USA - John Ellis Bush braucht lange, um sich verbal vom Irak-Einmarsch zu distanzieren / Voller Wahlkampfeinsatz

Seiltanz zwischen Bruder und Vater

Von 
Frank Herrmann
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John Ellis Bush, Favorit der Republikaner als Obama-Nachfolger.

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Washington. In der Four-Peaks-Brauerei in Arizona, bei einem Bürgerforum, bekannte Jeb Bush endlich Farbe. "Nach allem, was wir heute wissen, was hätte ich getan? Ich hätte mich nicht darauf eingelassen. Ich wäre nicht in den Irak gegangen." Es war innerhalb von vier Tagen der vierte Versuch, die Antwort auf eine Frage zu geben, die ihn zu überraschen schien, obwohl doch sonnenklar war, dass sie das Land beschäftigt.

Noch keine offizielle Bewerbung

Von John Ellis "Jeb" Bush wollen die Wähler natürlich wissen, auf wessen Spuren er wandelt, auf den interventionistischen seines Bruders oder auf den realpolitischen seines Vaters, der es 1991 nach der Befreiung Kuwaits im Golfkrieg abgelehnt hatte, Truppen nach Bagdad marschieren zu lassen, um den Diktator Saddam Hussein zu stürzen. Das Kapitel Irak liegt den Amerikanern nicht nur schwer im Magen, es liegt auch wie ein Schatten über dem Wahlkampf, den der Ex-Gouverneur Floridas längst mit vollem Einsatz führt, obwohl er sich offiziell noch nicht ums Weiße Haus beworben hat.

Dabei ist es nicht ganz so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Einerseits fand selbst "Fox News", der Haussender der Konservativen, bei einer Umfrage heraus, dass es 58 Prozent der Wähler für einen Nachteil halten, wenn einer mit George W. verwandt ist.

Andererseits gibt im Bundesstaat Iowa, der zum Auftakt der Primaries die Weichen stellt, die religiöse Rechte den Ton an der Parteibasis an, und bei der steht George W. nach wie vor hoch im Kurs. Falls es schließlich im Finale zum Duell Bush gegen Clinton kommt, dürfte keiner von beiden lange auf der Irak-Frage herumreiten, denn auch die Senatorin Hillary Clinton hat einst für den Einmarsch gestimmt.

Jebs Dilemma besteht eher darin, dass sein fast einwöchiger Eiertanz den Eindruck erweckt, als überfordere ihn die gnadenlose Härte des Kampagnenmarathons.

Bis zu seinem eingangs erwähnten Auftritt in Arizona hatte Jeb Bush bei diesem sensiblen Thema den breitestmöglichen Spreizschritt probiert, indem er sich irgendwo zwischen Bruder und Vater positionierte - so vage es gerade noch vertretbar war.

In seinem Beraterteam sind sowohl forsche Interventionisten als auch kühle Realpolitiker vertreten: Paul Wolfowitz, der Architekt des Irakkrieges, ebenso wie James Baker, der Außenminister des alten Bush. Als er vor drei Monaten in Chicago seine erste außenpolitische Grundsatzrede hielt, klang sein Spagat so: "Ich liebe meinen Bruder, ich liebe meinen Vater, aber ich habe meinen eigenen Kopf".

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