Bund-Länder-Verhandlung

Preisbremse soll früher greifen

Laut Beschlussvorlage strebt Kanzleramt Entlastung für Gaskunden ab Februar an

Von 
Jan Dörner
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Zur Entlastung der Gaskunden schlägt das Kanzleramt der Bund-Länder-Runde eine Preisbremse schon ab 1. Februar vor. © dpa

Berlin. Die geplante Gaspreisbremse soll die Verbraucher nach Plänen der Bundesregierung früher entlasten als bisher bekannt. Nach einer Übernahme des Dezember-Abschlags soll die Gaspreisbremse zwar zum 1. März eingeführt werden, Haushalte und Unternehmen sollen die voraussichtlich hohen Gaskosten für die Wintermonate Januar und Februar aber nicht komplett allein stemmen müssen. „Eine Rückwirkung zum 1. Februar 2023 wird angestrebt“, heißt es in einem Beschlussentwurf des Kanzleramts für die Bund-Länder-Beratungen an diesem Mittwoch, der unserer Redaktion vorliegt.

Die Bundesländer hatten vor einer „Winterlücke“ zwischen der Sofortentlastung im Dezember und dem Start der Gaspreisbremse erst zum 1. März gewarnt. „Dass der Bund die Umsetzung der Gaspreisbremse jetzt schon zum 1. Februar anstrebt, ist ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung“, sagte Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) unserer Redaktion. „Ich halte aber weiterhin einen Start zum Jahreswechsel für erforderlich. Es darf kein Winterloch bei der Unterstützung von Privathaushalten und Unternehmen geben.“

Eine Expertenkommission hatte die Vorschläge für eine Gaspreisbremse erarbeitet. Die Bundesregierung will diese nun weitgehend übernehmen und plant eine „regelmäßige monatliche Entlastung“, die sich an 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs bemesse. „Als Vorjahresverbrauch gilt die Jahresverbrauchsprognose, die der Abschlagszahlung für den September 2022 zugrunde gelegt wurde“, schreibt das Kanzleramt. Der Gaspreis wird für diesen Verbrauch auf zwölf Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Bei Fernwärme auf 9,5 Cent pro Kilowattstunde.

Mehrverbrauch mit hohen Kosten

Wer mehr verbraucht, als durch die Preisbremse vergünstigt wird, muss sich auf hohe Kosten einstellen. Die Bundesregierung sieht in ihrem Modell einen starken Anreiz zum Sparen. Denn wenn Verbraucher noch weniger Gas und Wärme als die gedeckelten 80 Prozent verbrauchen, „können sie ihre Gasrechnung über die Entlastung durch die Gaspreisbremse hinaus weiter reduzieren“, beschreibt das Kanzleramt die Gaspreisbremse.

„Denn die monatliche Entlastung durch die Gaspreisbremse muss nicht zurückgezahlt werden, auch wenn die tatsächliche Verbrauchsmenge deutlich unter den 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs liegt“, so das Konzept der Bundesregierung. „Das bedeutet, dass Bürgerinnen und Bürger bei jeder gesparten Kilowattstunde Gas den aktuell hohen Marktpreis pro Kilowattstunde sparen – der deutlich über dem gedeckelten Preis von zwölf Cent pro Kilowattstunde liegt.“

Die Bundesregierung stellt 200 Milliarden Euro zur Finanzierung der Gaspreisbremse bereit. Aus den Mitteln soll dem Entwurf zufolge auch eine Härtefallregelung finanziert werden, etwa um Mieter, kleine und mittlere Unternehmen, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen oder soziale Einrichtungen zu unterstützen, wenn diese trotz der geplanten Preisbremsen für Gas, Wärme und Strom die hohen Kosten nicht schultern können. „Hierfür sieht der Bund insgesamt zwölf Milliarden Euro vor“, heißt es in dem Beschlussentwurf des Kanzleramts.

Bovenschulte begrüßte die Ankündigung und forderte schnelle Hilfen. „Der Bund steht in der Pflicht, den Fonds jetzt so schnell wie möglich auf die Beine zu stellen, denn Kliniken und Pflegeeinrichtungen sind auf zeitnahe Unterstützung dringend angewiesen“, sagte der SPD-Politiker.

Bei dem Treffen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungschefs der Länder an diesem Mittwoch soll es neben der Gaspreisbremse um die Umsetzung des dritten Entlastungspakets gehen. Streitpunkt ist die Aufteilung der Finanzierung: Die Länder fordern vom Bund mehr Geld für das geplante 49-Euro-Ticket, für die Unterbringung von Flüchtlingen sowie für das neue Bürgergeld. Besonders beim Bürgergeld drängt die Zeit: Wird der Konflikt nicht bald beigelegt, gerät die Einführung des Hartz-IV-Nachfolgers zum 1. Januar in Gefahr.

Hilfe bei Flüchtlingsfinanzierung

Aufgrund der vielen Flüchtlinge aus der Ukraine dürfte Deutschland in diesem Jahr mehr Zuflucht Suchende aufnehmen als im Jahr 2015. Die Länder sehen sich vielerorts an der Grenze ihrer Belastbarkeit und fordern vom Bund mehr Hilfe für die Unterbringung. In dem Beschlusspapier bietet der Bund an, Länder und Kommunen mit insgesamt 4,25 Milliarden Euro im laufenden und im kommenden Jahr zu unterstützen.

Der Städte- und Gemeindebund forderte Bund und Länder auf, Klarheit in die Flüchtlingsfinanzierung zu bringen. „Viele Kommunen sind längst an der Grenze ihrer Unterbringungsmöglichkeiten. Bund und Länder müssen sich sofort darauf verständigen, ihre Erstaufnahmeeinrichtungen massiv auszubauen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg unserer Redaktion. „Andernfalls kommen wir in eine sehr schwierige Lage, wenn Russland weiter die Infrastruktur in der Ukraine zerstört und die Zahl der Vertriebenen im Winter weiter ansteigt.“

Der Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, äußerte sich zuversichtlich, dass Bund und Länder „tragfähige Lösungen“ für die offenen Finanzierungsfragen finden. „Zugleich appelliere ich an alle Teilnehmenden, insbesondere die der CDU/CSU, ihre Rhetorik im Zaum zu halten und an Lösungen mitzuarbeiten.“

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