G7 - Vor dem Gipfel schauen der US-Präsident und die Kanzlerin noch schnell auf ein Weißwurstfrühstück in Krün vorbei

Obama genießt das Alpenidyll mit Bier und Brezen

Von 
Rudi Wais
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Gut gelaunt: Barack Obama, Angela Merkel und Trachtenträgerinnen in Krün.

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Krün/Elmau. "Gruss Gott." Das "ü" kommt ihm zwar noch nicht so richtig über die Lippen, aber für einen Amerikaner, der zum ersten Mal überhaupt in Bayern ist, schlägt Barack Obama sich schon ziemlich wacker. Selbst den Nachnamen des Bürgermeisters von Krün, der ihn gerade auf dem kleinen Platz vor dem Rathaus begrüßt hat, hat der US-Präsident schon in seinem Repertoire. "Schwohr-zen-böhr-ger." Nur eine Lederhose, schmunzelt er, die habe er leider nicht dabei. "Aber vielleicht kann ich mir hier ja noch eine kaufen." Oder, im Obama-Bayerisch: "Eine Lädderhose."

In dem eigens aufgebauten Biergarten vor dem Präsidenten sitzen Frauen im Dirndl und Männer in der Krachledernen in der Vormittagssonne. Krün im Landkreis Garmisch-Partenkirchen: Das ist das Bayern, das Touristen sich etwas klischeehaft vorstellen, wenn sie Deutschland besuchen, das Bayern, in dem die Pensionen noch "Alpenruh" heißen und "Dahoam" und die Gebirgsschützen so selbstverständlich zum Dorf gehören wie der Fußballverein.

Es ist aber auch das Bayern von Menschen wie Alois Kramer, einem örtlichen Landwirt, der Agrarwissenschaften studiert und eine Weile auf einer Milchviehfarm im amerikanischen Bundesstaat Vermont gearbeitet hat. Als Obama sich für ein paar Minuten zu ihm an den Tisch setzt, entwickelt sich schnell ein polyglottes Gespräch über die Probleme der Bauern im Allgemeinen und die des ländlichen Raumes im Besonderen. Freundlich und warmherzig habe Obama auf ihn gewirkt, sagt der 45-Jährige später. Und fügt grinsend hinzu: "Aber natürlich haben wir noch nicht alle Probleme der Welt gelöst."

Das maßen sich auch die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen nicht an, deren Gipfeltreffen zwei Stunden später im nahe gelegenen Schloss Elmau beginnt, hermetisch abgeriegelt und mit einer Tagesordnung, die eine ganze Woche füllen würde: Sie reicht von der Lage in der Ukraine über den Klimaschutz bis zum Kampf gegen den Terrorismus.

So nahe wie in Krün kommen die Menschen den Großen und Mächtigen an den beiden Gipfeltagen nicht mehr - entsprechend groß ist der Andrang, zumal die Bundesregierung auch noch Bier und Brezen für alle spendiert. Bereits kurz nach sieben Uhr warten die ersten Neugierigen auf Kanzlerin Angela Merkel und Obama, obwohl der gerade erst in München gelandet ist und sich nach dem Empfang durch den Ministerpräsidenten und dem kurzen Flug nach Elmau erst noch frisch machen muss für einen Auftritt, den kein Tourismusmanager besser hätte inszenieren können: Barack in Bayern.

Vor der prächtigen Kulisse der Werdenfelser Alpen erzählt Obama von den Reizen des Freistaats, als sei er gerade von Horst Seehofer höchstselbst zum Bayern-Botschafter ernannt worden. Er schwärmt vom Oktoberfest, das leider nicht zeitgleich mit dem Gipfel stattfinde, vom bayerischen Bier und von dem netten kleinen Ort, in den die Kanzlerin ihn gerade gelotst hat. Auch wenn das Weißbier, das sie beide trinken, alkoholfrei ist - eines, immerhin, nimmt Obama mit auf den Gipfel nach Elmau und später nach Hause in die USA. Der mächtigste Mann der Welt weiß jetzt, wie der Bayer fachgerecht eine Weißwurst verspeist. Angela Merkels Ehemann Joachim Sauer hat es ihm in Krün gezeigt - ein Preuße, ganz nebenbei.

Bayerisches Kulturgut habe sie Obama zeigen wollen, sagt die Kanzlerin, für die Krün vor allem eines ist: "Ein schönes Stück Deutschland." Saftige grüne Wiesen, dahinter die Berge: Mehr Idylle war selten bei den Gipfeln der vergangenen Jahre. Das Bild von der Kanzlerin und ihren Gästen, die winkend in einer Blumenwiese vor Elmau stehen, steht dem von den Großen und Mächtigen im Strandkorb von Heiligendamm in seiner Symbolhaftigkeit in nichts nach. Nicht einmal die Spionageaffäre, die Deutsche und Amerikaner gerade so beschäftigt, soll den Gipfelfrieden stören. In Krün begrüßt die Kanzlerin den Präsidenten wie einen alten Kumpel: Küsschen links, Küsschen rechts. Trotz mancher Meinungsverschiedenheiten, beteuert sie, "sind die Vereinigten Staaten unser Freund". Obama, mit dem sie sich später noch zu einem kurzen, vertraulichen Gespräch zurückzieht, sieht das ähnlich. 70 Jahre nach Kriegsende, sagt er, sei die Freundschaft zwischen Deutschen und Amerikanern "eines der stärksten Bündnisse, die die Welt je hatte".

Sorge vor Gewalt unbegründet

Die Sorge, dass der Gipfel von einer ähnlichen Orgie der Gewalt gestört werden könnte wie im März die Eröffnung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt, hat sich da längst als unbegründet erwiesen. Anton Speer, der Landrat des Landkreises Garmisch-Partenkirchen, sitzt am Samstag jedenfalls ziemlich entspannt in Janker und Lederhose in seinem Amt und staunt noch immer, was für ein "Weltspektakel" da über seine Heimat hereingebrochen ist. "Wir wollen ein guter Gastgeber sein", sagt er - und das nicht nur für die Großkopferten in Elmau, sondern auch für die über 1000 Gipfelgegner, die auf zwei Wiesen ihre Zelte aufgeschlagen haben.

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