Entlastungen

Lindner: „sozial ausgewogen“

Kritiker finden, von den Steuerplänen des Finanzministers profitieren Geringverdiener zu wenig. Der sieht das anders

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dpa
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Finanzminister Christian Lindner muss sein Entlastungspaket verteidigen. © dpa

Berlin. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat seine Pläne für Steuerentlastungen verteidigt. Der FDP-Politiker trat Kritik entgegen, Geringverdiener würden nicht ausreichend von seinen Vorschlägen profitieren. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem „guten Aufschlag“ seines Finanzministers. Er kündigte am Donnerstag zugleich weitere Entlastungen an.

Lindner hatte seine Pläne am Mittwoch vorgestellt. 48 Millionen Bürger sollen ab 2023 profitieren, es geht um mehr als zehn Milliarden Euro. Prozentual würden Geringverdiener deutlich stärker entlastet als Topverdiener - in absoluten Zahlen sieht das aber anders aus. Die Koalitionspartner Grüne und SPD sehen eine soziale Schieflage.

„Das ist sozial ausgewogen“, entgegnete der FDP-Chef am Mittwochabend im ZDF „Die starken Schultern werden weiter auch eine große Last tragen. Aber sie werden eben nicht stärker belastet. Und vor allen Dingen sorgen wir dafür, dass nicht Menschen, die in Wahrheit keine breiten Schultern haben, durch die Inflation plötzlich mehr Steuern zahlen.“ Es sei eine „reine Inflationsanpassung“.

Im Deutschlandfunk wies Lindner aber auch auf die begrenzten Ressourcen des Staates hin. „Was wir tun können, das ist ein Stoßdämpfer“, sagte der FDP-Chef. „Wir können also Härten abfedern, Strukturbrüche verhindern, aber wir können nicht dauerhaft das Wohlstandsniveau mit staatlichem Geld, möglicherweise sogar mit Schulden, sichern.“

Der Minister argumentierte im ZDF damit, dass die vorgeschlagenen Steuerentlastungen gedeckelt seien. „Bei 62 000 Euro Jahreseinkommen endet die zusätzliche Entlastung - beziehungsweise ab dort gibt es keinen zusätzlichen Vorteil mehr.“ Das sei etwa das 1,5-fache des mittleren Einkommens in Deutschland. Die maximale Steuerentlastung für einen Einzelnen liegt nach Lindners Plänen im kommenden Jahr bei 479 Euro.

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, nannte die Pläne Lindners „sehr unausgewogen“. „70 Prozent davon kommen den 30 Prozent mit den höchsten Einkommen zugute“, kritisierte er in der ARD. „Menschen mit geringen Einkommen, die keine oder wenig Einkommensteuer zahlen, bekommen praktisch gar nichts davon.“ Diese Menschen seien von der Inflation aber besonders betroffen.

„Eine Reform, bei der nominal die Besserverdienenden mehr gewinnen, kommt einfach zum falschen Zeitpunkt“, kritisierte die „Wirtschaftsweise“ Veronika Grimm in der „Rheinischen Post“. Prinzipiell sei es zwar richtig, die sogenannte kalte Progression - eine Art schleichende Steuererhöhung, wenn Gehaltserhöhungen durch die Inflation aufgefressen werden, aber zu einer höheren Besteuerung führen - auszugleichen und die Mitte der Gesellschaft zu entlasten. „Andererseits brauchen wir zurzeit eine Entlastung vorwiegend der unteren und mittleren Einkommen, die die Härten durch die Preissteigerungen nicht allein tragen können.“

Lindner verwies auf andere Maßnahmen, die auf Menschen mit geringem Einkommen abzielen. Der FDP-Chef nannte die Entlastungspakete mit einer Einmalzahlung für Hartz-IV-Empfänger und einem Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger. Er erinnerte zudem an Koalitionspläne für eine Reform des Wohngelds und den Umbau von Hartz IV zu einem Bürgergeld. 

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