Es ist gerade alles viel, oder?

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© Alexandra ❤️A life without animals is not worth living❤️

Mir wird gerade alles zu viel. Aber wie muss es denn Menschen gehen, die neben dem ‚normalen Alltagswahnsinn‘ eine Pflege bewältigen müssen? Haushalt, Arbeit, Kinder, Homeschooling / Homeoffice, Termine organisieren in Zeiten der Pandemie! Und das ist wahrscheinlich nur ein kleiner Teil dessen, was wirklich gemacht werden muss. Wie kann man mit solch einer Belastung umgehen?

Sich nicht mit anderen vergleichen

Das Wichtigste ist, sich und seine Situation nicht mit anderen zu vergleichen. In der Regel kommt man schlechter weg. Warum ist das so? Oftmals glauben wir, das andere ihr Leben und aufkommende Krisen, besser im Griff haben als wir. Doch wir leben in einer Gesellschaft, in der man Makel, Probleme, Herausforderungen und vieles mehr, nicht an die große Glocke hängt. Wir machen vieles mit uns selbst aus was leider nicht selten zu Zusammenbrüchen führt. Und dann kommen Überlastungen und Probleme gnadenlos ans Licht.

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Gerade wir Frauen tendieren dazu, uns mit anderen zu vergleichen. Dabei geht es nicht nur um das Äußerliche. Auch mir ging es oft so, dass ich mich mit anderen Menschen verglichen habe und vergessen habe, mich selbst in meinen Fokus zu stellen. Das was ich bis dato geleistet habe sollte ich anerkennen und mich selbst dafür loben. Jeder Mensch hat eine einzigartige Lebenssituation. Ja, es gibt Frauen, die sind erfolgreich im Beruf, haben Kinder, kümmern sich mit um den Haushalt, und vielleicht sogar noch um pflegebedürftige Verwandte und nach außen hin scheinen sie mühelos alles unter einen Hut zu kriegen und sehen dabei noch fantastisch aus!

Doch weiß ich tatsächlich, wie sieht das alles stemmen? Bleibt vielleicht auch bei ihnen etwas auf der Strecke? Allem voran sie selbst oder die Familie? Kurz: Ich weiß es nicht und anstelle mich für diese Frauen zu freuen, dass sie vermeintlich alles so gut managen, kommt schon mal ein Funke Neid zutage. Warum bekommen die das so gut hin und ich strample mich ab?

Reflektieren und Auszeiten nehmen

Solche Gedankengänge sind menschlich, aber verschenkte Lebenszeit. Lernen Sie Ihre eigenen Bedürfnisse kennen, reflektieren sie sich selbst und ihre Lebenssituation. Was kann ich verändern, um mein Leben so zu gestalten, dass ich zufrieden bin und die alltäglichen Aufgaben gut bewältigen kann? Dazu gehört vielleicht auch manchmal sich zurückzuziehen, sich von äußeren Einflüssen freizumachen, nicht in die sozialen Netzwerke zu gehen, den Fernseher mal links liegen lassen und anstelle dessen einfach die Seele baumeln lassen oder rausgehen und schreien, auf Kissen einschlagen u.v.m. Solche Auszeiten sind besonders wichtig in der jetzigen Phase der Pandemie, an der so manch einer von uns den Eindruck hat, dass es keinerlei Perspektive mehr gibt und wir in einer Sackgasse gelandet sind.

Seine Gefühle und Gedanken (mit)teilen

Entscheidend ist sich immer mal wieder die Frage zu stellen: Warum pflege ich? Was waren meine Beweggründe? Haben sie sich heute geändert? Bin ich genauso motiviert und davon überzeugt wie zu Beginn? Oder muss ich mir eingestehen, dass ich gerade an einem Punkt angelangt bin, an dem ich nicht mehr weiter weiß. Gerade in der Pflege kommen solche Momente irgendwann zu Tage. Es ist für alle Beteiligten wichtig, sich solche Gefühle und Emotionen einzugestehen. Wenn man dies nicht tut, kann es verstärkt zu negativen Emotionen kommen, die bis hin zu Gewalt in der Pflege führen können. Daher ist es wichtig, sich rechtzeitig mitzuteilen und mit einem nahestehenden Menschen oder mit Menschen in den Dialog zu gehen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Selbsthilfegruppen stellen besonders in solchen Momenten einen wichtigen Rückzugsort dar und sind von entscheidender Bedeutung für viele Menschen in einer Pflegesituation.

Wo Schatten ist, da ist auch Licht

Glauben Sie mir, auch mir geht es derzeit nicht anders als allen anderen. Ich sage immer, dass jeder Mensch derzeit sein Päckchen zu tragen hat. Leider der eine mehr und der andere weniger. Aber es hilft nichts. Wir können es selbst nicht ändern aber wir können Einfluss auf unsere Lebensumstände und unser Leben nehmen. Wir haben Einfluss auf unseren kleinen Radius. Vielleicht sind wir nur ein kleines Rädchen in dem ganz großen Ganzen. Aber auch dieses Rädchen hat seine Daseinsberechtigung und ist wichtig für alle.

Ja es ist nicht leicht. Aber glauben Sie an sich, besinnen Sie sich auf Ihre positiven Seiten, auf das was Sie jeden Tag leisten, besonders wenn Sie pflegender Angehöriger sind. Wenn es Ihnen niemand anders sagt, sagen Sie es sich selbst. Die beste Anerkennung ist die Anerkennung, die man sich selbst zukommen lässt und sie ist bisweilen die Aufrichtigste.

Halten Sie durch, besinnen sie sich auf das Wesentliche. Immer dort wo es dunkel ist, wird es irgendwann heller werden.

Ihre Waltraud Gehrig

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