Wiesbaden/Mannheim. Gegen Ende hat Volker Bouffier doch noch Zähne gezeigt. Wochenlang war der Ministerpräsident als jovial lächelnder Landesvater durch Hessen gezogen, hatte Schultern geklopft und Hände geschüttelt. Es war ein Alles-ist-gut-Wahlkampf in bester Merkel-Manier. Bis zum TV-Duell.
Im Fernseh-Studio überraschte Bouffier alle. Von der ersten Minute ging er SPD-Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel hart an, forderte dessen "Ehrenwort", nicht mit der Linken zu koalieren. Da war er wieder, der einstige Haudegen der CDU. Geschadet hat es ihm persönlich offenbar nicht. Zum ersten Mal hatte Bouffier seine Partei als Spitzenkandidat in eine Landtagswahl geführt. Auch wenn es für Schwarz-Gelb nicht mehr reicht, konnte die CDU deutlich zulegen und Bouffier bleibt voraussichtlich Ministerpräsident. Wenn man so will, wäre er dann endgültig im Amt angekommen.
Volker Bouffier wird am 18. Dezember 1951 geboren und wächst im mittelhessischen Gießen auf. Der junge Bouffier ist ein talentierter Basketballer. Ein Autounfall im Alter von 22 Jahren beendet jedoch alle sportlichen Träume. Bouffier bricht sich das Genick, muss für ein Jahr ins Krankenhaus. Bis heute leidet er unter den Folgen. Doch Bouffier kämpft sich zurück ins Leben. Er studiert Jura, arbeitet als Rechtsanwalt. Auch in der CDU macht er Karriere. 1982 zieht er in den Landtag ein. Als sein Parteifreund Roland Koch 1999 Ministerpräsident wird, übernimmt Bouffier das Innenressort.
Kompromissloser Kurs
Es ist die Zeit der harten Worte und markigen Sprüche, in der Koch das traditionell gespaltene Hessen weiter polarisiert. Und Bouffier mischt mit. Er gibt den Hardliner (Spitzname: "Schwarzer Sheriff"), kämpft für neue Überwachungsmethoden und fährt einen kompromisslosen Kurs bei der Abschiebung von Flüchtlingen. Bouffier teilt aus - und steckt ein. Er windet sich durch Skandale und Untersuchungsausschüsse, erträgt Witze über sein Äußeres und verharrt elf Jahre lang in der machtpolitischen Warteposition.
Am 31. August 2010 ist es so weit. Weil Koch die Politik verlässt (und später zum Mannheimer Baukonzern Bilfinger wechselt), wird Bouffier Regierungschef. Gleichzeitig ändert er sein öffentliches Auftreten. "Ich sehe mich nicht als oberster Spalter", sagt er auch heute immer wieder. Tatsächlich führt Bouffier den aggressiven Stil seines Vorgängers - zumindest nach außen hin - nicht fort. Er präsentiert sich als Kümmerer. Bei der Schuldenbremse holt er SPD und Grüne ins Boot, beim Turbo-Abi gesteht er Fehler.
Dass Bouffier die Rolle des Versöhners im Wahlkampf-Endspurt öffentlich aufgibt, bringt ihn zuletzt selbst ins Straucheln. Als er von einem Journalisten nach einer Kooperation mit der AfD gefragt wird, will er erst nichts ausschließen, um später doch noch eine Ehrenwort-Absage hinterherzuschicken. Darüber - so viel ist klar - muss er sich nun keine Gedanken mehr machen.
In fünf Jahren, so kündigte Bouffier an, wolle er im Falle eines Sieges aufhören mit der Politik. Ob er nun tatsächlich Ministerpräsident bleibt, hängt ausgerechnet von seinen Versöhner-Qualitäten ab - möglicherweise so stark wie noch nie.
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