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Und jetzt, Europa?

Bald ist Donald Trump zurück im Weißen Haus. Brüssel will sich kooperativ zeigen – hat aber auch schon Gegenzölle vorbereitet

Von 
Katrin Pribyl
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Mit Trump als US-Präsident drohen der EU insbesondere in Sachen Verteidigung und Handel schwere Zeiten. © Eric Lalmand/dpa

Brüssel. Immerhin eine Sache wissen die Europäer über Donald Trump: Jener Mann, der am Montag als US-Präsident eingeschworen wird, liebt Zölle. Es sei „das schönste Wort im Wörterbuch“, hatte er im vergangenen Jahr getönt und gleichzeitig gedroht, sie gegen Verbündete in aller Welt zu verhängen, auch gegen die EU, für die die USA der wichtigste Handelspartner darstellt.

Obwohl die Aussicht auf Sonderabgaben wie ein Damoklesschwert über Brüssel hängt, strahlen die EU-Spitzen – anders als vor acht Jahren, als der Republikaner erstmals ins Weiße Haus einzog – dennoch ein gewisses Selbstbewusstsein aus, zumindest öffentlich. „Wir sind auf alles vorbereitet“, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange. Würde Washington „zusätzliche illegale Zölle“ gegen die Gemeinschaft verhängen, „sollten wir einen kühlen Kopf bewahren: verhandeln wo möglich, verteidigen wo nötig“, forderte der SPD-Politiker.

In diesem Sinne feilte eine „Taskforce“ in der EU-Kommission monatelang an einem zweistufigen Plan, der vom Prinzip Zuckerbrot und Peitsche geleitet ist. Einerseits will die Gemeinschaft den selbsternannten „Dealmaker“ Trump mit Angeboten der Zusammenarbeit besänftigen. Man könnte ihm etwa in Energiefragen entgegenkommen, ist zu vernehmen, was bedeutet, dass die EU unter Umständen mehr amerikanisches Flüssiggas kaufen würde. Falls die Charmeoffensive ins Leere führt, sei man jedoch gewillt, ebenfalls Zusatzzölle zu verhängen. „Ohne glaubwürdige Vergeltungsmaßnahmen verlieren wir“, sagte Lange. Wie schon während Trumps erster Amtszeit, als die EU von Gegenzöllen auf Harley-Davidson-Motorräder sprach und damit Produkte aus „Trump-Staaten“ anvisierte, wird nun abermals mit der Idee geliebäugelt, gezielt Waren mit Sonderabgaben zu versehen, die vorneweg jene Bundesstaaten träfen, in denen der Republikaner besonders viele Befürworter hat.

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Christian Kerl
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Abgesehen von Handelsfragen wird Trump 2.0 von vielen als „Wundertüte“ bezeichnet, ergo: Die EU rätselt seit Monaten darüber, welche seiner Ideen ernst genommen werden müssen und bei welchen es sich lediglich um Provokationen handelt. In dessen erster Amtszeit sei das einzig Berechenbare das Unberechenbare gewesen, zitierte der Chef des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister, den zuletzt meistgehörten Satz. Der Christdemokrat warnte davor, in eine „ reflexhafte Politik der Ablehnung“ zu verfallen. Vielmehr sollte die EU „sachorientiert nach Interessenparallelen suchen“ und darüber hinaus „aus eigener Kraft weltpolitikfähig“ werden.

Wie er klingt das Gros der europäischen Politiker. Selbstständiger werden, mehr Verantwortung bei der eigenen Sicherheit übernehmen – die Forderungen werden fast mantrahaft und durch die Lager hinweg wiederholt. Dabei bleibt das Thema Verteidigung die Achillesferse der Europäer. Die Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten nutzte Trump bereits in seiner ersten Amtszeit als Druckmittel. Und kürzlich sorgte er abermals für Schockwellen, als er eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten von aktuell zwei auf fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts verlangte.

Es habe sich um einen „klassischen Trump“ gehandelt, sagte die EU-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann – „erst einmal eine hohe Summe in den Ring werfen, um dann einen hohen Anteil davon zu erringen“. Auch wenn der Stil irritiere, so die FDP-Politikerin. „Wir sollten flach atmen und uns auf das Sachliche konzentrieren.“ 450 Millionen Europäer und Europäerinnen könnten „mit geradem Rücken stehen“. Gleichwohl forderte auch sie, mehr Geld für Verteidigung auszugeben. „Wenn zwei Drittel der Party in der Nato die Vereinigten Staaten zahlen, dann ist das ein Zustand, der nicht mehr zu akzeptieren ist.“ Die Europäer hätten es „in der Annahme, dass Trump nur ein kurzfristiger Budenzauber war, hinlänglich verpasst“, sich auf den Weg zu machen. Das soll sich nun ändern, auch auf EU-Ebene. Strack-Zimmermann steht dem neu geschaffenen ständigen Ausschuss für Verteidigung und Sicherheit im Europaparlament vor. Das Gremium soll gemeinsam mit dem neuen Verteidigungskommissar Andrius Kubilius die europäische Verteidigungsindustrie stärken. Kubilius müsse nun die nationalen Parlamente und die Staats- und Regierungschefs überzeugen, dass es in ihrem Interesse sei, „gemeinsam, in Menge und in Geschwindigkeit“ einzukaufen, so Strack-Zimmermann.

Themen auf der Agenda, die für die Nato von Wichtigkeit sind

Während in der EU trotz aller Vorbereitung Nervosität zu spüren ist, scheint man in der Nato einigermaßen gelassen auf Trumps Rückkehr zu blicken – ungeachtet seiner Drohungen, die Unterstützung für die Ukraine zu kürzen oder den Schutzschirm für die seiner Ansicht nach schmarotzenden Europäer zurückzuziehen, falls diese nicht genug bezahlen. Man müsse „erst einmal abwarten, was kommt“, sagte ein Diplomat. Obwohl Trumps Stil bei vielen für Kopfschütteln sorgt, wird hinter den Kulissen begrüßt, dass der US-Amerikaner einige Themen oben auf die Agenda setzte, „die wichtig für uns sind“, so ein Nato-Insider, ob es etwa um die Sicherheit in der Arktis geht oder um höhere Verteidigungsausgaben.

Korrespondent

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