Übertriebenes Programm

Von 
Rudi Wais
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W as für eine Gästeliste! Donald Trump und Wladimir Putin, Recep Tayyip Erdogan und Xi Jinping, der chinesische Staatspräsident: Wenn Angela Merkel Anfang Juli zum Gipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer in ihre Geburtsstadt Hamburg bittet, treffen dort alle Reizfiguren der Weltpolitik aufeinander. Im Club der Staats- und Regierungschefs gehört die Kanzlerin zwar zu den Mitgliedern mit der längsten Amtszeit und der größten Erfahrung. Die Erfolgsaussichten der deutschen G-20-Präsidentschaft aber, die an diesem Donnerstag beginnt, erhöht das nicht unbedingt.

Im Gegenteil. Im beginnenden Bundestagswahlkampf hat Angela Merkel andere Sorgen und setzt vermutlich auch andere Schwerpunkte. Natürlich wird das Treffen im Sommer perfekt inszeniert sein und die Gastgeberin als die Frau ins Scheinwerferlicht rücken, bei der alles zusammen läuft.

In den wesentlichen politischen Fragen aber treten die 19 Mitgliedsländer und die Europäische Union als Teilnehmer Nummer 20 auf der Stelle. Bei ihrer letzten Auflage im September in China fand die Gipfelrunde weder eine gemeinsame Linie in der Syrien-Krise noch kam sie im Kampf gegen Terrorfinanzierer und Geldwäscher wirklich voran.

Natürlich brauchen Spitzenpolitiker wie Trump, Putin oder die Kanzlerin einen geschützten Raum, in dem sie sich treffen und beraten können. Und natürlich muss nicht jedes dieser Treffen unmittelbar in konkrete politische Vorstöße münden. Wie schon beim Gipfel der sieben großen Wirtschaftsmächte im Sommer 2015 auf Schloss Elmau bei Garmisch aber neigt die Kanzlerin auch vor dem Hamburger Großereignis dazu, es zu überfrachten. Frauen, Flucht, Migration, Freihandel, Klimaschutz, der Umgang mit Epidemien und Pandemien, dazu noch die vielen kniffligen Finanzfragen: Für nicht einmal zwei Tage ist das ein sehr ambitioniertes, um nicht zu sagen übertrieben ehrgeiziges Programm. Auch deshalb stehen Aufwand und Ertrag solcher Gipfel in keinem Verhältnis mehr zu einander.

Korrespondent

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