Berlin. Er habe es selbst nicht immer für möglich gehalten, dass das in diesem Frühjahr noch gelinge, sagt Robert Habeck. Nach wochenlangen harten Debatten und Auseinandersetzungen auch mit den Koalitionspartnern ist das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG), das die Wärmewende in Deutschland einleiten soll, auf dem Weg. Das Bundeskabinett beschloss die Novelle am Mittwoch, Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) stellten die Pläne vor. Mit dem GEG soll festgelegt werden, dass neu eingebaute Heizungen ab dem kommenden Jahr zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden müssen.
Keine sofortige Austauschpflicht
Seitdem ein Referentenentwurf des Gesetzes im Februar an die Öffentlichkeit gelangt war, hatten die Pläne des Wirtschaftsministers für Verunsicherung und jede Menge Ärger gesorgt. Bauministerin Geywitz war um Klarstellung bemüht: „Es wird nicht dazu führen, dass jemand ohne Heizung dasitzt“, erklärte sie. „Es wird auch nicht dazu führen, dass Menschen gezwungen sind, ihr Haus zu verkaufen, weil sie sich nicht an die Anforderungen dieses Gesetzes halten können.“ Eine sofortige Austauschpflicht für bestehende fossile Heizungen gibt es auch mit dem neuen Gesetz nicht. Wer eine funktionierende Öl- oder Gasheizung hat, kann diese weiterbetreiben, bis er an die bisher schon geltende Grenze von 30 Jahren stößt.
Die 65-Prozent-Quote gilt für neue Heizungen. Erfüllen können Hausbesitzer diese Vorgabe mit einem Anschluss an ein Wärmenetz, eine Wärmepumpe, Solarthermie oder eine Heizung, die auf Biomasse oder blauen oder grünen Wasserstoff zurückgreift. Auch Hybridheizungen, die etwa einen Gaskessel mit einer Wärmepumpe kombinieren, sind möglich.
Regeln sozial abgefedert
Die Bundesregierung rechnet mit 9,2 Milliarden Euro, die die Bürger investieren sollen. Demgegenüber stehen laut dem Gesetzentwurf über einen Betriebszeitraum von 18 Jahren elf Milliarden Euro, die die Bürgerinnen und Bürger sparen.
Weil Wärmepumpen, die den Großteil der regenerativ betriebenen Heizungen ausmachen sollen, in der Anschaffung deutlich teurer sind als Gasheizungen, sollen die neuen Regeln sozial abgefedert werden. Wer im eigenen Haus die Heizung austauscht, bekommt – unabhängig vom Einkommen – 30 Prozent Förderung vom Staat. Wer Transferleistungen bezieht – etwa Wohngeld, Grundsicherung im Alter oder Bürgergeld – der kann (als „Klimabonus I“) weitere 20 Prozent Förderung bekommen. Generell sind diese Gruppen laut Habeck von den Pflichten des Gesetzes ausgenommen.
Zehn Prozent Förderung als „Klimabonus II“ können Eigentümer bekommen, die ihre alte Heizung schon vor der gesetzlichen Pflicht zum Tausch wechseln oder eine Anlage mit einem hohen Erneuerbaren-Anteil wählen. Die Boni können die Grundförderung ergänzen, aber nicht untereinander kombiniert werden – Verbraucher können also mit maximal einer 50-Prozent-Förderung rechnen.
Das neue Gesetz sieht Übergangsfristen und Ausnahmeregeln vor. „Wenn man über 80 ist, muss man sich mit dem Gesetz nicht beschäftigen“, fasste Habeck eine dieser Ausnahmen zusammen. Dann sei man nicht mehr verpflichtet, die 65-Prozent-Vorgabe zu erfüllen.
Die Herleitung für diese Altersgrenze liefert der Gesetzentwurf: Sie begründe sich „aus der Annahme, dass Gebäudeeigentümer, die das 80. Lebensjahr vollendet haben, stark gefährdet sind, nicht mehr in den Genuss der Amortisation der Mehrkosten beispielsweise einer Wärmepumpe gegenüber den Investitionskosten einer Gasheizung kommen“.
Misstöne in der Koalition
Auch Mieter sollen vor explodierenden Kosten geschützt werden: Baut ein Vermieter etwa in einem schlecht gedämmten Gebäude eine Wärmepumpe ein, muss diese einen Wirkungsgrad von mindestens 2,5 erreichen, damit die Kosten vollständig über eine Modernisierungsumlage weitergegeben werden können. Andernfalls sollen Vermieter nur 50 Prozent umlegen dürfen.
Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, begrüßte die Regeln zum Mieterschutz und die Ausnahme- und Härtefallregelungen. „Wichtig ist für uns, dass das Gesetz hält, was es verspricht, wenn es den Deutschen Bundestag verlässt“, sagte sie dieser Redaktion. „Niemand darf alleingelassen und alle Maßnahmen müssen sozial flankiert werden. Daran werden wir das Gesetz am Ende messen.“
Kaum war der Kabinettsbeschluss gefasst, da drangen schon wieder die ersten Misstöne unter den Koalitionspartnern nach außen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte der Verabschiedung im Kabinett, wo Einstimmigkeit gefordert ist, zwar zugestimmt, in einem ungewöhnlichen Vorgang aber gleichzeitig eine Protokollnotiz hinterlegt, die ausdrückt, dass er mit dem Vorhaben in dieser Form noch nicht zufrieden sei.
Sein Haus habe zugestimmt „im Bewusstsein“, dass die Fraktionen im Bundestag den Gesetzentwurf intensiv beraten und auch „weitere notwendige Änderungen vornehmen werden“, schrieb Lindner. Der regierungsinterne Kampf um das Gesetz ist offenbar noch nicht entschieden – die nächste Runde findet im Bundestag statt.
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