Putins Triumph

Birgit Cerha über den angekündigten russischen Truppen-Teilabzug: Der Kremlchef diktiert das Geschehen nach Belieben

Von 
Birgit Cerha
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Russlands Präsident Wladimir Putin demonstriert seinen Triumph in Syrien. Doch auch nach einem Teilabzug der russischen Truppen ist ein Ende des Kriegs noch lange nicht in Sicht. Als "Teilerfüllung" seiner militärischen Mission in Syrien will Putin den begonnenen Abzug am Mittelmeer verstanden wissen. Es könnte aber sein, dass dieser mehr eine symbolisch-politische als eine strategisch-militärische Bedeutung haben sollte.

Seit Beginn der russischen Militärintervention im September 2015 hatte Putin schon einmal einen Rückzug angekündigt. Aber daraus wurde nichts, Putin stockte seine Truppen in kürzester Zeit wieder auf, als sich der militärische Druck der Rebellen auf Diktator Baschar al-Assad enorm verstärkt hatte.

Nun sitzt Assad so fest im Sattel wie lange nicht mehr. Zwar sind seine Streitkräfte ausgeblutet, doch die erfolgreiche Hilfe der verbündeten Iraner und der schiitischen Milizen aus dem Libanon und dem Irak bleibt dem Diktator so sicher wie die russischen Luftabwehrsysteme. Den Marinestützpunkt in Tartus und die Luftwaffenbasis in Latakia wird Putin keinesfalls aufgeben. Deren Erhaltung war ja eine der wichtigsten Motive für seine militärische Intervention in Syrien - dem einzigen verbliebenen Verbündeten Russlands in der arabischen Welt.

Der Sieg in Aleppo untermauerte jedenfalls Moskaus dominante Stellung in Syrien und drängte die USA vollends an den Rand. Neun Monate lang hatten die USA und Russland über Feuerpausen verhandelt - stets erfolglos. Nun hält ein zwischen dem Kreml, Teheran und Ankara ausgehandelter Waffenstillstand wenigstens halbwegs. Er soll den Boden für Friedensverhandlungen bereiten, zu denen weder Saudi-Arabien (entscheidender Förderer der radikalen Rebellen) noch die US-Regierung geladen sind. Sie sollen in Astana (Kasachstan) stattfinden. Später könnte sich ihnen nach Putins Vorstellung auch der neue US-Präsident Donald Trump anschließen, der daran bereits sein Interesse bekundet hat.

Putin diktiert also das Geschehen. Sind Friedensverhandlungen aber wirklich ein Hoffnungsschimmer für Syrien? Selbst die größten Optimisten fürchten, dass der Krieg längst nicht zu Ende ist, auch wenn die Rebellen dem Untergang geweiht erscheinen. Gemäßigtere Oppositionsgruppen wurden zwar nach Astana geladen und können auf Amnestie im Gegenzug zur Unterstützung einer politischen Lösung hoffen, die Assad für die unmittelbare Zukunft die Macht sichert. Doch die stärksten Rebellenverbände und die Kurden, die erfolgreich gegen die Terrororganisation Islamischer Staat ( IS) kämpfen, bleiben ausgeschlossen.

Ein militärischer Sieg über Assad ist aber unmöglich. Die Türkei wird gemeinsam mit Russland den Vorsitz in Astana führen - ein wesentliches Zugeständnis Putins für entscheidende Gegenleistungen von Ankaras Präsident Recep Tayyip Erdogan: die totale Blockade der Grenze zu Syrien und die Einstellung jeglicher Hilfe an die radikalen Rebellen. Zugleich verliert deren finanzkräftiger Förderer, das Emirat Katar, seine Lust an der Rolle als Kriegstreiber, nachdem es sich jüngst mit 11,5 Milliarden Dollar an Russlands größtem Ölproduzenten beteiligt hat. Und die Saudis, die lange keine materiellen Opfer scheuten, um Assad zu Fall zu bringen, sind durch ihren Krieg im Armenhaus Jemen zunehmend erschöpft. Assad ist jetzt entschlossen, ganz Syrien unter seine brutale Kontrolle zu zwingen. Das nächste Aleppo steht in Idlib, wohin viele Rebellen inzwischen geflüchtet sind.

Korrespondent

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