Rente - Viele Nichtangestellte unterversichert / Bundesarbeitsminister Heil will gesetzliche Pflicht einführen

Selbstständig – selbst vorsorgen

Von 
Beate Kaufmann
Lesedauer: 
Selbstständige wie zum Beispiel Handwerker sollten privat fürs Alter vorsorgen. Denn sonst drohen finanzielle Lücken. © Westend61/dpa

Hamburg. Was haben selbstständige Erzieher, Lehrer oder Pflegekräfte gemeinsam? Sie sind ebenso wie einige Handwerker gesetzlich verpflichtet, für das Alter vorzusorgen. Dieser Personenkreis der pflichtversicherten Selbstständigen zahlt in der Regel 18,6 Prozent ihres Einkommens in die Rentenversicherung.

Bei Selbstständigen mit unsicheren oder wechselnden Einkünften kann das eine Belastung sein. Zudem ergibt dieser Betrag nur eine geringe Rente. „Die Absicherung der pflichtversicherten Selbstständigen ist oftmals nur unzureichend, denn der Regelbeitrag führt häufig nur zu einer Rente in Höhe von 900 Euro“, sagt Sally Peters vom Institut für Finanzdienstleistungen (iff).

Freiberufler, die in Kammerberufen arbeiten, sind dort pflichtversichert. Dazu gehören Ärzte, Apotheker, Architekten oder Rechtsanwälte. „Angehörige dieser Berufe zahlen einkommensabhängige Pflichtbeiträge und bauen damit über die Jahre in der Regel auskömmliche Altersrenten auf“ erklärt Peters. Anders als die gesetzliche Rentenversicherung legen Versorgungswerke die Beiträge ihrer Mitglieder am Kapitalmarkt an. „Dabei zahlt jeder Versicherte für seine eigene Rente ein“, erklärt Sara Zinnecker vom Verbraucherportal Finanztip. Wenn die Niedrigzinsphase anhält, könnten die Renten ebenfalls niedriger ausfallen.

Deutlich mehr Selbstständige müssen sich freiwillig versichern. Sie können ihre Vorsorge bisher frei gestalten oder in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Künftig soll sich das ändern: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will eine Altersvorsorgepflicht für nicht abgesicherte Selbstständige einführen und dafür Ende des Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen.

Derzeit gilt: „Selbstständige, die sich für die gesetzliche Rente entscheiden, können sich freiwillig in der Rentenversicherung versichern oder auf Antrag pflichtversichern“, erklärt Katharina Henrich von der Stiftung Warentest. Beides hat Vor- und Nachteile.

Wer sich in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert, erhält Riester-Förderung, und seine Beitragszeiten zählen ohne Einschränkungen für eine Frührente. Außerdem sichere er sich Ansprüche auf eine Erwerbsminderungsrente – interessant für Menschen, die wegen Vorerkrankungen keinen privaten Berufsunfähigkeitsschutz bekommen, sagt Henrich. Dafür fehlt Flexibilität: Der Antrag auf Pflichtversicherung kann nur in den ersten fünf Jahren der Selbstständigkeit gestellt werden. Zudem ist der Beitrag fix – entweder 18,6 Prozent des Arbeitseinkommens oder der Regelbeitrag. Und es gilt: Wer sich einmal für die Pflichtversicherung entschieden hat, muss darin bis zum Abschluss seiner Selbstständigkeit bleiben.

Flexibler mit freiwilligen Beiträgen

Nur mit freiwilligen Beiträgen in die gesetzliche Rentenkasse können sich Versicherte keinen Anspruch auf Riester-Förderung oder eine Erwerbsminderungsrente sichern, haben dafür aber mehr Flexibilität. „Sie können zwischen Mindest- und Höchstbeiträgen wählen und können, wenn das Geld sehr knapp wird, die freiwillige Versicherung auch wieder beenden“, erklärt Henrich.

Eine weitere Möglichkeit: die Rürup-Rente. Diese Verträge werden meist in Form einer klassischen oder fondsgebundenen Rentenversicherung angeboten. Der Unterschied zur gesetzlichen Rente: „Die Rürup-Rente nährt sich aus eigenen Beiträgen“, erklärt Zinnecker.

Doch viele Solo-Selbstständige haben keine ausreichende Altersvorsorge. Ein Problem, das wächst – durch neue Jobs rund um das Internet und neue Arbeitsformen. „Das Kernproblem liegt wohl darin, dass es für Kleinunternehmer keine richtige Lösung gibt“ sagt Peters. „Selbstständigkeit ist und bleibt ein Armutsrisiko. Selbst ein gutes Konzept und hohe Rücklagen schützen nicht davor, dass es zu finanziellen Engpässen kommen kann.“

Privat vorsorgen sollten deshalb alle Selbstständigen. Sie können das mit Sparplänen, Lebensversicherungen, Aktien- oder Immobilienanlagen. Doch Vorsicht: Solche Anlagen können gepfändet werden und teuer sein. Die monatlichen Kosten dafür sollte man nicht aus den Augen verlieren. Denn bei finanziellen Engpässen im Betrieb müssen diese Verträge häufig aufgelöst werden. Und die entstandene Lücke wieder zu schließen, ist meist unmöglich.

Da gerade bei Selbstständigen die persönliche und finanzielle Situation aber sehr unterschiedlich ist, empfehlen die Experten eine individuelle und unabhängige Beratung.

Die Rürup-Rente

  • Die Rürup-Rente gilt als Basisrente und wird staatlich gefördert. 88 Prozent kann der Beitragszahler 2019 von der Steuer absetzen. Das macht die Rürup-Rente für gut verdienende Selbstständige interessant.
  • Zudem gibt es die Möglichkeit, deutlich höhere Beiträge einzuzahlen als bei der gesetzlichen Rentenversicherung und damit seine Rente aufzubessern. 2019 lassen sich Beiträge bis rund 24 300 Euro ansetzen.
  • Rürup-Verträge sind nicht kündbar, und Sparer können sich Guthaben auch nicht auszahlen lassen. Sie können die Zahlungen jedoch anpassen. Möglich ist es, Beiträge auszusetzen, auf einen Mindestbeitrag zu reduzieren oder per Einmalbeitrag den Höchstbetrag aufzufüllen.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen