Fußball - Borussia Dortmund mit neuem Coach und runderneuertem Kader bereit zum Angriff in der Bundesliga

Der BVB will es wissen

Von 
Felix Meininghaus
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Bereit zum Durchstarten: Dortmunds Kapitän Marco Reus (l.) setzt sich im Testspiel gegen Lazio Rom gegen Luis Alberto Romero durch. © dpa

Dortmund. Das Lob kam aus berufenem Munde, es hätte epochaler kaum ausfallen können: „Er ist fachlich und menschlich der beste Trainer, den ich je hatte.“ Gesagt hat das Marco Reus über Lucien Favre. Ein erstaunliches Statement, wenn man bedenkt, dass Reus in Dortmund schon unter internationalen Spitzenkräften wie Jürgen Klopp und Thomas Tuchel gearbeitet hat. Der Stürmer weiß, was er sagt, schließlich erlebte er in Mönchengladbach unter Favre seinen Aufstieg zum europaweit begehrten Topspieler. Unwiderstehliche Dribblings und 18 Treffer in einer Saison – so mitreißend wie bei der Borussia vom Niederrhein hat der 29-Jährige seitdem nie wieder agiert.

Reus ist beim BVB Kapitän und Leitwolf, sein Wort hat also größtes Gewicht. Der Nationalspieler ist nicht der Einzige, der das hohe Lied auf den neuen Trainer singt. Während der USA-Tournee des BVB im Juli wurde Mario Götze wie folgt zitiert: „Ich finde es überragend, wie er es angeht, wie er trainieren lässt, was er von uns fordert.“ Manndecker Abdou Diallo, der aus Mainz nach Dortmund gekommen ist, gab staunend zu Protokoll: „Ich muss sehr viel lernen, weil er sehr detailversessen ist.“ All die Hoffnungen, die sich mit dem neuen Trainer verbinden, bündelt Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke in einem Satz: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass Lucien unsere Erwartungen voll erfüllt.“

Chance und Wagnis

Akribisch, taktisch herausragend aber auch pedantisch, grüblerisch und an sich selbst zweifelnd – das waren die Attribute, die Lucien Favre begleiteten, als sich sein Engagement in Dortmund abzeichnete. Alles in allem eine große Chance aber auch ein Wagnis für einen Klub, der in einer Saison voller Widersprüche seine spielerische Identität und zudem auch noch den Kontakt zur Basis verloren hatte.

Es gilt also, einen Mann zu finden, der ein wankelmütiges Ensemble zurück zur Einheit führt und ihm eine neue spielerische Identität verleiht. Kein leichtes Unterfangen, nachdem zuerst der Holländer Peter Bosz so gnadenlos offensiv agierte, dass die Dortmunder bei jedem halbwegs couragierten Gegenangriff einknickten. Nachfolger Peter Stöger schaffte es zwar, die defensive Ordnung wiederherzustellen, doch darüber vergaß die Borussia, ihre offensive Wucht und Kreativität auf den Platz zu bringen.

Nun soll ein mit sieben Zugängen massiv veränderter Kader so agieren, dass Angriff und Verteidigung wieder im Einklang sind. Favre scheint dafür der geeignete Mann zu sein. „Seine Mannschaften haben immer eine sehr gute Balance zwischen Offensive und Defensive“, sagte Sportdirektor Michael Zorc. Der 60-jährige bevorzugt eine Mischung aus dem überfallartigen Umschaltspiel Klopp’scher Prägung und dem Ballbesitzfußball von Tuchel. Der Trainer will mit seinem Team hoch stehen, dabei jedoch nicht das Überraschungsmoment vernachlässigen: „Eine Mannschaft, die nicht kontern kann, ist keine große Mannschaft“, findet Favre.

Der Schweizer arbeitet mit einer Mannschaft, die ein neues Gesicht bekommt – auch durch Axel Witsel. Der belgische Nationalspieler kommt aus China und ist das, was man im Branchenjargon als Königstransfer bezeichnet. Der 29-Jährige soll im defensiven Mittelfeld die Chefrolle übernehmen und dafür sorgen, dass der BVB mehr physische Präsenz auf den Platz bringt. „In der Analyse der letzten Saison haben wir gesehen, dass es – ganz platt formuliert – zu einfach war, uns zu schlagen“, sagt Zorc.

Eine „Drecksau“ nötig

Es gilt also Abhilfe zu schaffen, weshalb Dortmunds Legende Dedé den Transfer von Witsel ausdrücklich begrüßt: „So ein Spieler hat der Borussia vielleicht gefehlt“, sagt der brasilianische Publikumsliebling, um im schönsten Fußballerjargon zu bekräftigen: „Du brauchst eine Drecksau, die in jeden Zweikampf reingeht. Das hilft der Mannschaft.“

Neben Witsel und all den neuen Kräften betrifft die vielleicht spannendste Personalie einen Profi, der bereits in Dortmund ist: Mario Götze. Der Schütze des Siegtors bei der WM 2014 in Brasilien wird immer ein Spieler sein, der unter besonderer Beobachtung steht. Während der Vorbereitung wirkte der 26-Jährige auffallend austrainiert und spielfreudig. „Ich hatte endlich eine längere Pause, um auch mal abzuschalten“, sagte Götze, der bei der WM in Russland nicht im deutschen Kader stand.

Nicht nur wegen Götzes guter Verfassung hat die Konkurrenz den achtfachen deutschen Meister auf dem Zettel. So gab Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge jüngst über den ewigen Konkurrenten aus dem Revier zu Protokoll: „Das ist zumindest die zweitbeste Mannschaft in Deutschland.“ Der BVB will es wissen – die Konkurrenz ist gewarnt.

Neuer Kader

  • Borussia Dortmund hat sich stark verändert: Roman Weidenfeller (Karriereende), Michy Batshuay (zurück zu Chelsea), Andrey Yarmolenko (West Ham United), Sokratis (Arsenal), Gonzalo Castro (Stuttgart), André Schürrle (Fulham), Erik Durm (Huddersfield) sind nicht mehr da.
  • Gekommen sind unter anderem Marvin Hitz (Augsburg), Marius Wolf (Frankfurt), Thomas Delaney (Werder) und Abdou Diallo (Mainz) und Axel Witsel (Tianjin Quanjian /China).

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