaney allerdings angeschlagen fehlen.

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